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Krieg der Ordnung

Titel: Krieg der Ordnung
Autoren: L. E. Modesitt
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geschmolzenen Gebäuden hallten? Wie lange, bis die Pflanzen gerade und aufrecht wachsen konnten?
    »Justen?«, fragte Gunnar unwirsch.
    »Ich dachte, du wüsstest es …«
    »Keiner von uns hat es vorher gewusst, lieber Bruder.« Gunnar stand langsam auf. »Wenn der Rest der Welt auch nur annähernd so aussieht wie die Gegend hier, dann wird es ein langer, harter Winter werden. Creslin war nichts gegen dich. Dein Weg ist wie seiner mit Blut gezeichnet, aber er hat wenigstens eine Klinge benutzt. Oh, ich vergaß – das hast du ja auch getan. Die gefährlichste Klinge der Geschichte.«
    »Ich …« Justen blieben die Worte im Halse stecken. Aber was hätte er schon sagen sollen? Gunnar hatte Recht.
    »Nicht einmal die Lichtdämonen oder die Engel hätten es besser machen können. Das muss ich dir lassen, Justen.« Gunnar nestelte am Tornister herum, den Justen am vergangenen Abend mitgebracht hatte. »Dort unten kreischen so viele verlorene Seelen, dass ich nicht länger hier bleiben kann. Keinen Augenblick länger.« Er warf sich den Tornister über die Schulter. »Wenn noch Schiffe fahren, werde ich in Lydiar eines finden. Lebe wohl, Justen.«
    Justen kämpfte sich auf die Beine. Das linke war immer noch steif und schwach. Gunnar marschierte schon aufrecht den Hügel hinunter und jeder Schritt zeugte von seinem Zorn.
    Der Graue Magier holte tief Luft und blickte zum Dampfwagen, der nie wieder fahren würde. Er trug ein paar Nahrungsvorräte, seinen Tornister und einen Stab zusammen. Irgendwo, so nahm er an, würde er vielleicht ein Pferd finden oder kaufen können.
    Gunnar würde Hilfe brauchen, der verdammte Narr. Nicht alle Weißen Magier hatten sich in Fairhaven aufgehalten und diejenigen, die noch lebten, waren über jeden, der aus Recluce stammte, mehr als nur ein wenig verstimmt. Trotz der stechenden Schmerzen in den Rippen musste er lachen. Ein wenig verstimmt?
    Andererseits waren vermutlich auch die meisten Menschen in Recluce auf Justen nicht sonderlich gut zu sprechen und sie hatten gute Gründe dafür. Er leckte sich die trockenen Lippen, als er sich an ein Lied erinnerte, das er an einem warmen Abend in Sarronnyn gehört hatte. Der arme Clerve. Er hatte doch nichts weiter als eine richtige Schlacht sehen wollen.
    Und Martan – er hatte nichts weiter als eine echte Schlacht schlagen und ein wenig Ruhm erwerben wollen. Ein schöner Ruhm war das!
    Justen blickte hinauf zu der Stelle, wo Martan lag, halb von Schnee bedeckt. Dahinter stand der behelfsmäßige Schutz, hinter dem Gunnar Deckung gefunden hatte. Wenigstens würde der Wall einen anständigen Grabhügel abgeben. O ja, anständige Grabhügel konnte er bauen. Und Messer aus Chaos-Licht schwingen und Pfeile aus geordnetem Schwarzem Eisen schmieden.
    Justen legte den Tornister weg und schleppte sich zu Martans Leiche. Das Einzige, was er dem jungen Marineinfanteristen jetzt noch geben konnte, war ein anständiges Begräbnis. Mehr nicht. Seine Augen brannten.
    Später … später würde er Gunnar folgen.
    Als er Martans klares, junges Gesicht und die blicklosen Augen vor sich sah, hielt er einen Moment inne, ehe er sich bückte und den toten Gefährten aufhob, um ihn in die Grabkammer zu tragen. Im Norden funkelte das Sonnenlicht über dem geschmolzenen Stein und dem besudelten Schnee. Beides erschien ihm kalt wie der Tod.

 
CLIV
     
    D as Bergpferd tappte auf der Straße entlang, dahinter folgte ein Maultier, das zwei Stangen aus Eisen und Kupfer und die Vorräte aus dem Dampfwagen trug. Justen sah sich immer wieder nach Gunnar um. Sein Bruder, dachte Justen, musste wohl ebenfalls ein Pferd gefunden haben. Jedenfalls dann, wenn Justen die Zeichen, die er für Gunnars Spuren hielt, richtig zu deuten wusste und Gunnar tatsächlich nach Lydiar unterwegs war.
    Justen hatte eine Weile gebraucht, um Martan zu begraben und die wenigen persönlichen Habseligkeiten des Soldaten für seine Angehörigen zu bergen. Nicht, dass Justen die Verzögerung bereut hätte, aber Gunnar hatte inzwischen einen gehörigen Vorsprung.
    Der Graue Magier betrachtete die vom Regen aufgeweichte Landschaft. Was er und Gunnar auch getan hatten, sie hatten auf jeden Fall einen Dauerregen herbeigerufen. Auf den Wiesen unter den Hügeln stand das Wasser und sogar über die Pflasterstraße flossen schon kleine Rinnsale. Die Auffangbecken liefen beinahe über.
    Justen war froh, dass die Weißen Magier ihre Hauptstraßen solide gebaut hatten. Die unbefestigten Straßen mussten sich
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