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Kommt ein Löwe geflogen

Kommt ein Löwe geflogen

Titel: Kommt ein Löwe geflogen
Autoren: Max Kruse
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Sultanspantoffeln und dem Turban auf dem Kopf, eine Küchenschürze umgebunden, den Gasherd anzündete. »Ein wahres Vergnügen, eine Erholung sozusagen, selbst am Herd zu stehen, wenn man es gewohnt ist, daß jeden Morgen eine Menge Diener um einen herumschwirren und man sich würdevoll benehmen muß.« Er steckte sich eine Brotrinde in den Mund und kaute vergnügt darauf herum.
    »Das war das letzte Stückchen Brot, das im Haus war«, sagte das Kamel. »Ich habe vorhin alle Schränke durchsucht. Es ist nichts mehr da. Aber es ist ja gleich, ob wir hungern müssen, Hauptsache, du bist satt.«
    »Ach, wirklich?« sagte der Sultan. »Das tut mir leid.«
    »Ihr müßt Brot und Butter kaufen«, sagte Ra.
    »Und für mich eine Mohrrübe — oder etwas ähnlich Bescheidenes. Einen Kohlkopf etwa«, schlug das Kamel vor.
    »Und Marmelade und Honig«, sagte Totokatapi. »Viel Marmelade und Honig.«
    »Alles schön und gut«, murmelte der Sultan betreten. Er durchwühlte seine weiten Hosentaschen. »Aber ich habe wirklich nicht einen Pfennig Geld mehr. Alles auf dem Rundum-Rummelplatz ausgegeben.«
    »Wenn ihr jetzt Totokatapis Kaufhaus hättet, würdet ihr Geld genug haben«, sagte Ra. »Aber darin sitzt dieser falsche Totokatapi. Und wenn wir uns nicht beeilen, dann verkauft er das Kaufhaus.«
    »Ich verhungere!« sagte das Kamel.
    »Eine schöne Bescherung!« krähte Ra weiter. »Löwe ist im Zoo gefangen, und ihr habt kein Geld, und Dok, Kim und Pips sind wer weiß wo. Ich muß unbedingt wegfliegen und nach ihnen suchen.«
    »Das mußt du!« bestätigte der Sultan. »Und wir müssen schleunigst Geld verdienen und etwas zu essen bekommen, sonst verhungern wir alle, es sei denn, daß wir das Kamel schlachten.«
    »Ganz wie es dir beliebt!« meinte das Kamel beleidigt.
    »Ich bin nie besonders geschickt darin gewesen, Geld zu verdienen«, sagte Totokatapi. »Schlachten wir also das Kamel.«
    Ra hüpfte auf den Teekessel, sprang aber gleich wieder herunter, weil er sich die Füße verbrannt hatte, und flog auf den Wasserhahn. »Wir machen jetzt einen Plan«, krähte er. »Ich fliege davon, um Dok, Kim und Pips zu suchen. Wahrscheinlich sind sie noch auf der Leuchtturminsel, liegen in der Sonne und lassen es sich gutgehen. Sie müssen sofort eine Botschaft bekommen. Eine recht aufregende Botschaft. Und ihr verdient euch Geld zum Frühstück und Mittagessen.«
    »Aber wie?« fragte der Sultan.
    »Kannst du singen?« fragte Ra.
    »Herrlich!« sagte der Sultan.
    »Und das Kamel?« fragte Ra.
    »Leidlich«, meinte der Sultan.
    »Ich habe die schönste Stimme, die ein Kamel nur haben kann!« verteidigte sich das Kamel.
    »Hervorragend«, lobte Ra. »Dann zieht ihr durch die Straßen der kleinen Stadt Irgendwo. Als Straßensänger. Totokatapi spielt auf dem Cello, das Kamel und der Sultan singen, und die Leute werfen euch Geld und Butterbrote aus den Fenstern.«
    »Auch Bananen und Mohrrüben?« fragte das Kamel.
    »Auch Salatköpfe«, sagte Ra. »Viel Glück!« Er breitete seine Flügel aus und flog aus dem Fenster, um Dok, Kim und Pips auf der Weite des Ozeans oder auf der Leuchtturminsel zu suchen.
    Schade, daß er weg war. Denn er war das einzige Wesen, das Frau Wißtihrschon und andere wichtige Personen der Stadt kannte und ihnen sagen konnte, daß der echte Totokatapi wirklich der echte Totokatapi war.
    An diesem Morgen war Frau Wißtihrschon nämlich sehr unruhig aufgewacht, und es war ihr gleich wieder eingefallen, daß das Krokodil los war. Vor Schreck hatte sie nachgesehen, ob es nicht unter ihrem Bett lag und ob alle Türen und Fenster fest verschlossen waren.
    »Keinen Fuß setze ich vor die Haustür«, murmelte sie. »Ich muß die Polizei anrufen.«
    Auch der Polizist Poch war schon sehr früh aufgestanden und hatte sich in der Polizeistube hinter das große, dicke Notizbuch gesetzt und alle Feststellungen, die er damals gemacht hatte, als überall gestohlen wurde, eifrig studiert.
    Dann war er in seinem alten grünen Auto in den Zoo gefahren. Der Zoonachtwächter hatte ihm mit zitternden Händen und käsebleichem Gesicht das Tor aufgeschlossen und gestammelt: »Ein Gespenst, ein Gespenst! Der Löwe ist ein Kamel, und er ist nicht im Käfig, sondern er läuft auf der Wiese herum, und vor dem Löwenhaus liegt ein großer Teppich und...«
    »Unsinn«, sagte der Polizist Poch entschlossen. »Das werden wir gleich haben.«
    Er ging vor den Löwenkäfig und sah, daß Löwe genauso wie gestern nacht vor der Kiste hinter den
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