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Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit

Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit
Autoren: Karlheinz Deschner
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vernünftige
eigene
Absicht voraussetzen«, konnte er vom »widersinnigen Gange menschlicher Dinge« sprechen und sich »eines gewissen Unwillens nicht erwehren, wenn man ihr Tun und Lassen auf der großen Weltbühne aufgestellt sieht; und, bei hin und wieder anscheinender Weisheit im einzelnen, doch endlich alles im großen aus Torheit, kindischer Eitelkeit, oft auch aus kindischer Bosheit und Zerstörungssucht zusammengewebt findet: wobei man am Ende nicht weiß, was man sich von unserer auf ihre Vorzüge so eingebildeten Gattung für einen Begriff machen soll« 33 .
    Für Burkes und Kants Sicht spricht viel, zumal nach zwei weiteren Jahrhunderten. Ja, übersteigt es nicht jedes Vermögen der Menschheit, sich so zu erheben, daß sie moralisch auch nur auf den Hund kommt? In der Tat: die Hölle, das ist das Historische, die Geschichte die Auferstehung dessen, das nie hätte auferstehen dürfen, jedenfalls nie so; ein elendes Schauspiel, darin die Völker – Kettenhunde, die von Freiheit träumen – schneller unter den Schlagwörtern sterben als die Schlagwörter unter den Völkern; wobei regieren gewöhnlich nichts heißt als Gerechtigkeit verhindern, für viele möglichst wenig, für wenige möglichst viel tun; wobei auch das Recht keine Vorstufe der Gerechtigkeit ist, sondern ihr vorbeugt. Summa summarum: Man kann »Realpolitikern« nicht mit Ethik kommen. Der Schlachter denkt an Schweine, sagen die Chinesen, wenn du zu ihm von Ideen sprichst. Ideen sind bloß Kulissen auf der Bühne der Welt; vorn stirbt man dafür, dahinter lacht man darüber. Militär ist die Mystik des Mordes, Geschichte nichts als Geschäft, Reichtum selten mehr als der Rest von Verbrechen, und während die einen verhungern, sind die andern schon satt, bevor sie zu essen beginnen. Und daß wir, wie Voltaire klagt, bei unsrem Ausgang die Welt genauso dumm und erbärmlich zurücklassen, wie wir sie bei unserem Eintritt fanden, wäre noch erträglicher, als sie auch nach 2000 Jahren genauso dumm und erbärmlich vermuten zu müssen, wie sie schon vor 2000 Jahren war. Man muß die Geschichte kennen, um sie verachten zu können. Das Beste an ihr ist, daß sie vorübergeht.
    Man wird dies verschieden beurteilen, ja, man würde es sogar, könnten wir die Geschichte, das Ganze der Menschenwelt, total erfassen; obwohl dann, meine ich, alles nur noch schrecklicher wäre. Doch jede Ereignisvollständigkeit ist utopisch, unser historisches Wissen begrenzt, vieles und wertvolles Informationsmaterial zufällig verloren oder absichtlich vernichtet worden, und vom weitaus meisten hat es nie Material gegeben. Alles aber, was wir kennen – die Stein gewordenen, noch herumstehenden oder durch Archäologen ausgegrabenen Zeugen beiseite –, kennen wir nur aus der Historiographie. Und so gering ihr Anteil an, ihre Kunde von der Geschichte ist, wir wissen davon nichts sonst – quod non est in actis, non est in mundo.
    Wie jeder Historiker, betrachte auch ich nur eine Geschichte unter ungezählten Geschichten, eine partikulare, mehr oder minder abgrenzbare Geschichte, und auch sie selbstverständlich weder in ihrem gesamten »Handlungskomplex«, eine absurde Vorstellung, noch mit der Summe der Daten darüber – theoretisch zwar denkbar, praktisch unmöglich, nicht einmal wünschenswert.
    Nein, das Thema
›Kriminalgeschichte des Christentums‹
verpflichtet den Verfasser zur Beschreibung bloß der schlimmen Seiten dieser Religion. Doch gibt er auch davon natürlich kein lückenloses Kontinuum, das ebenfalls nicht möglich wäre, sondern nur ein seiner Absicht gemäßes »Realitätskonstrukt«, nur die herausragenden, symptomatischen Ereignisse im Lauf der Zeit, nur die wesentlichen, die historisch relevanten Züge, die schwerwiegende Folgen hatten, negative, fürchterliche Folgen, die vermeintliche oder sogar wirklich positive unendlich überwiegen. Ich zeige also die Geschichte machende Tendenz, jene entscheidende Tendenz, die das Schicksal all der in den letzten 2000 Jahren lebenden, vom Christentum berührten, beherrschten, bekämpften Generationen und Nationen beeinflußt oder geprägt hat, zeige die leitenden Ideen und Köpfe dieser christlichen Politik, ihre Erklärungen, Aktionen, viele Tausende von Fakten, typischen Fakten, die nicht böswillig, verleumderisch in einen bestimmten Zusammenhang gerückt worden sind, sondern die tatsächlich in einem solchen stehen.
    Wer andre Seiten sehen will, lese andre Bücher. –
›Froher Glaube‹
etwa,
›Das
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