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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7
Autoren: H. J. Alpers
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das ist alles. In unserer trügerischen Gegenwart sind sie nur wahrscheinlich präsent. Ihre Wahrscheinlichkeit, hier zu sein, schwankt mit der Zeit, auf die sie ihre Aufmerksamkeit richten – ebenso wie der Gegenstand innerhalb unseres Blickfeldes, auf den wir uns konzentrieren, realer erscheint, obwohl der Rest ebenso existiert. Sie sind wie Partikel mit Schwingungshöhepunkten, Commander. Sie könnten überall sein – zu jeder Zeit! Zu gewissen Zeiten sind sie wahrscheinlicher anwesend – obwohl sie sich tatsächlich über die gesamte ihnen zur Verfügung stehende Zeitspanne hin erstrecken. Und wir können das fühlen. Oh ja, das fühlen wir. Unsere Wirklichkeit wird durch sie diktiert.“
    „Lächerlich. Ein Wesen kann sich in der Zeit nicht hin und her bewegen.“
    „Sie bewegen sich nicht hin und her. Sie erstrecken sich über eine längere Periode als wir. Was zum Teufel ist überhaupt Zeit? Es ist lediglich eine Art und Weise, Ereignisse zueinander in Verbindung zu bringen und zu messen. Zeit existiert nicht eigenständig für sich.“
    „Das erklärt aber nicht, wie sie das Wasser enttrüben.“
    „Und ob es das erklärt. Indem sie von unserem Standpunkt aus Dinge zurückverfolgen, scheinen sie Ereignisse über frühere Zustände hinaus zu beeinflussen … In Wirklichkeit verändern sie nur einen Bruchteil ihrer eigenen trügerischen Gegenwart, so wie wir einem Gegenstand, den wir betrachten, mehr Aufmerksamkeit widmen; allerdings besteht die Welt nicht aus Gegenständen, Commander, sondern aus Prozessen und Geschehnissen. Wir sind lediglich Beobachter von räumlich ausgedehnten Objekten, doch sie können auch Nichtbeobachter sein – und unbeobachtete Ereignisse treten auf, wenn sie sie zurückverfolgen. Wie bei der Tinte im Wasser. Sie haben es nicht enttrübt. Ich habe die Tinte hineinfallen lassen, als wir euer kleines Schiff landen sahen. Zur Demonstration. Sie nichtbeobachteten es zu eurem Nutzen, damit ihr es miterlebt. Ich wußte, daß sie das tun würden. Wir sind besser dran als die Frösche. Zumindest haben wir ein klein wenig Anteil an ihrer Welt. Wir begreifen ihre Nichtbeobachtungen. Wir sehen, wie die Wellen auf den Kiesel im Teich zulaufen. Wir sehen die Welt vor- und zurückschwanken. Nach einer Weile bekamen wir keine Kinder mehr … weil aus dem Augenblick der Befruchtung die Trennung von Ei und Sperma wurde!“
    „Wahrscheinlich eher, weil sie ihnen die Lust ausgetrieben haben“, flüsterte ich Commander Marinetti zu.
    „Sie hassen uns nicht – sie zogen uns hierher ins Zentrum, um sich um uns zu kümmern, Commander! Oh, es begann etwa während des zweiten Jahres. Zuerst mit Träumen. Unsere Träume waren rückwärts gerichtet … Haben Sie jemals rückwärts geträumt, Commander? Einen Traum zu beeinflussen, fällt ihnen viel leichter … Die Rückwärtsträume stellten nur unsere Vorbereitung darauf dar, das gleiche im Wachzustand zu erleben. Unser Denken gewöhnte sich so daran, ihre Gefühle zu empfinden.“
    „Aber der Tintenzwischenfall hat sich wirklich ereignet“, widersprach Resnick. „Ich habe es doch mit meinen eigenen Augen gesehen. Er vergewaltigte die Gesetze der Thermodynamik!“
    „Nein, es war nur eine Art innerhalb der Gegenwartsspanne, die das gesamte Ereignis umschloß, das Geschehen zu sehen. Für sie bleibt die Welt erhalten. Sie wissen nun weit mehr über unsere Denkprozesse. Sie haben uns studiert.“
    „Dann sehen sie die Dinge anders als wir. Zumindest sagen Sie das. Aber wie konnte das die Viehzucht verhindern?“ erkundigte sich Marinetti, der offensichtlich meine Ansicht über eine mögliche psychologische Sperre bei den Kolonisten teilte.
    „Ah“, grinste Greenberg durchtrieben, „da es keine Möglichkeit zur Konzeption dieser Welt gab, konnte es auch keine Möglichkeiten zur Konzeption in ihr geben.“
    „Das sind doch nur Wortspielereien, Mensch!“
    Greenberg kicherte irre. „Glauben Sie, wir verfügen über das Vokabular, dergleichen zu diskutieren, Commander? Wir sind wie die Augen und das Gehirn des Frosches dazu geschaffen, etwas äußerst Begrenztes wahrzunehmen. Was glauben Sie, weshalb das Wort ‚Konzeption’ Gedanke und Leben so eng miteinander verknüpft?“
    „Aber ein Frosch legt immer noch Eier, die erfolgreich schlüpfen, gleichgültig, was wir vom Universum halten, Mr. Greenberg.“
    „Ein Jammer nur, daß wir keine Frösche sind, sonst … Eine Zeitlang hatten wir einigermaßen Glück mit den Hühnern. Aber sogar sie
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