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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition)
Autoren: Jack Kerley
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Sein mächtiger Körper war schwarz-weiß-braun gefleckt, die Hinterbeine rostrot eingefärbt. Als ich Mix-up das erste Mal gesehen hatte, hielt ich ihn für eine zum Leben erwachte Figur aus einem Dr.-Seuss-Roman.
    »He, Detective, was für eine Hunderasse ist das?«, rief einer der Wärter aus dem Fenster.
    »Meiner Meinung nach steckt da ein bisschen von allem drin«, sagte ich.
    »Und vermutlich noch eine Portion Pferd und Vogel Strauß«, meinte der Wärter und schüttelte verwundert den Kopf.
    Ich passierte die Sicherheitsschleuse, warf einen Blick auf das Formular auf dem Klemmbrett, in das sich jeder Besucher eintragen musste, und überflog die drei heutigen Einträge. Zwei Unterschriften stammten von den Mitarbeitern einer Kanzlei namens Dunham, Krull & Slezak. Die in Memphis ansässige Anwaltsfirma verfügte über hochkarätiges Personal und niedrige moralische Standards und verteidigte jeden, der genügend Geld oder Publicity bot. Bobby Lee Crayline fiel in keine der beiden Kategorien, doch was das anging, hatte ich mich schon des Öfteren getäuscht.
    »Wer nimmt an dem Meeting teil?«, fragte ich Theotis Burns, der mir entgegenkam. Er kümmerte sich im Institut um alle administrativen Aufgaben. Der Mann war dreiundvierzig, von zierlicher Statur und trug vorzugsweise dunkle Anzüge aus fließendem Stoff. Er erinnerte mich immer an den Rapper-Unternehmer Puff Daddy oder P. Diddy, obwohl dieser natürlich nie an einem Ort arbeiten würde, an dem es Flure mit roten Alarmknöpfen gibt.
    »Dr. Wainwright und drei Herren«, verkündete Theotis. »Einer von denen sieht aus, als wäre er lieber Schauspieler. Voller weißer Haarschopf, noch weißere Zähne. Trägt Anzüge aus reiner Seide, die mindestens zweitausend Dollar kosten. Der andere ist ein korpulenter Typ in einem Anzug von der Stange. Er scheint ein Faible für diese Intellektuellenbrillen mit runden Gläsern zu haben, für graue Socken und Scheiß-Hush-Puppies. Verströmt Seelenklempnerfreundlichkeit aus jeder Pore, muss also der Hypnotiseur sein.«
    »Und wer ist der Dritte?«
    »Hart wirkender Bursche, großgewachsen, musste draußen seine Glock 17 abgeben, was ihn nicht sonderlich gefreut hat.«
    »Was halten Sie von dieser Nummer?«, fragte ich, wohl wissend, dass Theo nichts entging.
    »Carson, ist Ihnen bekannt, dass Bobby Lee Crayline vor zwei Jahren für ein paar Monate bei uns war? Nachdem er den Typen im Ring umgebracht hat?«
    Ich nickte. »Vangie hat ihn eingehend studiert.«
    »Crayline zieht Menschen an wie das Licht die Motten. Er verdreht den Leuten den Kopf und verursacht andauernd Probleme. Es war von Anfang an klar, dass er nicht auf Dauer bei uns bleibt. Irgendwann hat Dr. Prowse ihn zurück ins Gefängnis geschickt. Crayline legte Berufung ein und wurde vom Richter auf freien Fuß gesetzt.«
    »Ich war immer davon überzeugt, dass er irgendwann wieder einfährt«, sagte ich. »Es hat zwar eine Weile gedauert, bis man ihn wegen Menschenraubes drangekriegt und verurteilt hat, aber immerhin. Und vielleicht lässt sich ja noch beweisen, dass er die in Alabama gefundenen Leichen zu verantworten hat.«
    »Als Bobby Lee damals bei uns war, hat Dr. Prowse immer wieder überlegt, ob sie ihn hypnotisieren soll, sich am Ende jedoch dagegen entschieden. Hat Sie Ihnen mal Ihre Beweggründe dargelegt, Carson?«
    Ich nickte. »Vangie fürchtete, dass er dekompensiert, und ihn die Rückführung in die Vergangenheit in einen Zustand versetzt, der ihn noch gefährlicher macht.«
    »Er hat ja auch so schon genug Probleme, sich zusammenzureißen.«
    »Wenn er auf andere eindrischt, lässt er Dampf ab, Theo. Für ihn ist das eine Art Ventil.«
    Theotis schüttelte den Kopf und entfernte sich. Ich brachte Mix-up in einen kleinen Besprechungsraum und warf einen Hundekeks auf den Boden. Während er sich, wie es so seine Angewohnheit war, sofort auf den Keks stürzte, schloss ich schnell die Tür, machte mich auf die Suche nach dem Konferenzraum und klopfte an.
    Ohne eine Antwort abzuwarten, steckte ich den Kopf durch den Türspalt in einen spärlich möblierten Raum mit indirekter Beleuchtung. In der kühlen Luft hing ein künstlicher Zitronenduft. Zwei Männer saßen am Tisch. Der eine von ihnen – er hatte eine üppige weiße Haarmähne und einen triefäugigen Blick – erinnerte an den Countrysänger Porter Wagoner. Er ging auf die sechzig zu und legte sich anscheinend häufig auf die Sonnenbank. Was sein Outfit anbelangte, hatte Theotis
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