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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4
Autoren: H. J. Alpers
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lieben?“ Doch sie sieht ihn zweifelnd an. „Die Liebesgeschichten, die ich aus deiner Zeit kenne – sie sind so … so seltsam. Grob und unbeholfen. Das sieht überhaupt nicht wie Liebe aus … Oh, ja, wir haben einige sehr bekannte Liebeslieder. Auch einige traurige sind dabei. Wie etwa das von Tamil und Alcmene, deren gemeinsames Schicksal vorgegeben war, unausweichlich. Auch wir Connies haben ein vorherbestimmtes Schicksal, glaube ich“, gibt sie zu. „Wir lieben es, mit Ingrid Anders zusammen zu sein. Das ist aber mehr einseitig. Ich hoffe auf meiner nächsten Reise wird eine Ingrid dabei sein. Sie ist so erfreulich wie ein kleiner Diamant.“
    Implikationen explodieren in ihm, Fragen tauchen auf. Aber zuerst will Lorimer das dunkle Muster dahinter zu Ende weben.
    „Elftausend Genotypen, zwei Millionen Menschen, das heißt, es gibt durchschnittlich zweihundert von euch.“ Sie nickt. „Ich vermute, das variiert? Gibt es von einigen Typen mehr?“
    „Ja, manche Typen sind häufiger. Aber wir haben seit den damaligen Tagen keinen einzigen verloren. Sie versuchten, alle Gene zu bewahren, und wir haben Leute aller Rassen. Natürlich werden wir nie wissen, was alles verlorenging. Aber elftausend ist wahrhaftig eine Menge, wirklich. Wir alle bemühen uns, alle zu kennen, das ist eine Art Hobby.“
    Kälte kriecht seinen Rücken empor. Elftausend. Das ist die tatsächliche Erdbevölkerung. Er denkt an zweihundert große Frauen mit olivfarbener Haut, die sich alle nach Pflanzennamen benennen, in Gemeinschaft mit zweihundert kleinen, hellen Ingrids, zweihundert geschwätzigen Judys, zweihundert selbstbewußten Lady Blues, zweihundert Margos und Mydas und dem ganzen Rest. Er erschaudert. Die Erben, die glücklichen Nachkommen der menschlichen Rasse.
    „So endet also die Evolution“, sagt er bitter.
    „Nein, warum? Sie hat sich nur verlangsamt. Wir tun alles viel langsamer als ihr, glaube ich. Wir lieben es, die Dinge völlig zu erfahren. Wir haben Zeit.“ Wieder streckt sie sich lächelnd. „Alle Zeit der Welt.“
    „Aber ihr habt keine neuen Genotypen. Das ist das Ende.“
    „Oh, aber inzwischen haben wir wieder neue. Im letzten Jahrhundert haben sie einen Weg gefunden, um haploide Nuklei zu kombinieren. Wir können eine bloßgelegte Eizelle funktionieren lassen wie Samen“, sagt sie stolz. „Ich meine Sperma. Es ist schwierig, und manchmal geht es nicht so gut. Aber nun, da beide X-Chromosomen lebensfähig sind, haben wir über hundert neue Typen gestartet. Natürlich ist es schwer für sie, so ganz ohne Schwestern. Aber die Spender bemühen sich, ihnen zu helfen.“
    Über einhundert, denkt er. Nun gut. Vielleicht … Aber „beide X-Chromosomen lebensfähig“ – was soll das bedeuten? Sie muß sich auf die Epidemie beziehen. Er dachte, diese habe primär die Männer betroffen. Sein Verstand stürzt sich glücklich auf dieses neue Rätsel, und er ignoriert ein Geräusch, das versucht seine Ruhe zu stören.
    „Es war ein Gen – oder Gene – im X-Chromosom, das angegriffen wurde“, rät er laut. „Nicht das Y. Und die letale Spur mußte rezessiv sein, richtig? Also kann es eigentlich überhaupt keine Geburten mehr gegeben haben, bis einige Männer sich wieder erholten oder lange genug isoliert waren, um unbeschädigte X-tragende Gameten hervorbringen zu können. Aber Frauen haben ihren ganzen Lebensvorrat an Eiern im Körper, sie könnten diese niemals produktiv regenerieren. Wenn sie sich mit einem der genesenen Männer paaren würden, dann könnten daraus nur weibliche Babys entstehen, da Mädchen zwei X haben und das defekte Gen der Mutter durch ein normales X des Vaters kompensiert werden würde. Ein Junge aber hat XY, er empfängt nur das defekte X der Mutter. Also würde der letale Effekt zum Tragen kommen, der männliche Fötus absterben … Ein Planet voller Mädchen und aussterbender Männer.“
    „Du verstehst es tatsächlich“, sagt sie bewundernd.
    Die Geräusche gewinnen an Deutlichkeit, doch er will sie nicht hören, er hat vordringlichere Probleme.
    „Also werden wir uns auf der Erde vorbehaltlos wohlfühlen. Kein Problem. In der Theorie können wir uns wieder verheiraten und Kinder haben, natürlich Töchter.“
    „Ja“, sagt sie. „In der Theorie.“
    Das Geräusch bricht plötzlich in seine Wahrnehmung ein, es wird zur lauten Stimme von Bud Geirr, der ein Lied singt. Er klingt ziemlich betrunken inzwischen. Seine Stimme scheint aus dem Hauptgartenbereich zu kommen, der
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