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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition)
Autoren: Jack Kerley
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Anwälte davon zu überzeugen, dass die Hypnose für ihren Klienten gefährlich ist?«
    »Sie überschätzen mich, Doktor. Ich kann doch nicht einfach …«
    »Wenn Sie hierherkommen und mir helfen, können Sie von mir verlangen, was Sie wollen«, versprach sie.
    Das Institut lag westlich von Montgomery. Die Fahrt dorthin dauerte knapp drei Stunden. Seufzend registrierte ich den hungrigen Blick von Mr. Mix-up, meinem Hund, der mit dem Futternapf im Maul in der Tür stand und mit dem Schwanz wedelte. Er konnte es kaum erwarten, dass ich ihn fütterte und mit ihm Gassi ging.
    »Ich komme nur unter der Bedingung, dass ich meinen Hund mitbringen kann, Doc.«
    »Geht in Ordnung, tun Sie das.«
    Ich legte auf und warf einen Blick in meinen fast leeren Kleiderschrank. Eigentlich hatte ich vorgehabt, heute endlich mal die Wäsche zu waschen. Ich fischte das Hemd vom vergangenen Tag aus dem Korb und machte den Geruchstest: Der Mief stieg mir schon in die Nase, ehe ich an dem Stoff roch. In Ermangelung einer Alternative entschied ich mich also für ein zwangloses Outfit: geflickte Jeans und eines von den Hemden, die Harry mir vererbt hatte. Das Muster bestand aus Martini schlürfenden Pinguinen mit Sonnenbrille. Harry war es zu konservativ gewesen. Mir war es zwei Nummern zu groß, doch dafür bequem. Da ich auch keine frischen Socken finden konnte, schlüpfte ich barfuß in meine abgetretenen Laufschuhe.
    Ein Blick in den Spiegel brachte mich zu der Überzeugung, dass meine Harre zu lang waren. Wieso merkte ich das erst jetzt? Der Mann, der mir entgegenblickte, hatte große Ähnlichkeit mit einem sechsunddreißigjährigen Kerl, der gerade von einem Jimmy-Buffett-Konzert kam.
    Ich fütterte Mr. Mix-up und verfrachtete ihn in meinen alten Pick-up, den ich mit einer Schaumstoffwalze grau angestrichen hatte. Dann atmete ich tief durch, startete den Motor und fuhr Richtung Norden zum Institut in der Hoffnung, die Umsetzung einer der dümmsten Ideen, die mir seit langem zu Ohren gekommen waren, zu vereiteln.

Kapitel 2
    Auf dem Parkplatz des Instituts standen zwei Fahrzeuge auf den für Besucher reservierten Stellplätzen: ein großes, burgunderfarbenes Mercedes-Schlachtschiff, das aussah, als könnte man es nicht von der Stelle bewegen, und eine silbern funkelnde Corvette jüngeren Datums. Die beiden Autos hatten in etwa so viel Ähnlichkeit wie ein filigran gearbeiteter Stöckelschuh mit einem Kohlebrikett.
    Ganz in der Nähe wartete ein brauner Gefängnistransporter vom Holman Prison mit einem schwer gesicherten Käfig im Laderaum. Da es Anfang Januar war und gerade mal neun Grad herrschten, liefen Motor und Heizung. Wenn man im Süden von Alabama aufwächst und an neun Monate Sommer gewöhnt ist, wird man zwangsläufig zu einem Weichei. Sobald die Temperatur unter vier Grad fällt, nehmen wir heiße Bäder und halten bis zur Magnolienblüte Winterschlaf.
    Vorn im Wagen saßen zwei gelangweilt wirkende Wärter und rauchten. Ich trottete zu ihnen hinüber, hielt meine Marke hoch und bat sie mit einer Handbewegung darum, das Fenster herunterzukurbeln.
    »Aus welchem Grund sind Sie hier?«, fragte ich.
    Der Fahrer, ein alter harter Hund mit Hasenzähnen, Lidern auf Halbmast und Doppelkinn, schob seinen Hut in den Nacken. »Wir haben Bobby Lee Crayline vom Holman hierher verfrachtet. Meiner Einschätzung nach müsste er jeden Moment rauskommen.«
    »Wissen Sie, dass er hier ist, um hypnotisiert zu werden?«
    Der harte Hund verzog den Mund zu einem höhnischen Lächeln. »Ist doch nur so ein hinterfotziger juristischer Kniff, damit er in eine gemütliche Irrenanstalt kommt. Wenn’s nach mir ginge, könnten sie Crayline so lange hypnotisieren, dass er sich einbildet, er wäre ein Lagerfeuer.«
    »Wieso das denn?«
    »Dann können wir Erde auf ihn raufschaufeln und in aller Seelenruhe abwarten, bis ihm die Luft ausgeht.«
    Ich lief zu meinem Truck zurück und öffnete die Tür, woraufhin Mr. Mix-up wie ein Torpedo herausgeschossen kam, neben meinen Füßen auf und ab sprang und im Kreis um mich herum lief. Mix-up war, was den Hundegenpool betraf, reich beschenkt worden. Sein Rumpf war dick, der Brustumfang beträchtlich, das Fell kurz und glatt und nur an Schwanz und Hinterbeinen mit flauschigen Büscheln verziert. Mix-ups Pfoten erinnerten an Topflappen, seine Schädelform deutete auf einen Bernhardiner hin, und seine Ohren baumelten so lang von seinem Kopf herunter wie die eines Bassets. Seine riesigen Augen funkelten neugierig.
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