KR075 - Ich zahlte mit Falschgeld
traf statt meines Kopfes nur den Oberarm und lähmte ihn. Die Horde, die aus der Hütte hervorgebrochen war, riss mich zu Boden. »Nicht schießen«, hörte ich Means rufen. »Zwei Wagen mit Cops lauern in Hörweite.«
Aus. Erledigt. Ich gab nicht mehr viel für meine Laufbahn als G-man. Es war eine Falle, aber was nutzte mir das Wissen? Ich lag platt auf dem Bauch, mit dem Gesicht im Dreck. Mindestens zwei Kerle knieten auf meinem Rücken und zwei weitere verdrehten mir die Arme zu Brezeln. Ich war so fertig wie noch nie.
»Hebt ihn auf!«, befahl der Doktor wieder. Sie rissen mich hoch und lehnten mich gegen die halb zerfallene Tür der Hütte. Meine Arme wurden festgehalten.
Jetzt sah ich wieder etwas von der Welt, aber der Anblick, den die Welt mir bot, war alles andere als erfreulich. Der gute Webbs lag immer noch lang auf dem Rücken und war so absolut k.o., dass sich niemand um ihn kümmerte. Um mich herum aber standen insgesamt vier Gestalten, von denen jede einzelne den Ansprüchen eines Hollywood-Regisseurs von Gangsterfilmen vollauf genügt hätte. Zwei hielten meine Arme, einer wog die Eisenstange in der Hand und als Oberhaupt des Ganzen rieb sich die Ratte Smith befriedigt die Hände. In den Kreis dieser seiner Knappen trat nun William Means, und obwohl er ein Doktor war und eine Goldrandbrille trug, fand ich, dass er zu ihnen passte.
»Na, Cotton«, höhnte er, »kleiner Rollentausch. Du bist ein schauderhaft schlechter Gesellschafter. Darum möchte ich mich jetzt empfehlen. Schönen Gruß an Mr. High, deinen freundlichen Chef. Aber vorher habe ich noch eine kleine Abrechnung mit dir.«
Sein sonst so glattes und hochmütiges Gesicht verzog sich zu einer Fratze des Hasses. Er holte aus und schlug mir zweimal mit aller Kraft ins Gesicht. Mein Kopf knallte nach hinten gegen das Holz der Tür. Meine Lippen platzten auf, und das Blut floss mir in einem warmen Bach über das Kinn.
»Du Held«, sagte ich verächtlich, »aber du kommst doch auf den elektrischen Stuhl, wenn du Craydon getötet hast.«
Er grinste. »Ich habe ihn getötet, aber du wirst es dem Richter nicht mehr sagen können.« Sein Gesicht wurde wieder glatt und ausdruckslos. »Erledige ihn, Roy«, sagte er, »aber lautlos.«
Das Rattengesicht, das ich als Mr. Smith kennen gelernt hatte, nahm den anderen Ganoven die Eisenstange aus der Hand. Er lachte und zeigte sein ganzes verrottetes Gebiss, und ich wusste, dass er mir jetzt mit der Stange den Schädel einschlagen würde. In diesem Augenblick noch einen Cent für mein Leben zu bieten, wäre reine Verschwendung gewesen.
Und doch geschah ein Wunder, wenn es sich hinterher auch als durchaus irdischer Vorgang entpuppte. Es krachte ein Schuss, der fast wie der Knall einer Böllerkanone dröhnte. Die Kugel pfiff irgendwo durch die Gegend. Die Brüder fuhren auseinander und gaben das Blickfeld frei. Vor unserem Wagen stand aufrecht George Webbs, brillenlos, einen dicken Trommelrevolver in der Hand, und schrie mit überkippender Stimme: »Hände hoch! Alles Hände hoch!« Er musste wieder zu sich gekommen sein, während sich die Gangster mit mir befassten, und griff nun auf seine Art in die Angelegenheit ein.
»Hinter den Wagen, Webbs!«, brüllte ich. »Hinter den Wagen!« Er zwinkerte mit seinen kurzsichtigen Augen. Ich benutzte diesen Augenblick der Verwirrung und riss beide Arme aus den Fäusten meiner Bewacher. Ich warf mich gegen die Holztür. Sie schlug nach innen auf, ich fiel lang auf den Rücken in den Flur.
Draußen bellten Schüsse. Ich wusste, was sie bedeuteten. Fünf Sekunden noch, dann kam ich an die Reihe. Ein Sirenenton in der Ferne, sich rasch nähernd. Irgendwer von den Gangstern schrie: »Die Polente! Weg!« Die Tür des Hauses, die zurückgependelt war, wurde aufgestoßen. Fünf-, sechs Mal bellte ein Colt. Ich rollte mich in eines der Zimmer. Die Kugeln klatschten gegen die Wände des Flures, dann fiel die Tür wieder zu. Ein Automotor heulte auf. Reifen quietschten auf dem Schotter. Auf dem Bauch schob ich mich an das windschiefe, halb zerbrochene Fenster. Dort hinten fuhr der Wagen der Gangster mit hoher Geschwindigkeit. Ich stieß die Flügel auf und sprang hinaus.
George Webbs lag auf dem Rücken, den ulkigen, altmodischen Trommelrevolver noch in der mageren Hand. Ich brauchte nicht zu zählen, wie viel Kugeln er abbekommen hatte, mehr jedenfalls, als ein Mensch vertragen kann. Ich sah lange auf den armen Jungen, mir wenigstens kam es lange vor. Mutig hatte er
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