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Kopernikus 2

Kopernikus 2

Titel: Kopernikus 2
Autoren: H. J. Alpers
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erhob sich schroff und unvermittelt aus dem gottverlassenen Sumpf. Auf ihrer einen Seite hämmerte das Meer auf sie ein, und auf der anderen Seite fraß der Sand an ihr, den der unaufhörliche Wind gegen sie peitschte. Unter dem kalten Felsen verlief ein Labyrinth von Tunnels und Gängen, und in den Tunnels hasteten zwischen riesigen dunklen Gestalten viel kleinere, die sich auf den Morgen vorbereiteten. Die Brüder umringten die Festung. Sie hatten sich in einem Halbkreis tief in den Sumpf eingegraben, tief in den Schlamm des Sumpfs, bis dahin, wo der Dauerfrost begann. Hinter den Brüdern warteten die Flüstervögel. Der Wind trieb den Regen auf sie, und sie kauerten sich mit nassen Federn zusammen, durch die die Kälte drang.
    Überall war der Schlamm: widerlicher, klebriger Schlamm, der sich unter den Stiefelsohlen zu immer dickeren Schichten sammelte, die Füße mit jedem Schritt schwerer werden ließ, das Tempo beim Laufen drosselte und dicke rote Klumpen hinter den Beinen in die Luft schleuderte. Schlamm, der seinen Weg in den Mechanismus der Waffen fand, Teile zusammenklebte, den Mechanismus gefrieren ließ. Fiel dann ein Drache vom Himmel und pfiff der Wind um seine Flügel, dann zielte man ruhig, wie das nötig war, schätzte Geschwindigkeit und Vorhalt mit Bedacht ab – aber wenn man dann den Abzug langsam durchzog, folgte statt des harten Rückschlags und des beruhigenden Geräusches des Schusses der Waffe nur das langsame Knirschen der verklemmten Mechanik. Dann waren wieder die Schreckensschreie eines Bruders in Gedanken zu hören, wenn die Klauen die Panzerung zerrissen wie Pergamentpapier, um sich in das Fleisch darunter zu bohren.
    Jordan zitterte in der Kälte, und die anderen Brüder in der Dunkelheit schüttelten sich mit ihm.
    Der Krieg aber war fast schon zu Ende, wenn es überhaupt wirklich ein Krieg war. Möglicherweise war das das letzte Mal, daß Jordan in der Kälte darauf wartete, am Morgen in den Kampf zu ziehen. Es war erst einen Monat her, daß es angefangen hatte, und jetzt war es schon fast vorbei.
    Das Landungsboot wurde von atmosphärischen Störungen hin und her geworfen, als es sich aus dem Raum auf die Oberfläche des Planeten stürzte. Ich stellte mir vor, wie das aussehen mußte: Zwölf gigantische Raumkreuzer in verschiedenen Umlaufbahnen um den Planeten, die alle Tausende von identischen Landungsbooten aus ihrem riesigen Laderaum ausspien, die alle wiederum mit Soldaten besetzt waren. Der Schiffscomputer war gerade damit fertig, mir Bilder vorzuführen, die vor fünfundzwanzig Jahren aufgenommen worden waren. Ich sah herrliche Städte, deren Türme in den Himmel ragten; große Parks und Luftautos, die zwischen den Türmen hin und her flitzten. Die Luft war klar, das Wasser glitzerte sauber, zu blau, um echt zu sein. Die Gebäude waren sauber. Nirgends war ein Anzeichen von Industrie zu entdecken. Kein Qualm, keine Umweltverschmutzung. So sehr verschieden von meiner Welt, diese Erde der Zukunft. Die Menschen lachten und spielten, jung und ohne eine Sorge in die Welt. Keine alten Leute, aber auch keine Kinder. Brach aber die Nacht herein, wurde aus diesem Bild ein Alptraum: Riesige Wespen schwirrten im Nachthimmel umher, sausten herab, um ein entsetztes Opfer aus der schreienden Menge herauszureißen. Es wurde weggetragen und hing, von zierlichen Beinen festgehalten, unter dem glitzernden blauschwarzen Körper. Der lange Stachel versenkte sich lautlos in das kreischende Opfer, das bald erschlaffte und still wurde. Ich sah die Felsentunnels der Wespen, in denen die Opfer hingen, nun in dünne Seide eingesponnen, und dann kamen die Wespenlarven aus den Gesichtern der Körper heraus. Die zurückbleibende leere Hülle hing bewegungslos in der Dunkelheit. Als nächstes zeigte mir der Computer, wie die Raumschiffe von der Erde dem Weg der Wespenschiffe bis zu ihrem Heimatplaneten folgten. Der Flug dauerte fünfundzwanzig Jahre. Fünfundzwanzig Jahre lang mußte die Rache warten. In den Raumschiffen sprachen kalte Menschen und leise Maschinen miteinander, spielten miteinander Spiele, Männer und Frauen paarten sich und wechselten die Partner, warteten die fünfundzwanzig Jahre hindurch und wurden nicht älter, weder Menschen noch Maschinen, als sei ein Vierteljahrhundert nur ein Tag in ihrem Leben, den sie hinter sich brachten, ewig jung, immer mit hellen Augen, während tief drinnen in dem Schiff blasse Formen Gestalt annahmen und in der Dunkelheit wuchsen. Endlich landete das Boot.
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