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Komische Voegel

Komische Voegel

Titel: Komische Voegel
Autoren: Gerbrand Bakker
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Untertauchens, die Kleinen Kudus (wirklich sehr fotogene Tiere) teilte ich mit dicken Bambusstangen in zwei Teile, wunderschöne bunte Vögel fotografierte ich, wenn sie halb hinter Laub, Futtertischen oder anderen Vögeln versteckt waren. Ich glaube, ich werde das alles in einer Ausstellung präsentieren, wo, weiß ich noch nicht, darüber zerbreche ich mir später den Kopf. Ach richtig, auf einem der Bilder ist ein dickes Huhn zu sehen, das vor mir wegrennt: ein kleiner rötlicher Fleck mit einem noch viel kleineren Hühnersterz darin. Bedeutungsvoll; dieses Foto kommt bestimmt in die Ausstellung. Gegen Ende meines vierstündigen Besuchs kehrte ich wieder zum Ausgangspunkt zurück. Die Okapis waren jetzt in einem anderen Gehege, das Publikum konnte sie aus der Nähe betrach
ten, und mir blieb nur noch, einzelne Teile dieser Tiere zu fotografieren. Hälse, Läufe, Ärsche. Das Wesen des Okapis.
    Heidi
    3. Woche 2011
    In Berlin lagen überall Weihnachtsbäume auf den Gehwegen. Alle ohne Wurzelballen. Abgesägt, benutzt und weggeworfen. Arme Bäume, kaltherzige Menschen, dachte ich unvernünftigerweise. Ich fragte den Taxifahrer, ob die Müllabfuhr die Weihnachtsbäume einsammeln würde. Ja, aber wohl erst nach dem 15. Januar. Es war um einiges wärmer als bei meinem ersten Besuch in dieser Stadt, vor einem Monat. Gefühlte zwanzig Grad, ich kam mir vor wie im Frühling. »Aber der Winter ist noch lange nicht vorbei«, sagte der Taxifahrer drohend. Kurz darauf fragte ich ihn, ob das Gebiet um den neuen Hauptbahnhof schon lange eine Baustelle sei. Nein, natürlich nicht, hier habe ja früher die Mauer gestanden. Er zeigte auf die Spree und erklärte, dort seien Menschen erschossen worden. Vielleicht glaubte er, ich käme von den Tuvalu-Inseln.
    Am Abend und in der Nacht hatten sich die Gespräche um die üblichen Themen gedreht: Bücher und das Übersetzen von Büchern, miese, gemeine Rezensenten, miese, gemeine Zeitungen und Zeitschriften, miese Marketingtricks mieser gemeiner Verlage, Ramsey Nasr.
Mit anderen Worten, um die Dinge, über die man in der Literaturszene so spricht, wenn man unter sich ist. An meiner Ecke des Eßtischs sprachen wir allerdings hauptsächlich über das bemerkenswerte Talent der Deutschen, bestimmte Tiere weltweit in die
Nachrichten zu bringen. Knut und Oktopus Paul. Und kaum ist Knut ausgewachsen und Paul tot, erobert schon wieder ein neues Tier die Welt. Heidi, das schielende Opossum. Wo wohnt Heidi eigentlich? fragte ich meine Tischdamen. Das wußten sie nicht, das mußte kurz gegoogelt werden. Aha, Leipzig, und Heidi hat auch eine Schwester, die Naira heißt. Die beiden stammen aus den USA , wo sie als Waisen in einem Tierheim großgezogen worden sind. Naira schielt übrigens nicht. Heidi ist unwiderstehlich. Aber auf meine wichtigste Frage bekam ich keine Antwort, niemand konnte erklären, warum weltberühmte Tiere fast immer in Deutschland wohnen. Deshalb wechselten wir bald zu einem anderen Thema, zur Etymologie von mierikswortel und Meerrettich, wir hatten nämlich Meerrettichsuppe gegessen. Damit waren wir bis zum Nachtisch glücklich.
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    [ 1 ] Erläuterungen siehe S. 152.
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