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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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seine Aufwartung. Als der zufrieden war, grüßte Till höflich die anwesenden Damen.
    »Können wir?«, fragte er Margot.
    »Unbedingt sofort, Schätzelein«, erwiderte die und sprang auf. »Ich bin genau in der richtigen Stimmung für ein bisschen grundlose Lebensfreude!«
    Wenn es etwas gab, das KHK Wörner noch weniger schätzte als ungesicherte Fundorte, dann waren das ungesicherte Fundorte mit aufgelösten Zeugen. Zeugen, die offensichtlich der medizinischen Aufmerksamkeit bedurften, sich aber nach Kräften gegen diese wehrten. Aber es lief im Leben eben nicht immer so, wie man sich das wünschte. Jedenfalls nicht in Wörners Leben und schon gar nicht in letzter Zeit. Was dazu führte, dass er derzeit ein winziges bisschen anfällig war für schlechte Laune.
    Immerhin, dachte er, immerhin war das hier ein Fall. Genau das, was er brauchte, denn ein Fall verhieß lange Arbeitsstunden, Hektik und Stress. Ablenkung, die in seiner derzeitigen Situation durchaus wünschenswert war.
    »Es geht mir gut«, behauptete Jupp Nettekoven gerade und umklammerte fest die Hundeleine, an deren anderem Ende ein dicker Dackel hing und interessiert das Tatorttreiben beobachtete. »Sie sollten sich lieber um den da kümmern!« Er deutete in Richtung des Toten, der unter den Bäumen lag.
    »Der da hat Zeit«, beschied der Rechtsmediziner knapp und konzentrierte sich auf das Blutdruckmessgerät, das er gerade an Nettekovens Arm anlegte.
    »Aber ich nicht«, erklärte Wörner ungeduldig.
    »Da hören Sie es!« Nettekoven klang agitiert. »Tun Sie lieber, was Ihr Chef sagt.« Er zerrte den Bund seiner Sporthose nach oben.
    »Er ist nicht mein Chef.« Der Rechtsmediziner warf Wörner einen bösen Blick zu, als habe er das Ungeheuerliche behauptet. »Und Sie müssen still halten!«
    »Er leitet den Einsatz. Er ist weisungsbefugt«, mischte sich eine weibliche Stimme ein.
    Wörner unterdrückte mit Mühe ein Stöhnen. Sophie Lange meinte es gut. Sie war jung, sie war motiviert und im Unterschied zu anderen Kollegen wild entschlossen, seine Autorität und Kompetenz in jeder Hinsicht und Lebenslage anzuerkennen. Dass es ihr zuweilen an sozialem und psychologischem Feingefühl mangelte, durfte man ihr nicht vorwerfen. Es fehlte ihr an Erfahrung, dafür konnte sie nichts.
    »Es ist mir scheißegal, wer hier was leitet«, fauchte der Rechtsmediziner. »Ich mache meinen Job, wie es mir passt. Und wenn irgendwer irgendwas dagegen hat, dann kann er sich ja irgendwo beschweren!« Ungerechterweise richtete er Worte und giftigen Blick an Wörner, der beide Hände hob, um seine Unschuld zu signalisieren, während er nicht ohne Erstaunen zur Kenntnis nahm, dass der Mann noch schlechter gelaunt zu sein schien als er selbst.
    Immerhin tat er nun durch ein knappes Nicken kund, dass er am körperlichen Gesamtzustand von Jupp Nettekoven keine eklatanten und bedrohlichen Mängel zu entdecken vermochte, und verließ endlich den Weg, um sich Bach und Leiche zu nähern. In dem weißen Overall wirkte er in der lieblichen Umgebung sonderbar außerirdisch. Als er die Leiche umdrehte, hörte Wörner, wie Nettekoven nach Luft schnappte.
    »Der Nolden«, keuchte er. »Um Gottes willen, das ist ja der Nolden!«
    »Sie kennen ihn?«
    »Natürlich. Bernd Nolden. Der Bauunternehmer. Den kennt doch jeder.« Nettekoven starrte wie hypnotisiert in Richtung der Leiche.
    Wörner unterdrückte ein Seufzen.
    »Nolden-Bau. Seine Frau ist eine geborene Hottbender«, fuhr Nettekoven fort. »Wenn Sie verstehen.«
    Wörner verstand. Nicht im Detail, denn er lebte erst seit ein paar Jahren in Bonn und war mit dem Provinzadel nicht hinreichend vertraut. Aber Nettekovens Nachsatz klang nach Schlangengrube. Nach Golfclub und Seilschaften, nach Empfindlichkeiten von Vorgesetzten und anderen Amtsträgern. Er klang nach dem Gegenteil einer sauberen, einfachen Ermittlung.
    »Das ist ja hochinteressant.« Wörner bemühte sich, seinen Tonfall zu entschärfen. Der Zeuge konnte schließlich nichts dafür. »Aber mich interessiert zunächst einmal, ob Sie ganz sicher sind, dass es sich um Bernd Nolden handelt.«
    »Ja, sicher. Natürlich.« Nettekoven klang ein bisschen stolz. »Ich kenne doch Bernd Nolden! Er wohnt ja hier. Also, in Lengsdorf. Ich kenne ihn vom Tennis, ich hab auch bei Grün-Weiß gespielt. Jetzt nicht mehr, das Knie, wissen Sie, aber … Gott!« Er schüttelte fassungslos den Kopf. »Einer von uns, das ist er, meine Güte, und noch so jung, das ist tragisch, so ein
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