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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7
Autoren: H. J. Alpers
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Mal.
    Bitte, Harold, komm zurück. Ich brauche dich. Ich verspreche dir, ich will dich nie mehr kritisieren, wenn du nur zurückkommst. Ich weiß, daß es meine Schuld war. Wenn ich dich beim Fahren nur nicht gestört hätte.
    Barbara machte die Augen zu. Keine Tränen. Denn Harold hielt sie fest im Arm.
     
    Barbara streckte sich und kuschelte sich dann in einem Halbkreis zusammen. Der Fernseher lief noch immer. Das Baby weinte wieder.
    Er hört niemals auf. Aber ich sollte auch wirklich aufstehen und nachsehen, was ihm fehlt. In zwei Minuten stehe ich auf.
    NUN, LIEBE ZUSCHAUER, EINEN BLICK AUF UNSEREN PHANTASTISCHEN FERNSEH-VITALTRIP. Dieses einfache Gerät …
    Barbara dachte an den alten Schnulzenfilm Living Our Lives. Das war drei Jahre her. Und er hatte die Lösungen für all ihre Probleme parat gehabt.
    Ein Mädchen unter Zwanzig, aufgerieben zwischen dem Druck der Schule und der ständigen Verständnislosigkeit ihrer Eltern. Der einzige Ausweg: Heiraten.
    Als es bei Barbara soweit war, hatte sie die Ehe mit Harold erzwungen. Indem sie schwanger wurde.
    Ein Fernsehgerät, ein kleines Kind, eine betäubte Kindfrau.
    Es war ein klarer Tag, nur ein paar weiße Wölkchen am Himmel. Sie ging auf dem Gehweg nahe am Bordstein entlang und wich immer wieder den Schößlingen aus, die sich aus den braunen Fünf-Zentimeter-Rissen im weißen Beton zwängten. Sie war ruhig, erstaunlich ruhig. Dann bog sie um eine Ecke.
    Ein Mann rannte aus seinem Haus auf seinen Wagen zu und stürzte. Barbara trat hinzu, um ihm zu helfen, und sah, wie er in der Einfahrt lag und seine rote Hand den Türgriff des Wagens umklammerte. Sie wollte ihn gerade anfassen, als sie begriff, daß er die Pest hatte. Sie wußte, daß es der Schwarze Tod war.
    Und sie wußte, daß sie weglaufen mußte. Weglaufen. Fort von den Menschen. Keiner durfte sie berühren, sonst würde sie angesteckt.
    Ich will nicht sterben.
    Nichts in ihrem Leben war mehr von Bedeutung. Weder ihr Mann noch ihr Kind. Nur die Tatsache ihrer eigenen Existenz. Ihres eigenen Lebens.
    Ich werde mich nicht von ihnen berühren lassen.
    Sie rannte. Rannte, bis der Himmel purpurne Pusteln hatte. Oder der Schwarze Tod schon in ihr keimte.
    Eine Backsteinmauer. Sie mußte stehenbleiben. Die Todgeweihten bildeten einen Kreis um sie, packten mit einem letzten, rachsüchtigen Keuchen nach ihren Fußknöcheln.
    Sie starben, doch sie war noch am Leben.
    Barbara lehnte sich an die Wand im Krankenhauskorridor. Die Wand war weiß und eiskalt, und sie war allein. Dann umfingen sie warme Arme. „Mama.“
    „Ich kam nach Hause und fand die Nachricht vom Krankenhaus vor. Was ist denn passiert?“
    „Es ist alles meine Schuld. Harold ist tot. Ich glaube, das Baby ist verletzt. Wo warst du denn? Warum bist du nicht eher gekommen?“
    „Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte. Warum hast du mich nicht angerufen?“
    Daraufhin machte Barbara sich von ihrer Mutter los. „Aber ich habe dich angerufen, nur du warst nicht zu Hause.“
    „Barbara, du erzählst mir nie etwas.“
    „Aber du hörst nicht zu. Ich habe dich angerufen. Wen sonst hätte ich denn anrufen können?“
    „Aber normalerweise erzählst du mir nie etwas.“
    „Oh, Mama. Du hast mir in der Vergangenheit nie sehr geholfen. Deshalb weiß ich nicht, warum du erwartest, daß ich dich jetzt um Hilfe bitte. Außerdem habe ich ja bei dir angerufen.“
    „Aber ich habe doch immer mein Bestes getan. Ich hatte meine eigenen Probleme, weißt du.“
    Ja, und die hast du alle mir aufgebürdet, dachte Barbara bei sich. „Aber ich hätte dich so oft gebraucht. Und du warst nie da. Also geh jetzt, HAU AB!“ Barbara schrie.
    Barbara schrie. Der Zauberer kam auf sie zu. Sie wollte nicht, daß er sich ihr weiter näherte. Sie wollte ihn nicht anfassen. Harold war es, den sie liebte. Nicht diese namenlose Gestalt. Niemals könnte er Harolds Platz einnehmen. Sie schrie und trat und biß und kratzte ihn. Schlug ihn immer wieder mit den Fäusten.
     
    So heiß und stickig. Muß eine Dusche nehmen. Und Hunger habe ich auch.
    Barbara stand auf, sie war erschöpft und hatte ein wenig Gänsehaut trotz der Hitze. Schaudernd schaltete sie den Fernseher aus und ging auf Zehenspitzen ins Kinderzimmer. Das Baby war still. Jedoch voll tiefer Kratzer und dick mit braunem Blut verkrustet.

 
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