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Kommt Schnee

Kommt Schnee

Titel: Kommt Schnee
Autoren: Roger Aeschbacher
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abbrechen? Würde er alle vier hier umbringen? Glaubte er wirklich, damit durchzukommen? Ein Blick in Windlers irrlichternde Augen gab Baumer die schaurige Gewissheit. Windler würde das hier blutig zu Ende bringen. »Weiterreden, weiterreden«, machte sich Baumer Mut, um die einsetzende Lähmung zu überwinden. Er schluckte und sagte dann mit erstaunlich fester Stimme: »Zwei unschuldige Leute sind an Ihrem sauberen Stoff gestorben.«
    »Tja. Das kann’s halt geben«, antwortete Windler unbeeindruckt. »Stankovic, der Dummkopf, hat gemeint, er könne ein kleines Nebengeschäft betreiben. Zwackte ein wenig Stoff ab und vertrieb ihn selbst. Er hatte wohl seine kleine Marktausweitung im Sinn. Huere Mist! Der Vollidiot hat doch tatsächlich einen Beutel mit reinem Stoff erwischt. Ist allerdings wirklich dumm gelaufen. Das Zeugs ist im selben Beutel angeliefert worden, mit dem sonst der verschnittene Stoff kommt. Alles nur eine dumme Verwechslung.«
    »Nur eine dumme Verwechslung?«, fauchte der bleiche Regazzoni, und es kam wieder ein Schlag Farbe in sein Gesicht. »Sie Schwein sind schuld am Tod eines jungen Mädchens.«
    »Ich? Schuld? Mein lieber Herr. Wenn Tonis kleine Nutte mit Stankovic bumst, nur um an guten Stoff zu kommen ...« Windler beendete den Satz nicht. Er hatte aus den Augenwinkeln gesehen, wie Heinzmann sich ganz sachte zu drehen versuchte, um den Pistolenhalfter freizubekommen. Windler richtete die Waffe direkt auf Heinzmanns breite Brust und zischte ihn in scharfem Ton an. »Na, na, na. Ganz ruhig bleiben. Lassen Sie Ihre Fingerchen schön dort, wo ich sie sehen kann. Keine Dummheiten jetzt!«
    Heinzmann stoppte die Bewegung.
    »Und nun legen Sie Ihre Waffe auf den Tisch! Schön langsam, wenn ich bitten darf.«
    »Komm und hol sie dir doch.«
    »Waffe auf den Tisch legen!«
    »Wenn du sie willst, musst du sie dir holen.«
    Windlers Gesichtszüge wurden so scharf, wie die eines Pitbullterriers, der Blut gerochen hat. Danner hingegen traute sich nicht mal mehr zu blinzeln. Er starrte geradeaus. Auch Regazzoni erkannte die tödliche Gefahr und versteinerte. Er dachte an seine Freundin, sah sie vor sich, wie sie sich ausgiebig die Haare kämmte, und fragte sich, ob er sie je wiedersehen würde.
    Windler bewegte sich in Zeitlupe vorwärts: »Ganz ruhig, Heinzmann. Sie möchten doch weiter in der Nacht Besoffene nach Hause chauffieren können.«
    Was tun? Was tun?
    Windler ging vorsichtig auf Heinzmann zu. Er ging in genügendem Abstand und langsam hinter dem rechts von Heinzmann sitzenden Baumer vorbei.
    Baumer, der über seine rechte Schulter zu Windler gesehen hatte, drehte ebenso langsam, wie Windler hinter ihm entlangschlich, seinen Kopf und Oberkörper auf die andere Seite. Dabei rückte er scheinbar absichtslos näher an den Tisch, winkelte seine Arme immer stärker an. Die rechte Hand lag noch neben dem Becher mit heißem Kaffee, den er bisher nicht angerührt hatte. Das rechte Bein hatte Baumer während der Drehbewegung ein wenig zurückgezogen. Die Zehen des linken Fußes, den er ebenfalls ein Stück näher zu sich gezogen hatte, gruben sich in den Schuh, den er auf den Boden drückte.
    Windler blieb dicht neben Heinzmann stehen.
    Heinzmann hatte keine Chance einzugreifen, denn Windler wendete seine Waffe plötzlich auf Baumer. Er zielte mit der Waffe direkt auf dessen Bauch. Ein Bauchschuss, das wusste Heinzmann, würde lebenswichtige Organe verletzen, sicherlich schwerste innere Blutungen hervorrufen. Hätte Heinzmann jetzt eingegriffen, wäre sein Freund so gut wie tot gewesen.

    Tot!

    Was tun?
    Nichts tun! Weiter denken!
    »So ist’s recht, braver Hund«, lächelte der Chef der Basler Kriminalpolizei Heinzmann süffisant an. Er kostete es genüsslich aus, ihn ganz unter Kontrolle zu haben.
    Dann machte er einen raschen Blick auf die Sig-Sauer von Heinzmann. Sie war mit einem Lederriemen im Halter gesichert. Sofort blickte er wieder auf. Seine Waffe hielt er weiterhin auf Baumers Eingeweide gerichtet, während er Heinzmann ununterbrochen fixierte. Langsam bückte er sich hinunter, um mit der freien linken Hand Heinzmanns Waffe aus ihrem Halfter zu ziehen. Weil er den Druckknopf am Lederriemen nicht sofort zu fassen bekam, blickte er nach unten, um sich zu orientieren.
    Im selben Moment sprang Baumer auf. Er hatte den heißen schwarzen Kaffee gepackt und hechtete Windler so behände an, wie es sich nur ein ehemaliger Handballtorhüter traut, der einem mit bleckender Fratze in den Strafraum
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