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Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Kommissar Morry - Terror um Mitternacht

Titel: Kommissar Morry - Terror um Mitternacht
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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muß durchgestoßen werden.“
    Er holte ein Taschenmesser hervor, klappte es auf und operierte einige Sekunden sehr geschickt an der Tür herum.
    „Das wäre geschafft", meinte er dann. „Schließen Sie auf.“
    „Ich habe Angst“, gestand Chloe und trat zurück. „Es ist besser, wenn einer der Herren öffnet...“
    „Okay“, sagte Randy.
    Als er die Tür aufstieß, fuhr ihnen ein scharfer Luftzug entgegen. Die Balkontür des Obersten stand weit offen. In diesem Moment kam das Licht wieder. Der Raum war hell erleuchtet. Der Oberst befand sich nicht darin. Das Bett war nicht berührt. Auf dem Schreibtisch lag ein Tagebuch. Es war geöffnet. Spencer blickte auf die steilen, großen Buchstaben.
    „Es ist wie ein Rausch“, stand dort. „Diese wilde Explosion der Naturkräfte, diese Schlacht der Elemente; ich möchte darin baden wie in einem Kugelregen. Es gibt nichts Schöneres, als ein Gewitter auf den Klippen, es gibt nichts Herrlicheres, als mit weit ausgebreiteten Armen auf dem Balkon zu stehen, das Gesicht der göttlichen Vitalität zugewandt, gebadet in Regen und Entzücken, den Geschmack des Salzes auf der Zunge, und das Wiedererwachen des alten Kampfgeistes im Herzen..."
    Das war alles. Es war ein bißchen romantisch für Spencers Geschmack, aber es erklärte ihm, was geschehen , war.
    Der Oberst war nach dem Schreiben dieser Zeilen auf den Balkon getreten, ganz erfüllt von jenem Hochgefühl, das er seinem Tagebuch anvertraut hatte. Irgendwie mußte er die Balance verloren oder sich zu weit über die Brüstung gebeugt haben... jedenfalls war er plötzlich in die Tiefe gestürzt.
    Chloe, Mrs. Butterfield und Randy waren auf den Balkon getreten und starrten in die Tiefe. Natürlich konnten sie nichts sehen. Spencer trat vom Schreibtisch zurück.
    „Kommen Sie herein und lesen Sie das, bitte“, sagte er.
    Die drei Menschen folgten seiner Aufforderung. Als Randy sich über das Tagebuch beugte, zuckte Spencer plötzlich leicht zusammen. Randy hielt eine Hand in der Hosentasche. Dadurch war das Jackett etwas nach oben gerutscht und gab die klaren Konturen einer Pistole frei, die in seiner Gesäßtasche steckte. Spencer straffte sich.
    Als er den Fremden in dieser gebückten Haltung stehen sah, kam ihm die Erleuchtung. In der gleichen Haltung hatte er den Mann schon einmal gesehen... als einen von Morris' Druckereiarbeitern, der sich über einen Setzkasten gebeugt hatte.
    Spencer hatte ein gutes Gedächtnis für Gesichter. Er hielt es für ausgeschlossen, daß er sich täuschte.
    Sie hatten ihn also bereits aufgespürt. Dieser Mann, der so geschickt mit dem Taschenmesser umzugehen verstand, war dazu bestimmt worden, ihn zu fassen.
    Spencer lächelte plötzlich. Er empfand keine Furcht, eher Dankbarkeit.
    Mit dem Mann, der nach seinem Leben trachtete, war ihm endlich ein Beweis in die Hand gegeben... jener Beweis, den er zu oft und zu lange vergeblich gesucht hatte.
    „Na, und?“ sagte Randy verständnislos. Er richtete sich auf und wandte sich um.
    „Der Oberst ist vom Balkon gestürzt, das ist doch klar“, meinte Spencer. „Jener Rausch, den er beschreibt, muß ihn zu einer unvorsichtigen Bewegung veranlaßt haben...“
    „Entsetzlich!“ flüsterte Chloe mit starren Lippen.
    „Das müssen die anderen sofort erfahren", sagte Mrs. Butterfield, die eine Hand auf ihren wogenden Busen gepreßt hielt.
    „Es genügt, wenn sie es nach dem Frühstück hören“, meinte Randy rasch. „Sonst können sie kein Auge mehr schließen. Finden Sie nicht auch, Madame?“ wandte er sich an Chloe.
    Chloe nickte. „Sie haben recht.“
    Randy atmete innerlich auf. Er brauchte jetzt Ruhe in der Pension, um seine Pläne zu erfüllen. Zum Glück hatte das Unwetter nachgelassen. Die Blitze zuckten nur noch matt und das Donnergrollen kam wie aus weiten Fernen. Der Regen fiel mit beruhigender Monotonie.
    „Müssen wir nicht die Polizei benachrichtigen?“ fragte Mrs. Butterfield plötzlich.
    „Es genügt, wenn das am Morgen geschieht“, versicherte Randy. „Jetzt können die doch nichts finden."
    „Aber was ist, wenn der arme Oberst nur schwer verletzt wurde... wenn er hilflos auf einem der Felsen liegt?“ fragte Chloe zitternd. „Wir können ihn doch unmöglich seinem Schicksal überlassen!“
    „Ihre Sorge ist durchaus verständlich“, schaltete sich Spencer ein. „Aber ein Mensch, der von hier oben in die Tiefe stürzt...“ Er schüttelte den Kopf, ohne den Satz auszusprechen.
    „Ich rufe trotzdem an!“
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