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kommt wie gerufen

kommt wie gerufen

Titel: kommt wie gerufen
Autoren: Dorothy Gilman
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Wütend starrte er den Dschinn an, dann fiel sein Blick auf die Männer im Motorboot, und seine Augen wurden schmal, als er ihre Uniformen erkannte. Verwirrt und ratlos sah er wieder zu Farrell, der ins Boot kletterte, dann auf die Polizisten.
    Dann entschied er, daß er sich in einer unlösbaren Situation befand und wählte einen vernünftigen Ausweg. Er sprang ins Wasser und schwamm zurück zum Anlegeplatz.
    »Nein, nein, kommen Sie zurück«, flehte Mrs. Pollifax, als sie ihn durch ihre Finger schlüpfen sah.
    Das verlassene Steuerruder drehte sich langsam seitlich und plötzlich füllten sich die Segel mit einer Bö, daß die Rah umstürzte und eine Seite des Bootes hochhob, und alles, was nicht niet-und nagelfest war, übers Deck schlitterte.
    »Ruderpinne festhalten!« schrie Farrell vom Bug her.
    »Was ist eine Ruderpinne?« schrie Mrs. Pollifax zurück.
    »Das Ding dort – so halten Sie es doch endlich fest!«
    Mrs. Pollifax bekam den langen glatten Holzarm zu fassen, der aus dem Deck aufragte, und ließ ihn nicht mehr los. Der Wind verfing sich kräftig in den haltlos flatternden Segeln, daß das Boot umzuschlagen drohte. Einzig die Londra bewahrte sie vor dem Kentern, denn der Dschinn hielt sie mit beiden Händen fest, und die beiden Polizisten klammerten sich wie Kletten an die gegenüberliegende Bootswand der Londra. Eine Sekunde vorher hatte einer der Polizisten begonnen, über den Kahn ins Segelboot zu klettern. Nun stand er mit einem Fuß in der Londra, mit dem zweiten noch im Polizeiboot, fuhr mit einem Ruck hoch, ruderte mit beiden Armen wild durch die Luft und fiel schließlich auf den Boden der Londra.
    Sofort hatte der zweite Mann hinter dem Steuerrad des Motorbootes einen Revolver hervorgerissen und schoß über das Boot hinweg auf den Dschinn. Farrell erwiderte das Feuer, und der Polizist sank über dem Steuer zusammen. Mrs. Pollifax schrie auf, denn der in der Londra gestürzte Polizist hatte sich aufgekniet und zielte mit seinem Revolver auf Farrell. »Schießen Sie«, brüllte sie Farrell an, und Farrell und der Polizist drückten gleichzeitig ab.
    Während des Feuerwechsels hatten sich die Finger des Dschinns von der Londra gelöst, die ihnen als Anker gedient hatte. Da sie nun keinerlei Halt mehr hatten, spannte sich die Vertakelung, die Segel strafften sich, und der Wind trieb sie so unerwartet plötzlich ins Meer hinaus, daß Farrell quer über den Dschinn aufs Deck fiel. Mrs. Pollifax umklammerte krampfhaft das Steuerruder und schrie um Hilfe.
    »Lassen Sie die Ruderpinne los! Loslassen!« brüllte Farrell, womit er Mrs. Pollifax gänzlich verwirrte, denn eben erst hatte er darauf bestanden, daß sie sie festhielt. Dennoch gehorchte sie, und es war ihr nun völlig schleierhaft, wieso das Schiff sich im Wind abfing und sein aberwitziges Tempo mäßigte. Neugierig fragte sie: »Wieso…«, und dann brach sie ab, denn Farrell richtete sich auf und starrte den Dschinn entsetzt an. »O nein«, flüsterte sie und schlug sich beide Hände vors Gesicht. Jetzt begriff sie, weshalb der Dschinn die Londra losgelassen hatte.
    Sie kroch über die Tauwinden und kniete neben ihm nieder. »Ist er tot?«
    Farrell bettete das Haupt des Dschinns sanft in seinen Schoß. »Tot nicht, aber sehr, sehr schwer verletzt.«
    »Mein Gott, Sie sind ja auch verwundet«, sagte sie und sah, wie an Farrells Schulter das Blut aus dem Ärmel quoll.
    Er nickte. »Nicht ernsthaft, aber ich kann es nicht riskieren, mich zu bewegen, und ich glaube, für den Dschinn wäre das auch nicht gesund. Herzogin, Sie werden das Boot bedienen müssen.«
    »Ich?« stammelte Mrs. Pollifax entsetzt. »Ich?«
    »Ich sage Ihnen jeden Handgriff vor«, tröstete er sie. »Sie dürfen jetzt nicht die Nerven verlieren, Herzogin, es ist Ihnen doch klar, wie nahe unsere Rettung schon ist, nicht wahr?«
    »Ich will es versuchen«, nickte sie ergeben und wischte sich eine Träne von der Wange. »Ich kann mir nicht helfen, ich muß weinen, ich bin so müde.«
    »Mir unverständlich«, erwiderte er trocken. Als sie mit steifen Knien zum Steuer kroch, fragte er gleichmütig: »Haben Sie eine Ahnung, ob ich den Burschen in der Londra getroffen habe?«
    Mrs. Pollifax blickte zurück. »Die Boote sind noch da und schaukeln nebeneinander im Wasser. Aus der Londra hebt sich kein Kopf. Sie werden ihn wohl verwundet haben.«
    Farrell nickte. »Vielleicht dauert es nicht lange, ehe man die beiden Boote entdeckt, in denen je ein verwundeter oder toter Polizist
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