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Koks und Karneval

Koks und Karneval

Titel: Koks und Karneval
Autoren: Thomas Ziegler
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Rosenmontagszugs und huldigten dem Motto der Session: Janz Kölle steit kopp!
    Und ganz Köln stand kopf.
    Während sich die Jecken in Stimmung tranken, während sie schunkelten und Bützcher tauschten und der Kölschverbrauch alle Rekorde brach, formierten sich zwischen Klapperhof und Christophstraße die herausgeputzten Wagen der Karnevalsgesellschaften, die Reiterkorps und Tanzkapellen, die Garden, Funken und Mariechen zum bunten Wurm des Rosenmontagszugs.
    Prinz Karneval hatte gerufen, und alle professionellen Narren waren gekommen: die Roten und die Blauen Funken, die Blomenkröge und Schnüsse Tring, die Närrischen Insulaner und Löstigen Paulaner, die Tataren von Beckendorf und die Vringsveedeler Dschungelbrööder, die Lotterbove und die Schwazze Kääls, die Mülheimer Narrenzunft und die Nippeser Bürgerwehr, das Reiterkorps Jan von Werth und die Erste Kölner Hunnenhorde, die KG Luftflotte und die KG Rheinflotte, die Kölsche Narren Gilde und die Fidele Burggrafen … und hundert jecke Bataillone mehr.
    6,5 Kilometer Narretei, 40 Tonnen Kamellen, Tausende von Strüßjer und jede Menge Schokolade und Pralinen wälzten sich unbeirrbar wie ein Naturereignis Richtung Dom.
    Dr Zoch kütt! brauste der Ruf durch die Massen. Dr Zoch kütt! Alaaf! Kamelle! Strüßjer! Dr Zoch kütt! [11]
    Die Jecken jauchzten, die Jecken rasten.
    Nur Adolf Kaminski jauchzte nicht.
    Er stand oben auf der Domplatte, hoch über den Wagen und den jubelnden Massen, zupfte an den Bandagen seines Mumienkostüms herum und fragte sich zum ersten Mal in seiner Laufbahn als Polizist, ob er nicht der falsche Mann zur falschen Zeit am falschen Ort war. Diese Operation Kokskoffer hatte mit normaler Polizeiarbeit etwa soviel zu tun wie eine Klapsmühle mit geistiger Gesundheit.
    Nur der Gedanke, daß er endlich Jorge Gabriel Lorcaz, Charly Hoballa und allen anderen kriminellen Koksern, die auf der Jagd nach Lorcaz’ Koffer waren, den Arsch aufreißen würde, hielt ihn davon ab, seinen Dienst zu quittieren und den nächsten Zug nach Herne zu besteigen. Dies und die Tatsache, daß er in diesem Gewühl ohnehin keine Chance hatte, auch nur in die Nähe des Bahnhofs zu gelangen.
    Mürrisch drehte er dem Rosenmontagszug den Rücken zu und beobachtete das ausgelassene Treiben unter dem Dom.
    Den Clowns, Batmans, Zorros, Scheichs und Pappnasen, die fröhlich schunkelten und trunken ihre Bierbecher und Flachmänner schwenkten, sah man es nicht an, aber sie täuschten ihren Frohsinn nur vor – es waren fast ausnahmslos Drogenfahnder, Kriminalbeamte, Bereitschaftspolizisten und SEK-Männer im »Sondereinsatz Kokskoffer«, von Kaminski mobilisiert, um das befürchtete Massaker am Rosenmontag zu verhindern. An Kaminskis Seite hockte außerdem eine Riesenbirne, in der Kriminalkommissar Jupp Heppekausen mit einem ganzen Arsenal an Blend-, Rauch- und Tränengasgranaten steckte. Kaminski war ziemlich sicher, daß dieses Arsenal auch zum Einsatz kommen würde.
    Nach Bernie Barnovics Informationen hatten sie es mit einer ganzen Horde schwerbewaffneter, skrupelloser und zu allem entschlossener Krimineller zu tun, die nicht einmal vor einem Blutbad zurückschrecken würden, um den Kokskoffer in ihre schmutzigen Hände zu bekommen.
    Kaminski konnte nur hoffen, daß seine 200 schwerbewaffneten, skrupellosen und zu allem entschlossenen Polizeijecken das Schlimmste verhindern würden.
    Er warf einen Blick auf seine Uhr.
    Kurz vor zwölf.
    Weit und breit war nichts von Bernie Barnovic, dem Kokskoffer oder den kriminellen Elementen zu sehen, die hinter dem Koffer her waren. Kaminski fluchte und reckte den Kopf. Nicht einmal eine Spur.
    »Sehen Sie was, Heppekausen?«
    Die Riesenbirne schüttelte den Kopf. »Enä, Schäff. Nix wie Wiever. Dat es jo e janz schläch Zeiche!«
    Kaminski konnte dem nur zustimmen. Trotz der mehr oder weniger diskreten Bemühungen seiner Leute, den zum Hauptbahnhof hin gelegenen Teil der Domplatte von unbeteiligten Karnevalisten freizuhalten, waren inzwischen eine ganze Reihe Jecken und Wiever bis zur Brüstung durchgesickert, hauptsächlich Mäuse und Hexen. Sie quiekten und krähten, als gälte es, einen neuen Weltrekord im Geräuschemachen aufzustellen, schmissen Luftschlangen und Konfettibomben durch die Luft und konterten jeden Versuch der getarnten Polizisten, sie aus dem Krisengebiet abzudrängen, mit verschärftem Bützen und gut gezielten Besenschlägen.
    Kaminskis Blick fiel auf vier besonders fette und besonders laut quiekende
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