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Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Kommissar Morry - Der Judas von Sodom

Titel: Kommissar Morry - Der Judas von Sodom
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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begann wie Feuer auf ihrer Haut zu brennen. Er schnürte sich immer tiefer in den Hals. Er gönnte ihr keinen Atem mehr. Er nahm ihr das letzte Restchen Kraft. Sie befand sich bereits auf jener schmalen Schwelle, die das Leben vom Tod trennt, als sie rückwärts über das Geländer stürzte. Dumpf rauschten die Wellen auf. Eisig schlug die schwarze Flut über ihr zusammen. Kate Hugard ging sofort unter. Sie erlebte ihr gräßliches Ende nicht mehr mit klaren Gedanken. Es. war alles wie ein häßlicher Traum, wie eine beklemmende Fieberphantasie. Aber es gab kein Erwachen mehr aus diesen gespenstischen Träumen.

    2

    In Scotland Yard rüstete man sich zum Feierabend. Es ging auf fünf Uhr zu.
    Im Vorzimmer des Sonderdezernats räumte die Sekretärin ihren Schreibtisch auf. Dabei horchte sie ständig in das Chefzimmer hinein. Durch die ledergepolsterte Verbindungstür drang kein Laut. Gott sei Dank, dachte das brave Mädchen. Heute gibt es keine Besprechung mehr, die ich im Stenogramm festhalten müßte. Heute ist endlich einmal wieder pünktlich Dienstschluß. Sie hatte sich zu früh gefreut.Gerade, als sie ihre Puderdose aus der Handtasche nehmen wollte, klopfte es an der Tür. Es war Inspektor Rhonda von der Mordkommission, der im nächsten Moment über die Schwelle schritt.
    „Kann ich den Kommissar sprechen?“ fragte er hastig.
    Die junge Dame biß sich ärgerlich auf die Lippen. „Hätten Sie nicht früher kommen können, Inspektor? Ist es denn so wichtig? Hat es nicht bis morgen Zeit?“
    „Ausgeschlossen!“ knurrte Inspektor Rhonda ungeduldig. Er war schon an der Verbindungstür. Er nahm sich kaum Zeit zum Klopfen. Rasch drückte er die Klinke nieder. Im nächsten Moment stellte er erleichtert fest, daß Kommissar Morry allein hinter dem Schreibtisch saß. Er hatte keinen Besucher bei sich. Er arbeitete auch nicht. Nachdenklich blickte er durch die Fensterscheiben in den sinkenden Abend hinaus.
    „Störe ich, Sir?“ fragte Inspektor Rhonda bescheiden.
    „Nein, durchaus nicht. Kommen Sie! Nehmen Sie Platz! Hoffentlich bringen Sie keine schlechten Nachrichten?“
    Inspektor Rhonda zuckte mit den Achseln und blieb dann in straffer Haltung vor dem Schreibtisch stehen. Er brachte noch nicht einmal die Geduld auf, in dem angebotenen Sessel Platz zu nehmen. Seine Augen richteten sich mit der üblichen Demut auf den berühmten Vorgesetzten.
    „Ich bitte Sie, Sir“, stieß er hervor, „mich sofort zum Sodom Wall zu begleiten. Sie kennen doch diese berüchtigte Ufergasse in Wapping. Die Strompolizei konnte in den Nachmittagsstunden die Leiche eines jungen Mädchens bergen. Der Körper war diesmal nicht abgetrieben worden. Er hat nach den Aussagen des Arztes nur wenige Stunden im Wasser gelegen. Bisher konnten wir die Tote nicht identifizieren. Die Beamten wollen auf Ihr Erscheinen warten.“
    Kommissar Morry blickte noch immer zum Fenster hinaus. Das schmale gebräunte Gesicht blieb ruhig und unbewegt. Es wirkte ziemlich gleichgültig. Wie jung er noch ist, dachte Inspektor Rhonda mit ein wenig Neid. Er sitzt doch auch schon so lange hinter einem Schreibtisch wie wir. Er hat hundertmal sein Leben aufs Spiel gesetzt. Und dennoch könnte man glauben, er käme als frischgebackener Polizeioffizier von der Kriminalschule.
    „Selbstmord?“
    „Wie bitte?“ Inspektor Rhonda schreckte jäh aus seinen Gedanken auf.
    „Ich fragte, ob es sich auch diesmal um einen Selbstmord handelt. Bei den drei Frauenspersonen, die man bisher am Sodom Wall aus dem Wasser zog, wurde doch Selbstmord angenommen. Wissen Sie das nicht?“
    „Doch“, stotterte Inspektor Rhonda. „Natürlich weiß ich das, Sir. Aber diesmal ist es etwas anderes. Wir fanden Verletzungen am Körper der Toten. Sie ist anscheinend von ihrem Sturz ins Wasser . . .“
    „Verletzungen fand man auch bei den vorherigen Todesopfern“, murmelte Kommissar Morry geistesabwesend. „Sie erinnern sich doch, Rhonda? Wir entdeckten Kopfwunden und Hautabschürfungen. Zum Teil waren es sehr schwere Wunden.“
    „Richtig, Sir“, nickte Inspektor Rhonda aufgeregt. „Ich machte mir auch meine Gedanken darüber. Aber die Ärzte und Sachverständigen meinten jedesmal, die Verletzungen könnten vom Sturz herrühren. Bei den früheren Opfern dauerte es wochenlang, bis die Leichen angetrieben wurden. Sie waren stark in Verwesung übergegangen. Man konnte die Art der Verletzungen nicht mehr genau unterscheiden. Aber diesmal. Jetzt endlich wandte Kommissar Morry den Blick
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