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Komische Voegel

Komische Voegel

Titel: Komische Voegel
Autoren: Gerbrand Bakker
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(der Arbeitstag soll von 10:00 Uhr bis 19:00 Uhr dauern). Außerdem wurde ein freier Tag eingeführt, der Freitag. Er dient den Eseln als Ruhetag und für eventuelle Tierarztbesuche. Sollte sich herausstellen, daß einer der zweihundert Esel nicht gesund ist, kann der Besitzer des betreffenden Tieres seine Lizenz verlieren.
    Nun warten wir noch auf Kanarienvögel in den Vorständen von Futterherstellern, kostenlose Physiotherapie für Störche mit verbogenen Schnäbeln (in den Niederlanden kommen pro Tag etwa fünfhundert Babys zur Welt) und na
türlich die Verteilung von Zeckenzangen an Schafe. Wenn wir all das haben, ist die Welt perfekt.
    Ach ja, Gerüche!
    Donnerstag, 4. August 2005
    Heute nachmittag nach langer Pause die Zwergotter in Artis. Ich meine, ich hatte sie lange nicht gesehen. Und plötzlich fragte ich mich (vermutlich, weil mir gerade eine bestimmte Person in der Menge aufgefallen war und ich über Dinge wie Aussehen und Attraktivität nachgedacht hatte), was diese Tiere an einem Artgenossen anziehend finden. Wenn ich einen Zwergotter beobachte und fünf Minuten später einen anderen, kann ich keinen Unterschied erkennen. Für mich gleichen sie sich aufs Haar. Sehen sie füreinander verschieden aus? Anders gefragt: Gibt es hübsche und weniger hübsche, vielleicht sogar häßliche Zwergotter? Und – da wir einmal beim Thema sind – wie ist das bei Pinguinen, Gorillas oder Sitatungas?
    Ich schaute die Otter an und dachte: Ach ja, Gerüche. Ist auch bei uns Menschen so. Wir möchten gern glauben, daß wir auf das Äußere, auf Humor, auf Intelligenz achten, aber das stimmt angeblich gar nicht. Ob wir einen anderen mögen, hängt auch bei uns vom Geruch ab. Deshalb trennen sich so viele Paare nach einiger Zeit wieder. Weil man sich nicht auf seine Intuition verlassen hat, also auf seine Nase. Schöne braune Augen zählen irgendwann weniger als chronisches Gemüffel, ein Waschbrettbauch weniger als Kläranlagenausdünstungen, große Brüste weniger als ein Duft von abgestandenem Blumenwasser (sie implodieren dann). Viel
leicht will man es sich nicht gleich eingestehen, aber früher oder später weiß man, daß man den anderen nicht riechen kann. Zu welchen Einsichten einem doch zwei frivole Zwergotter verhelfen können. Und wie wunderbar es dann bei den Wildhunden roch!
    Endlich Sommer
    Mittwoch, 31. August 2005
    Ich saß auf einer Terrasse an einem kleinen See in Noordwijk und aß eine holländische Frikadelle mit Fritten, um mich herum sechs Menschen und acht Hunde. Einer der Hunde war eine Art Zwergpudel, strahlend weiß, bis er ins Wasser ging. Wir hatten Ostwind, und am flachen Ufer war alles grün von Algen. Auch das lockige Fell des Pudelchens war nun bis über den Bauch hinauf grün. Ansonsten gab es mehrere Promenadenmischungen, einen geschorenen Bouvier (recht hübsch) und einen jungen Deutschen Schäferhund. Der mochte offenbar den halbgrünen Pudel, und die beiden beschnüffelten sich zwischen meinen Beinen (mir tropfte dabei ein wenig holländische Mayonnaise von meiner holländischen Frikadelle auf den weißen Hunderücken). Bis sie zu kämpfen anfingen. Plötzlich kam ein großer, muskulöser Mann mit langem, glänzendem Haar auf die Terrasse. Was man sich so unter einem richtigen Mann vorstellt. »Tosca!« rief er. »Was machst du da?«
    Tosca? Eine Deutsche Schäferhündin? Mein Mitfrittenesser warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu. Einer der anderen Gäste sagte: »Wer in der Hochsaison Urlaub machen muß, kann einem leid tun. Dann ist ja wirklich alles unter
wegs, meistens ist Scheißwetter, und die Ferienhäuser sind am teuersten.« Der Mitfrittenesser sagte: »Es gibt auch schokoladenbraune Labradors, die Salome heißen, und Airedale Terrier mit Namen Aida. Wenn ich einen schokoladenbraunen Labrador hätte, würde ich ihn Mokka nennen.« Es war warm und sonnig. Mir fiel so schnell keine andere Oper ein, die einen Frauennamen als Titel hat.
    Saisonschluß
    Dienstag, 6. September 2005
    Auf dem Damm in Volendam saßen wieder Volendamer. Nur Männer, alle hatten ein Glas Bier (einer sogar mit Strohhalm) und eine Zeitung vor sich. Es war halb sieben. Die große Gewitterwolke, die mich von Scharwoude hierher begleitet hatte, war plötzlich verschwunden. Männer auf Fahrrädern, alle mit der gleichen Jacke, grüßten sich kurz. Vor mir, bei den ersten Andenkenläden, sah ich ein deutsches Ehepaar, das stumpf vor sich hinstarrte; eine Familie aus einem asiatischen Land machte Fotos mit
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