Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopernikus 2

Kopernikus 2

Titel: Kopernikus 2
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
durchscheinend und verschwommen anmuteten, schienen klar hervorzutreten. Der große Kopf schwankte schwindelnd hin und her, und er fuhr mit der Hand hinauf, um ihn festzuhalten. Und die vertraute Berührung, die ihn an seine menschliche Natur erinnerte, erinnerte ihn auch an etwas, was er vergessen zu haben schien …
    Und er ließ die Brille von der Nase gleiten.
     
    Es bedurfte einiger Augenblicke, bis sich die Augen umgestellt hatten. Als das geschafft war, gab er Mr. Water die Brille – lächelnd, aber die Stimme stockte ihm ein bißchen dabei – mit den Worten zurück: „Danke. Das ist eine ausgezeichnete Brille. Aber wissen Sie, diese Gläser konzentrieren und vergrößern.“ Das war sein rettender Einfall, die Erkenntnis, daß er in Wirklichkeit auf gar nichts verzichten würde. „Das unbewaffnete menschliche Auge ist zu allen vier Arten von Sicht fähig, nicht wahr? … wenn auch nur fragmentarisch und unvollkommen.“
     

 
Karl Hansen
Drachenzähne
(DRAGONS TEETH)
     
    Der Regen war kalt. Er ergoß sich in Schwaden von grauem Eiswasser aus tiefhängenden Wolken, aber die Stimmen der Brüder in seinem Kopf waren warm. Sie erinnerten sich an das leise Lachen der Geliebten und daran, wie ihre langen Wimpern seine Wangen gekitzelt hatten, als sie vor so langer Zeit nebeneinander gelegen hatten. Am Anfang hatte er ein wenig Eifersucht bei dem Gedanken empfunden, daß er seine Erinnerungen mit so vielen teilte, aber sie erinnerten sich ja alle ebenso wie er an sie. Die Erinnerung an sie gehörte ihnen allen in gleichem Maß, und die Freude, mit der sie ihre Gedanken füllte, brannte wie ein wärmendes Feuer in ihnen allen.
    Immer wieder aber drang die Kälte in die Wärme ihrer Gedanken ein; manchmal spürte er die schnelle Implosion des Todes, wenn ein Bewußtsein erlosch, als ein Bruder sich in dem Feld eines detonierenden Psi-Kristalls fing, und manchmal spürte er den Schrecken, der ein Bewußtsein erfüllte, das mit den Grenzen eines Felds in Berührung kam, spürte, wie das Bewußtsein langsam davon eingesogen wurde, unaufhaltsam eingesogen wurde, um für immer in dem Kristallgitter eingesperrt zu bleiben. Die wenigen Minuten, die dem Bruder dann noch blieben, verwendeten sie dazu, ihn zu trösten und zu beruhigen, ihn an schöne Zeiten zu erinnern, daran, wie die leichte Bewegung durch ihren Bauch seine Hand berührte, oder wie weich ihre Haut war, und wie sie ein letztes Mal zusammen gelacht hatten, bevor auch er für immer verschwunden war. Der Schmerz aber, der zurückblieb, verbreitete seine Kälte für eine lange Zeit, bevor ihr Lachen den Frost wieder wegspülen konnte.
    „Meine Federn sind naß“, flüsterte sie ihm in seinem Kopf zu. „Hört der Regen denn nie auf? Und der Boden ist so kalt!“
    Jordan lächelte in sich hinein und zog sich vom Kontakt mit den anderen Brüdern zurück. Er verließ sie und ihre Liebhaber, um mit einer anderen Frau zusammenzusein – zumindest in Gedanken zusammenzusein. Zwei Frauen hatten ihn in seinem Leben berührt, eine vor langer Zeit, und eine gerade vor ein paar Wochen. Beide Begegnungen fanden mitten im Krieg statt, beide Male unter unmöglichen Umständen, die unmögliche Situationen heraufbeschworen. Die erste war nun nur noch eine Erinnerung, eine Erinnerung, die er mit allen den anderen Brüdern teilte, aber Celia gehörte ihm allein und war jetzt seine einzige echte Freundin.
    „Worüber kannst du dich schon beschweren?“ sagte er ihr. „Morgen früh kommst du vom Boden hoch. Ich bin für immer hier festgenagelt.“
    „Aber du hast keine Federn, die naß werden können. Das dauert den halben Morgen, bis die trocken werden. Den halben Vormittag lang fühle ich mich, als sei ich in Ketten eingewickelt.“
    „Aber nur den halben Vormittag, nicht den ganzen Tag. Du solltest dankbar sein, daß du ein Flüstervogel bist; du mußt wenigstens nur in der Nacht auf dem Boden bleiben.“
    „Die Nächte reichen mir schon, vielen Dank.“ In ihren Gedanken lachten sie zusammen. Sie warteten in der kalten, nassen Nacht und wußten, daß der Morgen nur allzu früh kommen würde.
    Das Geniesel weichte seine Haut auf, entzog ihr das Fett und machte sie faltig und wellig. Die Kälte kroch in die Knochen und machte die Gelenke schmerzhaft unbeweglich. Vom Meer trieb Rauch heran, der in seinen Augen brannte und in seinen Lungen Hustenanfälle auslöste, die seinen Körper schüttelten.
    Vor ihnen lag die Zitadelle, aus grauen Steinen düster aufgetürmt. Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher