Komponente Calthur
Anweisungen zu geben.
Wenn man schon zwei gefährliche Anarchisten in deren Geheimstützpunkt bringt, weil man von ihnen wissen will, wie dieses und jenes funktioniert, so sind Absicherungen aller Art notwendig. Wir hatten sie nicht übersehen dürfen.
Um so mehr hatten wir auf der Hut zu sein. Die Planung war lückenlos, bis ins letzte Detail besprochen und enthielt auch eini ge Ausweichlösungen. Sie sollten angewendet werden, wenn es zu unvorhersehbaren Zwischenfällen kam. Ich hoffte, nichts dergleichen erleben zu müssen.
Unsere Aufgabe bestand darin, einen noch unbekannten Geg ner aufzuspüren. Die angebliche Flucht aus dem GWA-Gewahrsam war eine Episode, die der Gegner durch die Beeinflussung unseres Großrechners PLATO erzwungen hatte. Es schien ein Fall der Kompromisse zu werden. Er war ungewöhnlich und sprengte den Rahmen aller Erfahrungen.
TS-19 trug unter dem halbtransparenten Druckhelm die vorschriftsmäßige Dienstmaske der GWA. Die auf seinem Raumanzug prangenden Symbole waren ebenfalls nicht zu übersehen.
Alle anderen Primär-Mitarbeiter, wie wir sie nannten, waren schon vor unserem Abflug in Stellung gegangen. Sie hatten vier Tage lang Zeit gehabt, all meine Forderungen zu erfüllen und auch einige Funktionstests durchzuführen.
Unser angeblicher Ausbruch mußte nicht nur glaubwürdig, sondern auch Toterlays Wesensart entsprechend dargestellt werden.
Das bedingte, daß wir uns in wirkliche Lebensgefahr zu begeben hatten. Mit einem stillschweigenden »Laufenlassen« wäre uns nicht gedient gewesen. Wir hatten eine Schau voller Dramatik und Logik zu gestalten.
TS-19 richtete sich danach. Er kontrollierte persönlich die Funktionsanzeigen meines Lebenserhaltungssystems.
Dabei hatte man mir zwangsläufig einen gewissen Vorteil einräumen müssen! Wir hatten dafür gesorgt, daß dies den internationalen Berichterstattern bekanntgeworden war. Auch jetzt standen zwei Mann mit tragbaren Mikrokameras bereit, um ihre Live-Aufnahmen mit Hilfe der Mond-Raumstationen nach Luna-Port und anderen Niederlassungen abzustrahlen. Von dort aus würde man die Sendung zur fernen Erde überspielen können.
Da die Kameras mitsamt der Funksprech-Abtastung soeben zu laufen begannen, konnten wir uns kein vertrauliches Wort mehr erlauben. Es wurde ernst!
»Wenn du mich ersticken läßt, GWA-Lümmel, wird dir dein Chef den Kopf abreißen«, fuhr ich TS-19 an. »Mein Druckpanzer ist beschädigt. Warum stellt man mir keinen anderen zur Verfügung? Warum nicht, Bube?«
Der Captain starrte mich unbewegt an. Seine Antwort war in allen Helmlautsprechern einwandfrei zu hören. Die Empfänger der Bildkameras nahmen sie ebenfalls auf.
»Raumanzüge, in die Ihr Körper hineinpaßt, Professor, sind leider nicht vorrätig. Sie müssen sich wohl oder übel mit Ihrer eigenen Sonderanfertigung begnügen. Für Quasimodo gilt der gleiche Faktor. Wir werden uns an die Abmachungen halten, es sei denn, Sie handeln wider die Spielregeln. Ich werde persönlich mit schußbereiter Waffe hinter Ihnen bleiben. Hinter Ihnen, haben Sie das verstanden?«
Ich lachte lautstark.
»Der Lümmel mit der Detothermspritze«, höhnte ich. Der ech te Toterlay hätte sich nicht anders verhalten. »Würdest du mir in den Rücken schießen?«
»Wenn es sein muß, vierundzwanzigmal«, entgegnete er eisig. »So viele Projektile enthält mein Magazin. Ich warne Sie nochmals, Toterlay. Wir lassen uns auf keine unsauberen Mätzchen ein. Ihr Druckpanzer ist in Ordnung. Sie werden weder ersticken noch einen Druckverlust erleiden. Schleusenkommando – fertigmachen. Toterlay, Sie betreten die Rampe erst dann, wenn zehn meiner Männer draußen sind.«
Ich stieß eine Serie von Verwünschungen aus. Quasimodo hustete laut und schrill. Seine pfeifenden Atemzüge waren gut zu hören. Das war wichtig, denn nur er hatte einen absolut plausiblen Grund, an der richtigen Stelle zu Boden zu stürzen. Seine körperlichen Unzulänglichkeiten waren auch dem Gegner bekannt.
Das Kommando verließ die Fähre. Auf der Mondrückseite war es strahlend hell. Hier war vor drei Stunden die Sonne aufgegangen. Sie stand tief am Horizont und wirkte inmitten der allgegenwärtigen Schwärze des Alls wie das glühende Auge eines Überriesen.
Ich verließ die Schleuse und schritt die ausgefahrene Rampe hinunter. Hannibal folgte mir mit seinen unbeholfen wirkenden Schritten. Wir wußten, daß der echte Quasimodo – falls erforderlich – sehr schnell und behende sein konnte, aber das
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