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kommt wie gerufen

kommt wie gerufen

Titel: kommt wie gerufen
Autoren: Dorothy Gilman
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zur Antwort und erhob sich von ihrem Stuhl. »Ich bin Emily Pollifax, und das hier ist Mr. Farrell, der ein gebrochenes Bein, eine frische Schußverletzung in der Schulter und eine alte im Arm hat. Und dieser Mann…« Sie sah auf den Dschinn, der den Arzt mit leeren Augen anblickte. »Wer er ist, wissen wir nicht, aber wir haben ihn auf jeden Fall mitgenommen. Er ist ein sehr merkwürdiger, aber anstelliger Chinese, der englisch spricht, nur hat er uns das lange Zeit verschwiegen.«
    »So? Das ist interessant.« Halstead ging zum Bett und sah über die Schulter des Arztes auf den Dschinn hinab. »Hat er Ihnen keinerlei Hinweise gegeben? Wissen Sie überhaupt nichts von ihm?«
    »Anfangs habe ich ihm nicht getraut«, mengte Farrell sich ein. »Er uns übrigens auch nicht, was eine Unverschämtheit ist. Aber Kommunist ist er keiner, und er hat uns aus einer sehr brenzligen Lage gerettet.«
    Langsam sagte Mrs. Pollifax: »Ja, und als ich mich gestern für den Fall, daß ihm etwas zustoßen sollte, nach seiner Familie erkundigte, hat er nur in sich hineingelacht und gesagt, er würde keinem Menschen fehlen, denn man hat schon vor zwei Jahren für ihn die Seelenmesse gelesen. Er ist schon lange tot, hat er gesagt.«
    Halstead runzelte die Stirn. »Irgendwie kommt er mir unheimlich bekannt vor. Wie geht es ihm denn, Bill, kann ich ihm ein paar Fragen stellen?«
    Der Arzt zog das Hörrohr aus seinen Ohren. »In den nächsten ein bis zwei Tagen nicht, bedaure. Er muß sofort behandelt werden und braucht die beste Pflege, aber er ist transportfähig. Wir bringen ihn mit dem Krankenwagen direkt ins Spital und werden ihn operieren.«
    »Wird er leben?« fragte Mrs. Pollifax besorgt.
    »Das wichtigste ist, daß einmal die Kugel entfernt wird, und das wird nicht ganz einfach sein. Danach werde ich Ihnen schon mehr sagen können. Wenn nichts Unvorhergesehenes eintritt, wird er bestimmt am Leben bleiben.«
    »Da bin ich aber froh«, sagte Mrs. Pollifax aufrichtig.
    Der Arzt nickte nur. »Es klingt, als ob wir anlegten. Der Sanitätswagen wartet bereits und ich lasse gleich eine Tragbahre kommen, dann sehe ich mir Sie einmal an, Mr. Farrell.«
    Der sagte vergnügt: »Das hat Zeit. Mir wird direkt etwas fehlen, wenn nicht irgendwo in mir eine Kugel steckt.« Er betrachtete Halstead, der den Dschinn unverwandt ansah. »Sie haben ihn erkannt, nicht wahr?« Das war eine Feststellung und keine Frage.
    »Gut beobachtet«, antwortete Halstead, ohne sich umzudrehen.
    »Bloß ist >erkannt< nicht das richtige Wort, mir ist nur, als hätte ich ihn schon gesehen. Wenn ich mich doch – Du lieber Schreck«, rief er und schnalzte mit den Fingern. »Dr. Lee Tsung Howell!«
    »Wie bitte?« stammelte Mrs. Pollifax.
    »Sehr abgemagert, natürlich, deshalb habe ich es nicht gleich bemerkt. Du lieber Himmel, und er ist genau vor zwei Jahren verschwunden – das deckt sich –, und es wurde wirklich eine Gedenkfeier für ihn veranstaltet. Alles sprach dafür, daß er von den Rotchinesen ermordet worden ist. Es gab sogar zwei glaubwürdige Zeugen, die bestätigten, daß man ihn ermordet hat und seine Mörder die Leiche mitgenommen haben.«
    Mrs. Pollifax und Farrell sahen ihren Dschinn erstaunt an. »Wer ist er?« fragte Mrs. Pollifax.
    »Und was?» wollte Farrell wissen.
    »Dr. Howell, der Forscher. Großartiger Mann. In China geboren, Vater Engländer, Mutter Chinesin. Englischer Staatsbürger. Beging vor zwei Jahren den Fehler, nach Hongkong zu reisen. Damals wurde er angeblich ermordet. In Wirklichkeit hat man ihn entführt.«
    Ungläubig sagte Farrell: »Soll das heißen, daß er der Dr. Howell ist? Der Protein-Mann?«
    »Bitte«, verlangte Mrs. Pollifax ungeduldig, »bitte, möchten Sie mir nicht verraten, wovon Sie eigentlich reden und weshalb man einen Protein-Mann zwei Jahre lang in Albanien gefangengehalten hat?«
    »Nahrungsmittel«, sagte Halstead. »Nichts hat China für seine unterernährten Millionen Menschen nötiger. Nahrungsmittel sind ihm wichtiger als Kommunismus, Waffen, Heere und Fabriken. Wenn ich Ihnen sage, daß Dr. Howell zum Zeitpunkt des Verschwindens an einem Verfahren gearbeitet hat, mit dem man Protein aus jedem gewöhnlichen Unkraut gewinnen kann – ein Protein, das Hunderte Menschen um den Preis weniger Pennies ernähren würde –, begreifen Sie dann das Interesse Rotchinas an diesem Mann?«
    Farrell pfiff vor sich hin.
    »Allerdings haben sie es großartig verstanden, ihre Spuren zu verwischen«, fuhr Halstead mit
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