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Komische Voegel

Komische Voegel

Titel: Komische Voegel
Autoren: Gerbrand Bakker
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auf der ersten Etage verbringt seit Jahren ein kurzhaariger Jack Russell Terrier seine Tage. Ich weiß nicht, wie er heißt, könnte mir aber vorstellen, daß er ein Daan ist. Ein sehr ruhiger Hund und doch auch »ein echter Rüde«, wie der Verkäufer einmal sagte. Ich hatte dieselbe Hose wie am Vorabend an. Daan reagierte sehr erregt auf diese Hose und, bis ich die richtigen Signierkugelschreiber gefunden hatte, auf meine ganze Person. Er sprang an mir hoch, und als ich ihn strei
chelte, begann auch er meinen Arm zu decken. Danach wollte er mich nicht fortlassen. Er sprang doppelt so hoch, wie er lang ist, bellte, biß in meine Hände und Ärmel und stellte sich breit vor die Treppe.
    Auch das gehört also zu den Aufgaben des Menschen in einem Hundeleben: Duftspuren transportieren. Zwei Hunde, die sich nie begegnet sind, nie begegnen werden, zusammenbringen. Über eine Entfernung von dreißig Kilometern Erregung wecken. Ein williges Bein hinhalten. Ich hatte große Lust, vom Laden aus direkt nach Almere zu fahren, um zu sehen, was Daan bei Boris auslösen würde.
    Mopedflegel
    40. Woche 2008
    An einem Nachmittag begleitete ich einen Biologen, der an einer Studie über Libellen mitarbeitet, auf das Landgut Duin en Kruidberg. Der September ist ein stiller Monat. Die Vögel sind erschöpft und müde oder schon weggezogen. Wenn ich ein Vogel wäre, würde ich Duin en Kruidberg nie verlassen: Sanddorn- und Kriechweidengebüsch, Traubenkirschen, Hagebutten, die Früchte von Weißdorn und Spindelstrauch, seichte Tümpel, Schilf und hohe Gräser. Die einzigen Bäume, die ringsum rauschten, waren Pappeln, aber ich neige immer mehr zu der Annahme, daß sie selbst den Wind machen. Die Sonne schien, es war etwa achtzehn Grad warm. Ein perfekter Libellentag, meinte der Biologe.
    Wir sahen vor allem Große Heidelibellen, die allesamt im Tandem flogen und das sogenannte Paarungsrad formten. Einige Libellen können übrigens wegen der besonderen An
ordnung ihrer Flügelpaare auch rückwärts fliegen. Außerdem beobachteten wir Große Pechlibellen, eine Gefleckte Heidelibelle, ein paar Herbst-Mosaikjungfern und als Krönung zwei Schwarze Heidelibellen; diese Art hatte der Forscher hier seit Jahren nicht mehr gesehen. Die Heidelibellen gehören zur Familie der Segellibellen, was ich nur erwähne, weil das ein so schönes Wort ist. In einem der Tümpel schwamm eine kleine Kröte. Sie würde ertrinken, wurde mir gesagt. Wir fanden einen Krähenschädel, aber den versprochenen Fischadler bekamen wir nicht zu Gesicht. Zwei Schottische Hochlandrinder standen bis zum Bauch in einem kleinen runden Weiher. Immer ein schöner Anblick, dieses gelassene, dümmliche Stehen im Wasser.
    Ein Halbstarker auf einem Moped raste vorbei, und als wir uns nach ihm umschauten, schaute auch er sich um, reichlich dreist, und gab extra noch einmal lautstark Gas. Durchs Fernglas sah ich ein Schwarzkehlchen und in einem größeren Weiher eine Gruppe von Zwergtauchern. »Schade, daß nichts Ungewöhnliches passiert ist«, sagte ich im Bahnhof Santpoort-Noord zu dem Biologen. »In einem Feature muß man immer irgendwie etwas Allgemeines mit etwas Besonderem verbinden, so daß eine Geschichte entsteht.« »Du meinst«, fragte er, »daß der Mopedflegel umgekehrt wäre, um uns zusammenzuschlagen?« »Ja«, seufzte ich. »Zum Beispiel.«
    Sjors und andere
    42. Woche 2008
    Früher hatten wir Katzen, jede Menge Katzen, halbwilde. Manchmal waren es viele, im nächsten Monat vielleicht nur noch eine einzige, weil die anderen weggelaufen oder überfahren worden waren. Weitere zwei Monate später waren es dann wieder neun. Unmöglich, sie im Auge zu behalten, und besser, sie nicht ins Herz zu schließen. Der Hund starb nicht, wurde nicht überfahren, lief nicht weg, an ihm hatte man mindestens zehn Jahre lang Freude. Ich weiß noch genau, wann sich meine Einstellung zu Katzen änderte. Freunde von mir hatten drei, die älteste starb. Sie waren traurig. Und ich sagte: »Schafft euch doch eine neue an!« Die Vorwürfe, die ich mir daraufhin anhören mußte, waren heftig, und zum ersten Mal wurde mir klar, daß eine Katze für einen Menschen so etwas wie ein Hund sein kann, daß manche Menschen wirklich an ihren Katzen hängen.
    Später kam eine Zeit, in der einige Leute vor dem Urlaub ihre Katzen zu mir in Pension gaben, denn ich war immer zu Hause. Das war eine schwierige Zeit. Ein Katzenklo ist so ungefähr das Ekligste, was man in der Wohnung haben kann, und wenn man
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