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Komische Voegel

Komische Voegel

Titel: Komische Voegel
Autoren: Gerbrand Bakker
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seiner Leine an einem Baum erhängt, weil die Frau, die er berauben wollte, kein Geld in der Tasche hat, darf – ohne Einmischung irgendeiner staatlichen Instanz – neben dem Hund aufgehängt werden.« Bestürzung brachte mich dazu, so etwas zu schreiben.
    Heute morgen lese ich in der Zeitung:
    Frau erfand Überfallgeschichte mit erhängtem Hund

    Spijkenisse – Die neunundvierzigjährige behinderte Frau, die im November einen Raubüberfall angezeigt hatte, gab jetzt zu, ihre Geschichte erfunden zu haben. Sie hatte behauptet, ihr kleiner Hund sei von zwei jugendlichen Räubern erhängt worden. Wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte, haben die polizeilichen Ermittlungen ergeben, daß die Frau selbst für den Tod des Tieres verantwortlich ist. ( ANP )

    Da sieht man’s mal wieder: 1. Trau keinem Behinderten, nur weil er behindert ist. 2. Jungs aus Spijkenisse tun so was nicht. 3. Wo liegt Spijkenisse eigentlich? (Auf Voorne-Putten, südlich des Nieuwe Waterweg.) Vor allem aber: der arme Hund! Allein die Vorstellung, wie das Tier sich gefühlt haben muß. Das eigene Frauchen! Und wie hat sie es trotz ihrer Behinderung geschafft, den Hund mit seiner Leine an den Baum zu hängen? Was für eine beschissene Welt. Die Wirklichkeit ist doch zu grauenvoll. Am besten schreibe ich wieder ein Buch. Fiktion bietet immerhin ein bißchen Sicherheit, denn so schrecklich fiktive Ereignisse auch sein können, sie passieren wenigstens nicht wirklich.
    Katze ohne Frauchen
    Freitag, 3. März 2006
    Heute mittag war ich im Haus eines alten Mannes auf dem Klo und pinkelte. Schon über den Teppichboden hatte ich mich gewundert, aber erst als ich mich umdrehte, bemerkte ich das kleine Keramikschild mit dem Text: In diesem Scheißhaus wohnt ein Geist, der dich in den Hintern beißt.
Doch mich hat er nicht gebissen, denn ich habe ihn beschissen .
    Vorher hatte mir der alte Mann etwas über die Katze erzählt. Ich hatte sie zuerst an meinen Händen riechen lassen und ihr dann vorsichtig den Kopf gestreichelt. Als ihr Frauchen vor sieben Jahren samt Elektromobil von einem Auto überfahren worden war, hatte das Tier vier Wochen lang auf dem Couchtisch gesessen und auf den leeren Sessel gestarrt. Irgendwann hatte es sogar den Farn angeknabbert, der auf dem Tisch stand, weil Frauchen dann immer »Hörst du damit auf!« gesagt hatte. Auch das brachte sie nicht zurück. »Du weißt, wie man Katzen streichelt«, sagte der Mann. Er hat eine riesige Schlittschuhsammlung, die ich beschreiben, vielleicht auch katalogisieren soll. »Immer erst riechen lassen und dann über den Kopf streicheln, nicht über den Körper.« Ein lieber Mann. Auch ein vom Leben gezeichneter Mann, und doch kann er voller Leidenschaft über Wettkämpfe im Jahr 1932 sprechen oder über südholländische Holzschlittschuhe von 1830. In den kommenden Monaten werde ich noch manchmal zwischen seinen Schlittschuhen sitzen und aufschreiben, was er zu erzählen hat. Vielleicht ab und zu die Katze streicheln.
    Schwanzmeisen und Schachblumen
    Montag, 27. März 2006
    Heute am Rand der Veluwe
zum ersten Mal in meinem Leben eine Schwanzmeise gesehen. Ein sehr apartes Vögelchen, tatsächlich mit langem Schwanz. (Wie die Verbreitungskarte zeigt, ist es in Nordholland selten, kein Wunder also, daß
ich es bisher nur von Abbildungen kannte.) Außerdem habe ich die ersten Kiebitze gehört (die natürlich auch schon da waren, als ich sie nicht hörte). Der Holunder hatte auszuschlagen begonnen, und die Skimmien und Buchsbäume ließen sich das Umtopfen kommentarlos gefallen. Zwischen den Dickmännchen ( Pachysandra terminalis ) standen weiße Krokusse, und ich schwitzte wie ein Tier, während ich die Herbstblätter von den Rabatten harkte und den Efeu aus dem Boden zerrte. Und ich hatte große Lust auf Sex, einfach so, beim Beschneiden einer Lorbeerkirschenhecke. Dabei wurde ich fast von einem Auto angefahren, das um die Ecke bog und dessen Fahrer mich nicht gesehen hatte, eben weil die Hecke mich verbarg. (Vor Schreck verging mir sofort die Lust auf Sex.)
    Frühling also, ob man’s glaubt oder nicht. Mein Gefühl sagt mir, es wird ein Frühling, in dem es nur nachts regnet; ein Frühling, der schnell treibende Wolken, aber auch große Portionen Sonne bringt, zwei Nächte mit leichtem Frost (minus ein Grad), Rinder mit sonderbarer Fellfarbe und riesigen Hörnern, eine plötzliche und unerklärliche Invasion von Nebelkrähen aus dem Norden und sehr viele Narzissen und Tulpen, vor allem
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