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Kosmologie für Fußgänger

Kosmologie für Fußgänger

Titel: Kosmologie für Fußgänger
Autoren: H Lesch
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Apfels. Nach diesem Bild sähen die großen Formationen auf der Erde, das heißt die Kontinente und Ozeane, heute immer noch so aus wie zur Zeit ihrer Entstehung. Alle Berge, Täler und Schluchten wären dann einfach nur Ergebnisse des gewaltigen Schrumpfungsprozesses der Erde, die sich langsam abkühlte. Infolge der auftretenden horizontalen Spannungen wäre die Oberfläche der Erde in große Schollen zerbrochen. Wie in einem Schraubstock wären dabei Gesteinskomplexe verbogen, gestaucht, gefaltet und übereinander geschoben worden. Aufgrund der durch Abkühlung bewirkten Schrumpfung wäre es im Wesentlichen zu vertikalen Bewegungen der Kruste gekommen, Faltungen und Übereinanderschiebungen wären dagegen nur Begleiterscheinungen.
    Doch dann führten Untersuchungen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen zu Beobachtungen und auffallenden Übereinstimmungen, die sich mit dieser fixistischen Schrumpfapfelvorstellung nicht erklären ließen. Warum traten Gebirgszüge immer als schmale Streifen auf, statt sich mehr oder weniger gleichmäßig über den gesamten Globus zu verteilen? Wie waren die übereinstimmenden Konturen der afrikanischen Westküste und der Ostküste Südamerikas zu erklären? Woher kamen die bemerkenswerten Ähnlichkeiten in der geologischen Vergangenheit dieser beiden Küstenbereiche?

Die Plattentektonik
    1915 schlug der deutsche Meteorologe Alfred Wegener in seiner Schrift Der Ursprung der Kontinente und Ozeane eine radikale Antwort vor – die Kontinentalverschiebung. Er nahm an, dass die heutigen Kontinente ineinander passende Bruchstücke eines Urkontinents, Pangäa, sind, die vor etwa 250 Millionen Jahren allmählich auseinander zu driften begannen. Er entdeckte, dass einige geologische Formationen, die an der Küste Südamerikas abrupt zu enden scheinen, in Afrika kontinuierlich weiterlaufen, wenn er die Kontinente wie Teile eines Puzzles zusammensetzte. Wegener ließ jedoch trotz der umfangreichen Menge geologischer Daten, die er zusammengetragen hatte, viele wichtige Details beiseite. Mit anderen Worten: Er stützte sich nur auf jene Fakten, welche seine Theorie untermauerten. Alles, was er nicht unmittelbar in sein Modell einbauen und damit erklären konnte, ließ er weg. Deshalb wurde seine Hypothese lange Zeit nicht sehr ernst genommen. Insbesondere die Eigenschaften der Oberflächen- und Krustengesteine ließen seine These von den verschiebbaren Kontinenten als sehr unwahrscheinlich erscheinen. Die Erdkruste ist eigentlich viel zu starr, als dass Kontinente wie Schiffe auf dem Meer umhertreiben könnten. Vor allem erhob sich die Frage, welche Kräfte eigentlich hinter der Kontinentalverschiebung stehen sollten. Wegener dachte an Zentrifugalkräfte, die aber viel zu schwach sind. Ohne eine treibende Kraft kann keine Kontinentalverschiebung stattfinden. Wegeners Idee verschwand in den Bibliotheken der geologischen Institute als eine interessanter, aber offensichtlich falscher Ansatz.
    Entscheidend für die Wiedergeburt und den Durchbruch der Theorie der Plattenverschiebung waren die weltweiten Untersuchungen der mittelozeanischen Rücken, Ergebnisse der Geschichte des Erdmagnetismus und die Aufdeckung des globalen Musters der Erdbebenherde.

Das Museum Meeresgrund
    Die Wiederentdeckung der Ideen Wegeners verdanken wir der amerikanischen Marine. Sie wollte in den Fünfziger- und Sechzigerjahren so viel wie möglich über den Meeresboden in Erfahrung bringen. »Wir wissen mehr über die Oberfläche des Mondes als über den Meeresgrund«, war lange Zeit ein von Geowissenschaftlern vertretener Standpunkt. Die von der amerikanischen Marine finanzierte Meeresforschung brachte ungeheure Nachrichten aus den Tiefen der Ozeane hervor.
    Der Grund der Meere war überhaupt nicht langweilig und eintönig, so wie es vielleicht naiven Erwartungen entsprach. Man hatte sich eine Oberfläche vorgestellt, die durch Treibsand und Sedimente schichtweise angehäuft worden war. Eigentlich hätte dieses Bild schon stutzig machen müssen, denn die Dicke der übereinander gelagerten Sedimente wäre angesichts des Erdalters gigantisch gewesen. Aber dies war eben die vorherrschende Meinung, bis die ersten Echolote den Boden der Ozeane mit Schallwellen beschickten und auf die Antwort warteten. Dann offenbarte sich ein völlig anderes Bild: tiefe Gräben, große Vulkane, lange Steilhänge – und kaum flache, langweilige Sedimentbecken.
    Der Mittelatlantische Rücken zum Beispiel trennt den Ozean ziemlich
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