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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4
Autoren: H. J. Alpers
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„Wir sehen dich als anders an“, stößt Judy Paris hervor. „Du bist, äh … du bist mehr wie wir. Bitte, erzähle den anderen nichts davon, ja? Oh, bitte nicht.“
    „Es war ein Unglück, daß zwei von uns hier sind“, sagt Judy Dakar. „Myda hat uns gewarnt. Kannst du nicht ein kleines Weilchen warten?“ Zwei identische dunkle Augenpaare betteln ihn an.
    „Also gut“, sagt er langsam. „Vorerst werde ich meinen Freunden nichts davon sagen. Aber wenn ich euer Geheimnis wahren soll, dann müßt ihr mir ein paar Fragen beantworten. Zum Beispiel: Wie viele eures Volkes werden auf diese Weise künstlich gezeugt?“
    Er beginnt zu erkennen, daß ihn diese Tatsache doch aufregt. Dave hat recht, verflucht noch mal, sie verbergen tatsächlich Verschiedenes vor ihnen. Ist diese schöne neue Welt bevölkert von Untermenschen, Sklaven und regiert von Superhirnen? Künstlichen Zombies, geschlechtslosen Arbeitern, menschlichen Körpern, zu Maschinen umgewandelt? Monströse Experimente fallen ihm ein. Wieder einmal war er zu naiv gewesen. Diese beiden normal aussehenden Frauen könnten die Abgesandten einer Welt des Bösen sein.
    „Wie viele?“
    „Es gibt nur etwa elftausend von uns“, sagt Judy Dakar. Die beiden Judys sehen sich an, ganz offensichtlich verschweigen sie noch immer etwas. Sie sind ungeschult im Lügen, denkt Lorimer; ist das gut? Seine Gedanken werden von Judy Paris unterbrochen. „Was wir nicht verstehen ist, weshalb ihr das für schlecht gehalten habt.“
    Lorimer versucht es ihnen zu erklären, ihnen das Entsetzen vor der Manipulation der menschlichen Identität, die Furcht vor dem Erschaffen abnormalen Lebens deutlich zu machen. Die Bedrohung für die Individualität, die Macht, die es einem Diktator verleihen könnte.
    „Diktator?“ echot eine von ihnen verständnislos. Er sieht ihnen in die Gesichter und kann nur sagen: „Jemand, der den Leuten ohne deren Einverständnis Dinge antut. Das ist sehr traurig.“
    „Aber genau das denken wir doch von euch“, platzt die jüngere Judy heraus. „Woher wollt ihr denn wissen, wer ihr seid? Wer überhaupt jemand ist? Ganz allein, keine Schwestern, mit denen man alles teilen kann! Ihr wißt doch gar nicht, was ihr tun könnt oder was interessant genug wäre, es zu probieren. Ihr armen, armen Singles, ihr … ach, ihr schleppt euch doch nur so durchs Leben und sterbt dann, alles vergeblich!“
    Ihre Stimme zittert. Befremdet sieht Lorimer die verschleierten Augen der beiden.
    „Wir bringen das hier besser wieder in B-Bewegung“, sagt die andere Judy.
    Sie schwingen zu einen gemeinsamen Rhythmus zurück, und in Bruchstücken und Fragmenten findet Lorimer danach heraus, wie es wirklich ist. Keine Embryos in Flaschen, erzählen sie ihm empört, menschliche Mütter, wie sonst auch, junge Mütter. Ein somatischer Zellnukleus wird in ein denukleiertes Ovum eingebracht und in die Gebärmutter re-implantiert. Sie beide haben schon zwei „Schwester“-Babys geboren und sich eine Weile um sie gekümmert, bevor sie weitergezogen sind. Die Anstalten haben immer ausreichend Mütter zur Verfügung.
    Sie lachen über seine Vermutung hinsichtlich der Langlebigkeit; bislang führt kein Weg dahin, abgesehen von einer gesunden Lebensweise. „Wenn wir in gutem Zustand bleiben, werden wir vielleicht um die Neunzig herum“, wird ihm versichert. „Judy Adler war unser Rekord bisher, sie wurde einhundertacht Jahre alt. Aber sie war ganz schön gebrechlich am Ende.“
    Die Klon-Stränge selbst sind alt, sie datieren aus der Zeit der Epidemie. Sie bildeten einen Teil der ersten Bemühungen, die Rasse zu retten. Bis heute wurden sie fortgeführt.
    „Es ist wirklich perfekt“, erzählen sie ihm. „Wir alle haben ein Buch – das ist wie eine richtige Bücherei, die ganzen aufgezeichneten Daten. Das Buch von Judy Shapiro, das ist unseres. Dakar und Paris sind nur unsere persönlichen Namen, denn inzwischen sind wir bei Städten angelangt.“ Sie lachen und versuchen, nicht beide zugleich zu erzählen, wie jede Judy ihre individuellen Erinnerungen, ihre Erlebnisse, Entdeckungen und Abenteuer in den Genotyp einbringt, den sie alle gemeinsam haben.
    „Wenn man einen Fehler macht, kann das sehr nützlich für die anderen sein. Natürlich versucht man aber, Fehler zu vermeiden – oder macht zumindest einen neuen !“
    „Einige der älteren sind nicht so realistisch“, wirft ihr anderes Selbst ein. „Die Dinge waren ganz anders, nehme ich an. Wir machen Auszüge von
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