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Komische Voegel

Komische Voegel

Titel: Komische Voegel
Autoren: Gerbrand Bakker
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beschäftigt, deren Name berühmter ist als ihr Werk (ich kenne überhaupt nichts von ihr) und die ich eigentlich nur beim Frühstück oder bei Büfetts gesehen habe. Die duftende Kastanie, der Schwan, die Mauersegler, und jetzt auch betrunkene, provozierend grölende Schweizer Jugendliche. Ich weiß, daß man Byatt zum Flugplatz gebracht hat und daß im Augenblick keine Aschewolke droht. Dunkle Wolken hängen nur auf den Bergen hinter der Stadt, das Dunkelzelt,
in dem ich mit einem Blinden Weißwein getrunken habe, wird abgebaut. Ich seufze, zufrieden: A.S. Byatt ist sicher auf dem Weg nach England. Ich stehe auf und gehe zum Bahnhof.
    Grabsteinbuchstabenmaler
    36. Woche 2010
    »Sie sind ein Grabsteinbuchstabenmaler«, sagten Leser in Düsseldorf zu mir, und zwei Tage später, an einem Samstag, besuchte ich mit meiner Schwester den Friedhof in Huisduinen, um dort der Tätigkeit des Grabsteinbuchstabenmalens nachzugehen. Wir hatten auch eine Heckenschere bei uns. Das Kind meiner Schwester liegt in einem Buchsbaumrechteck, das mit Rindenmulch bedeckt ist. In dem Rechteck steht ein Findling mit einer kleinen Bronzeskulptur darauf. Die in den Stein gefrästen Buchstaben waren einmal dunkelgrün, inzwischen waren sie teilweise ausgewaschen.
Nun sollten sie schwarz werden. Nach dem Malen des Namens dachte ich, ich würde für alles Stunden brauchen. Bis ich den Text unter dem Namen grob ausgepinselt und anschließend einen strammgezogenen Lappen über den recht fettigen Stein gezogen hatte. Das Ergebnis hätte nicht besser sein können, gleichmäßig und sauber. So sparte ich viel Zeit, und nachdem wir den Buchsbaum fast so gleichmäßig geschnitten hatten, wie die Buchstaben aussahen, bearbeitete meine Schwester den Rindenmulch mit einer Harke. Außerdem warf sie verschiedene, ihr nicht wohlgefällige Trauerutensilien in einen Container. Ich rauchte eine Selbstgedrehte und betrachtete die anderen Kindergräber, die in einem Halbkreis angeordnet sind. Danach taten wir etwas, das man vielleicht gar nicht tun darf, aber es ist schwer, der Versuchung zu widerstehen: Wir nahmen uns fremde Gräber vor. Zuerst das eines Koen, ein Grab, auf dem Löwenzahn die Macht ergriffen hatte. Den rupfte ich aus und glättete dann den Kies. Alle überhängenden Zweige einer Schneebeere und einer Forsythie entfernte ich, den Wacholder, der den Stein berührte, schnitt ich zurück, jetzt konnte man sofort sehen, daß Koen dort liegt. Auf seinem Stein steht nur ein einziges Datum. Einige Meter weiter schien zwischen zwei Gräbern eine nicht belegte Stelle zu sein, aber bei genauerer Untersuchung erwies sie sich als Grab, das seit Jahren nicht mehr freigeschnitten worden war. Der Buchsbaum- und Eibenabfall füllte schließlich einen halben Container. Meine Schwester rief die ganze Zeit: »Achtung, der Aufseher!« Meine Schwester ist eine Spaßmacherin. In dem freigeschnittenen Grab liegt ein oder eine Janusi. Wie lange er oder sie gelebt hat, erfuhren wir nicht, auf dem Stein steht nur dieser Name. Es war fast Essenszeit, leider, leider, denn sonst hätten wir uns gleich den ganzen Halbkreis vorgenommen.
    Gemüse
    40. Woche 2010
    Vorige Woche war ich in Darmstadt. Ein trüber Tag, der immer noch trüber wurde, Nieselregen, modernes Hotel. Nichts wie raus also. Nach wenigen Schritten kam ich in den Herrngarten; daran schließt sich der Prinz-Georg-Garten an, ein Barockgarten, in dem der Buchsbaum vor kurzem auf recht grobe Weise geschoren worden war. Überall Blumen, vor allem Dahlien, plätschernde Fontänen. Wesentlich auffälliger war etwas anderes: Auf vielen der Beete zwischen den Buchsbaumhecken wuchsen Grünkohl, Artischocken und anderes Gemüse. Salat natürlich auch, so zart noch, daß man ihn nicht allzu lange anzusehen wagte, vor allem bei diesem Wetter. An der Seite stand eine Lindenhecke auf Beinen, darunter eine Hainbuchenhecke, beide zusammen bildeten ein sehr schönes Ensemble, mit einem Sichtschlitz in der Mitte. In einer kleinen weißen Voliere lebten viele gelbe Ziervögelchen, die sich trotz der Fülle wohl zu fühlen schienen, einige schlossen vor lauter Behagen die Äuglein. Aber dieses Gemüse! Eine Gärtnerin kam, sie zog gerade ihre Handschuhe aus. Ich fragte sie, ob sie nicht jede Woche etwas Neues anpflanzen müßten. Ja, es werde öfter mal was »geklaut«, dabei sei das Gemüse für den Verkauf bestimmt. Der Mangold sehe doch wirklich gut aus. Mangold für snijbiet , die Deutschen haben tatsächlich ein Talent fürs
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