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Komm zurueck, Como

Titel: Komm zurueck, Como
Autoren: Steven Winn
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Hirtenhund sein. Oder vielleicht ein Laika.« Und dann, mit immer noch auf die Anschlagtafel gerichtetem Blick, sagte sie mit leiser Stimme: » Ich will diesen Hund nicht, Daddy. Estasy.« Sie sprach den Namen ohne c aus, sodass er wie » Ess-tä-sie« klang, als würde langsam Luft aus einem Ballon entweichen.
    Ich wusste, wie schwer es für Phoebe gewesen sein musste, mir das zu sagen. Wieder einmal ließ sie die Gelegenheit verstreichen, einen Hund zu bekommen. Sie wusste nicht genau, was ihr an diesem Hund nicht gefiel, wusste nicht einmal, ob ihr jemals der Richtige begegnen würde. Und sie fürchtete, mich enttäuscht zu haben, versuchte um jeden Preis, nicht zu weinen. Ich war furchtbar stolz auf sie, fühlte mich aber auch elend angesichts dessen, was sie und wir alle hier durchmachten. Sally und ich warfen uns über dem Kopf unserer Tochter einen kurzen, hilflosen Blick zu.
    » Gehen wir«, schlug ich vor. » Wer will ein Eis auf dem Nachhauseweg?«
    » Ich, ich«, rief Sally. Dies taten wir oft, wenn unsere Tochter, ein Einzelkind, traurig war. Wir verhielten uns selbst wie Kinder, um sie aus ihrer schlechten Stimmung herauszuholen, die uns in ihrer Eindimensionalität einfach nur Angst machte. Phoebe ging hinter uns zum Wagen und setzte sich genau so auf die Rückbank, dass ich ihr Gesicht nicht im Rückspiegel sehen konnte.
    Mit unseren Eistüten in der Hand standen wir vor dem Eisladen und beobachteten die Flugzeuge, die über der Bucht zur Landung auf dem San Francisco International Airport ansetzten. » Da oben waren wir auch vor ein paar Wochen.« Ich erinnerte mich an unseren Rückflug von Missouri, wo wir meine Verwandten besucht hatten. Keine Antwort. » Das hier ist ziemlich gut«, unternahm ich den zweiten Anlauf und deutete mit meinem Plastiklöffel auf mein Karamell-Pekannuss-Eis. » Aber nichts im Vergleich zum Winstead’s Malz.«
    » Warum müssen wir immer da reingehen?«, fragte Phoebe. Sie meinte die berühmte » Steakburger«-Bude von Kansas City.
    » Als würde es dich stören«, erwiderte ich. » Ich habe nie gehört, dass du dich über die Pommes beschwert hättest.«
    » Die Zwiebelringe sind das Entscheidende«, warf Sally ein.
    » Das ist totaler Stuss«, hielt Phoebe dagegen.
    Sie kabbelten sich noch eine Weile fröhlich über dieses unerschöpfliche Thema, bevor sie sich auf mich einschossen, weil wir wegen mir beinahe den Rückflug verpasst hatten, da ich in letzter Minute noch schnell ins Winstead’s gehen wollte. Das war gut. Unseren letzten missglückten Versuch zum Thema Hunde hatten wir für diesen Tag hinter uns. Auf der Heimfahrt überlegten Sally und Phoebe, später ins YMCA schwimmen zu gehen.
    Ich war froh, dass sich die gedrückte Stimmung aufgelockert hatte und dass meine Frau und meine Tochter auf dem Nachhauseweg eifrig miteinander plauderten. Zum Abendessen lagerten im Kühlschrank ein paar bescheidene Reste, was hieß, wir konnten uns Zeit lassen, weil wir nicht kochen mussten, bevor meine beiden Frauen zum Schwimmen gehen würden. Doch als ich nördlich am Flughafen vorbei und über die 380 der weißen Nebelhaube entgegenfuhr, die im Sommer oft über San Francisco liegt, wanderten meine Gedanken zurück zu diesem lammfrommen Hund mit dem leicht abwesenden Blick, den wir uns im Tierheim angesehen hatten.
    Vermutlich wusste ich insgeheim, dass Ecstasy nicht der richtige Hund für uns war. Vielleicht war sie für niemanden der richtige Hund. » Kinderlieb« könnte, wie mir klar wurde, auch » katatonisch«, » nahezu hirntot« oder » benötigt regelmäßige Wiederbelebungsversuche« heißen. Dennoch, irgendwie hatte ich den Eindruck, dass wir eine Gelegenheit versäumt hatten.
    Vielleicht wären wir die einzige Familie gewesen, die Ecstasy aus ihrer Schale hätte locken und die Perle der Liebe und Anhänglichkeit freilegen können, die auch im unmöglichsten Hund verborgen ist. Vielleicht war ihr besonders unpassender Name ein Hinweis und forderte uns auf, die Antriebskraft und Freude zu wecken, die sich in diesem » unekstatischen« Hund verbarg.
    Am Stonestown-Einkaufszentrum gerieten wir in die Nebelglocke und fuhren dann die Nineteenth Avenue hinauf.
    Niemand von uns hätte es an diesem Nachmittag vermutet, als die klamme Luft um uns herumwirbelte und die bunten Reihenhäuser an uns vorbeizogen, doch bald schon würden wir wieder in dieses Tierheim nach Redwood City fahren, voller Hoffnung, aber ohne die Sicherheit, dass sich aus diesem Besuch etwas ergeben
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