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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
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verbunden, die durch Gewohnheitsrecht oder schriftlich festgelegt waren. Ebenfalls forderten Bischöfe und Archidiakone Abgaben für die Heiraten von Priesterkindern. Und gerade die eigenen Kleriker schröpften sie schon früh. »Viele Gläubige erbauen aus Liebe zu Christus und den Märtyrern Kirchen in den Diözesen der Bischöfe und statten sie mit Gaben aus«, sagt bereits 633 ein spanisches Konzil, »aber die Bischöfe nehmen die Gaben weg und verwenden sie zu ihrem eigenen Gebrauch; die Folge ist, daß es an Dienern für diese Kirchen fehlt, seitdem sie ihre Unterhaltsmittel eingebüßt haben, und daß die zerfallenden Kirchengebäude nicht neugebaut werden.«
    Es gab sogar Oberhirten, die von den Geistlichen ein volles Drittel ihres Einkommens verlangten. Kurz, auch die Bischöfe erhoben fortwährend Gebühren aller Art: cathedraticum, synodaticum, synodalia, procuratio, subsidium caritativum, hospitium, angariae ...
    Doch dabei blieb es nicht, um wenigstens noch eine episkopale Verdienstmöglichkeit zu erwähnen.
    Der hohe Klerus hat nämlich zwar oft die päpstliche Ablaßpraxis bedauert, vor allem aber weil sie seine eigenen Einnahmen verknappte. Denn selbstverständlich erließen auch Kardinäle und Bischöfe Ablaßbriefe und kassierten dafür – bei kleineren Ablässen nur die Taxe für die Ausfertigung, während der ganze Ertrag der »begnadeten« Kirche oder Anstalt verblieb. Bei teuren Ablässen war allerdings ein Teil nach Rom abzuführen, wobei für die Höhe der Abgabe eine zweifache Regelung bestand. Entweder hatte man der päpstlichen Kammer ein Drittel, die Hälfte, ja gar zwei Drittel des künftigen Ertrags abzuliefern. Oder es wurde vor jeder Ablaßverleihung eine Pauschalsumme vom Bittsteller eingezahlt, die den hübschen Namen »Komposition« trug.
    Bereits im 11. Jahrhundert verheißt man in echten wie in vom Klerus gefälschten Urkunden den Wallfahrern für den Besuch bestimmter Kirchen dieselben Gnaden wie für eine Wallfahrt nach Rom oder Jerusalem. Bereits im 11. Jahrhundert gewährte der spanische Bischof Ermengaud von Urgel (1010–1035) mit Zustimmung des Erzbischofs allen zum Kloster S. Peter Pilgernden einen Ablaß für sämtliche Sündenstrafen, vorausgesetzt freilich, man spendete »Brot, Wein, Gold, Silber oder andere Dinge«. Hatte Bischof Ermengaud ja sowohl Sinn als auch Bedarf für Gold und Silber, war sein hohes Hirtenamt doch erkauft. Sein Onkel, Bischof Salla von Urgel, hatte dafür schon ein Jahrzehnt vor Wahl und Konsekration des Neffen mit dem Grafen Ermengaud von Urgel die Zahlung vereinbart – und schon ein Jahrzehnt nach seinem Tod wird er als Heiliger verehrt, ab 1044 das Fest des hl. Ermengaud gefeiert.
    Seit dem 13. Jahrhundert aber haben Bischöfe, Äbte, hat auch der Klerus in Mengen Ablässe erteilt, sie sogar häufig, ja, wie am laufenden Band gefälscht, das heißt sich selbst im Namen früherer Päpste ausgestellt, um gewisse Kirchen attraktiver zu machen. So fälschte man Ablässe zugunsten des Domes von Aquileja, zugunsten der Abteikirche St. Viktor in Marseille, der Klosterkirche St. Pierre de Blesle, der Kirche St. Peter in Straßburg, der Stephanskirche in Besançon, des Doms in Pisa. Gleich eine ganze Reihe gefälschter Ablaßdokumente leistete sich die Abtei St. Emmeram in Regensburg, uns schon als besonders unverschämte Fälscherin bekannt (V 300 ff.).
    Gefälscht ist eine Ablaßbulle vom 28. Dezember 1121 für Catanzaro, eine Ablaßbulle vom 23. Februar 1120 für das Kloster St. Jean-du-Mont, ein Ablaßprivileg vom 1. Mai 1133 für das Kloster San Salvatore in Brescia, ein Ablaß für die Abtei Königslutter um dieselbe Zeit. Ebenso hat man für mehrere Trierer Kirchen Ablässe gefälscht, ferner für das Kloster Andechs, für die Kirche des hl. Augustinus in Orvieto, die Kirche St. Simplicianus in Mailand, die Markuskirche in Viterbo, die Markuskirche in Venedig sowie andere Kirchen dieser Stadt, den Dom in Anagni, den Dom in Vercelli, den Dom in Paderborn, den Dom in Schwerin usw. Solche Fälschungen zum finanziellen Vorteil von Kirchen geschahen hundertweise, und natürlich geschahen sie durch Priester.
    Wie oft man aber den Ablaß auch guten Glaubens erteilt haben mag, »stets« wurde er »den Gläubigen
nur
dann versprochen, wenn sie nach reumütiger Beichte und empfangener Kommunion auch für das Kloster ein Scherflein gegeben haben« (Krausen). Denn wie der hohe Klerus, so nahm der niedere, nahmen auch die Mönche selbstverständlich die
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