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Kriminalgeschichte des Christentums Band 03 - Die Alte Kirche

Kriminalgeschichte des Christentums Band 03 - Die Alte Kirche

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 03 - Die Alte Kirche
Autoren: Karlheinz Deschner
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ganze Neue Testament nennt sie sehr selten und ohne besondere Verehrung. Noch Kirchenväter des 3. Jahrhunderts werfen ihr Eitelkeit, Stolz, Unglauben an Christus und anderes mehr vor. Auch die offiziellen Führer der Kirche bewahrten zunächst eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem Marienkult, suchten ihn zumindest in den Schranken des Heiligenkultes zu halten. Ja, während man seit dem 4. Jahrhundert die Heiligen durch ihre Nennung in den liturgischen Gebeten beim Gottesdienst ehrte, blieb Maria bis zur Mitte des 5. Jahrhunderts davon ausgeschlossen. Noch ein Jahrhundert früher achtete man sie weniger als selbst die geringsten Märtyrer. Erst im späteren 4. Jahrhundert baut man die erste Marienkirche in Rom, das heute etwa achtzig Marienkirchen hat. Doch kannte man damals noch nirgends eine Marienwallfahrt. Mindestens vier Jahrhunderte kam die Christenheit ohne sie aus. Erst seit dem 5. Jahrhundert feiert man Marienfeste. Doch gibt es in Afrika noch zur Zeit Augustins kein Marienfest. Und erst seit dem Konzil von Ephesus, auf dem Kirchenlehrer Kyrill mit Hilfe gigantischer Bestechungen das Dogma der Gottesmutterschaft Mariens durchsetzt (II 172 ff), wetteifern Bischöfe, Kaiser und wer es sich sonst leisten konnte und wollte in der Errichtung von Marienkirchen 162 .
    Über das Aussehen der Maria war nichts bekannt, wie noch Augustin bezeugt. Aber bei ihrer Pilgerfahrt nach Jerusalem gelang Kaiserin Eudokia ein glücklicher Fund. Sie entdeckte um 435 ein Bild Marias, überdies vom Apostel Lukas gemalt! Im 6., 7. Jahrhundert stellte man dann Marienkonterfeis »geradezu fabrikmäßig« her, und im 8. kamen die nicht von Menschenhänden gemachten Bilder der Gottesmutter, die Achiropoiiten, noch dazu. Die gewöhnlicheren Marienbilder standen im späteren 6. Jahrhundert wohl in den Häusern der meisten orientalischen Christen sowie in den Mönchszellen, wo man sie fast angebetet haben soll. Marienbilder wurden nun mehr als alle anderen Heiligenbilder, wurden wie Reliquien verehrt, der Grund wahrscheinlich, weshalb man mit Marienreliquien noch keinen schwunghaften Handel trieb: ihr Bild bot zunächst genügend Ersatz. Es wurde schließlich der häufigste Gegenstand der christlichen Kunst. Es prangte aber auch bereits zu Beginn des 7. Jahrhunderts (610) an den Schlachtschiffen des Kaisers Heraklius – und durch alle Jahrhunderte ist Maria »Maienkönigin« auch die große Kriegs- und Blutgöttin geblieben, die ihre größten Triumphe wohl im Abendland erlebt, bis in den Zweiten Weltkrieg hinein 163 .
    Seit dem späteren 5., dem 6. Jahrhundert wird es üblich, vor allem in Palästina, mit Marienreliquien den Glauben und das Geschäft zu mobilisieren. Man kannte plötzlich den Stein, auf dem die Jungfrau, nach Bethlehem reisend, gerastet hatte. Um 530 stand dieser Stein, wie ein Wallfahrer bezeugt, als Altar in der Grabeskirche von Jerusalem. Jahrzehnte später jedoch fand ihn ein anderer Pilger wieder an der ursprünglichen Stelle; das wohlschmeckendste Quellwasser sprudelte jetzt aus ihm.
    Noch im 6. Jahrhundert aber gibt es relativ wenig Überreste der marianischen Garderobe. In Diocaesarea verehren um 570 Wallfahrer aus dem Westen einen Krug und ein Körbchen der Maria, in Nazareth Wunder wirkende Kleidungsstücke Marias, in Jerusalem zeigt man ihren Gürtel, ihr Kopfband. Zumal der Gürtel genießt anscheinend bald großes Ansehen und wird später in Hymnen und Predigten besungen. (Gibt es doch Gürtel-Reliquien der Maria nun in Limburg, Aachen, Chartres, in Prato bei Florenz. In der Toskana wird eine Gürtel-Reliquie besonders geschätzt, im Osten feiert man ihr zu Ehren ein eigenes Fest am 31. August.) Kirchen und Privatleute streiten jetzt um den Besitz dieser und anderer Marienreliquien. Die meisten ergattert Konstantinopel: die Schweißtücher, in die Marias Leiche gehüllt war, und ein Kleid, das sie während ihrer Schwangerschaft getragen. Zu Ehren von Kleid und Gürtel begeht Konstantinopel Feste, man trägt das Kleid auch in Bittprozessionen herum, und dies mit großem Erfolg, beschützt es doch wiederholt, im 7., im 9. Jahrhundert, die Stadt vor Kriegsfeinden und Erdbeben. Nun befinden sich Kleiderreliquien Mariens in Aachen (aus dem karolingischen »Reliquienschatz«), in Chartres (als Geschenk Karls des Kahlen), in Sens, in Rom, in Limburg usw. 164
    Schließlich verbreitet sich alles mögliche der hl. Gottesmutter über die Welt.
    Im Mittelalter verehrt man in Gaming etwas »von dem Stein, über den
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