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Kopernikus 2

Kopernikus 2

Titel: Kopernikus 2
Autoren: H. J. Alpers
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dieselbe Art wie die Mythologie, die Metaphysik und die Erkenntnistheorie die Menschheit im großen aufrechterhielten. Die Sicht der dritten Stufe, die Sicht durch die Dreifachlinsen war eine Stärkung, ein heilsamer Segen für die Welt … aber vielleicht reichte nicht einmal sie für die ganze Entfernung aus? Ad astra – jawohl, selbst wenn es keine Wege gab, nicht einmal steinige. Die Sehnsucht war es, die den Geist am Leben hielt. Und außerdem machten die Magazine einen so großen Teil seines Lebens aus, eines Lebens, für das er jetzt, als er wie aus großer Höhe hinunter- und zurückblickte, ein erheitertes, liebevolles und gutmütiges Mitleid empfand.
    Und jetzt verstand er auch die nachdenkliche und recht besinnliche Sanftmut im Gesicht von Mr. Waters, die ihn vor einigen Minuten so erstaunt hatte. Es war ein Ausdruck, der vermutlich dem eigenen glich, denn Mr. Waters hatte ihn durch diese Brille angesehen, hatte ihn aus der Perspektive der Ewigkeit betrachtet … das heißt, menschlich gesprochen, aus der Perspektive des Todes. Denn aus jener Entfernung betrachtet gab es zwischen den beiden keinen großen Unterschied: Der alte Mensch und der junge standen gleichermaßen am abbröckelnden Rand des Grabes.
    „Aus jener Entfernung betrachtet …?“ Seltsam. Ein schwaches Zucken rein persönlicher Furcht pulsierte am Boden seiner hehren und strahlenden Vision. Oder auch nicht so seltsam. Wie fern war er schließlich seinem eigenen kleinen Leben – und wie hoch oben! Zum Gehen mußte man den Boden unmittelbar unter den Füßen sehen, und durch solche Brillen zu sehen glich einem Gehen auf meilenhohen Stelzen. Ach, wie war der Anblick prächtig! Noch nie hatte er so weit oder so viel gesehen! Er konnte sich nicht satt sehen daran, noch nicht. Diese günstige Stellung war so großartig, die Perspektive so aufheiternd – eine Heiterkeit, die sich vielleicht kaum von den Beethovenklängen unterschied, mit denen der übernatürliche Klavierspieler nun das Haus erfüllte: aufrüttelnde Melodien, die ihm in Brust und Gliedern pochten … und im Kopf ebenso, denn dieser fühlte sich an, als wollte er sich ausdehnen und mit dem Beispiel jener fernen Nachfahren wetteifern.
    Nach oben und nach außen blickend, wurde er jetzt der unzähligen Welten der Galaxis gewahr. Diese Welten waren so zahlreich wie der Sand an den Küsten des Roten Meeres, und es wimmelte darin von Myriaden von Formen intelligenten Lebens. Ab und zu fing er das Glitzern silbriger Schiffe ein, die, Fäden von Feuer hinter sich herziehend, wie Nadeln zwischen ihnen umherflitzten. Seine faszinierten Augen bemühten sich, immer weiter in diese pfadlosen Weiten der Leere zu sehen, die keine Leere war, sondern der blendende Anblick von Sonnen und Planeten. Er erblickte Xtl, wie er sich bewegungslos am Busen des Weltraums ausstreckte. Er erblickte Trantor und jene Welt, auf der es immerzu oder nahezu immer heller Tag ist. Er erblickte die Welt der Gestaltwandler und die trostlose Welt, auf der Coeurl umherschweifte. Er erblickte die Welt der Sam-Mütter und die Welt, von der die Tharoo herkamen. So ungeheuerlich dies jedoch auch alles war - dieses Gewimmel von Planeten, Sonnen, Kometen, strahlenden Wolken -; allmählich fiel ihm auf (mit welch unbeschreiblichem, ihm zu Kopf schießendem Gefühl!), daß sie selbst nur die Atome eines noch größeren Universums waren. Und als er so aufmerksam nach oben spähte, wobei er beinahe das Gefühl hatte, als würde er kopfüber nach vorn und nach oben gezogen, nahm er verschwommen die Umrisse jener Kolossalwelt wahr … denn die Atome, die die Sterne dieses Universums waren, bildeten Stühle, einen Tisch, ein Bett, Bücherregale, die aus Apfelsinenkisten hergestellt zu sein schienen, und ein oder zwei aufragende menschenähnliche Gestalten …
    Die Ferne und die Höhe des Gesehenen wirkten jedoch plötzlich schwindelerregend, und alles drehte sich gefährlich um ihn. Die Sterne wippten und rotierten um ihn, schossen vorbei und verblaßten vor der Finsternis. Die Zwischenräume der subatomaren Universen gähnten ihm zu Füßen. Der linke Fuß glitt aus, suchte nach Halt … aber noch immer konnte er es nicht lassen, konnte er auf diese weitreichende Sicht nicht verzichten. Taumelnd bewahrte er sein mühsames Gleichgewicht so gut es ging, die Augen traten ihm so weit hervor, daß sie beinahe die Gläser zu berühren schienen. Er starrte in die Höhe, denn diese aufragenden menschenähnlichen Formen, die
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