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Kokoschanskys Freitag

Kokoschanskys Freitag

Titel: Kokoschanskys Freitag
Autoren: Günther Zäuner
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ihm jemand auf die Schulter.
    „Zuerst Ihr vertrotteltes Losungswort und nun rauchen Sie hier auch noch. In einem öffentlichen Gebäude ist Rauchverbot. Das ist rücksichtslos.“
    „Weißt du was, du voll geschissener Trottel“, fährt Kokoschansky den Anzugträger an, „leck mich. In feine Tücher gehüllt, aber nicht stubenrein und große Töne spucken. Da hilft auch dein beschissenes Rasierwasser nic hts mehr. Verzieh dich in die Desinfektion, du Stinktier! Das ist ja nicht zum Aushalten!“
    Bevor ihn Kokoschansky einfach stehen lässt, bläst er ihm noch eine fette Rauchwolke ins Gesicht. Die ersten Signalhörner ertönen und Blau­lichter sind zu sehen. Einsatzfahrzeuge treffen nach und nach ein. Niemand hat die Bank verlassen. Dafür sind alle noch viel zu aufgewühlt und aufg e regt. Außerdem hat sie der Polizist angewiesen zu bleiben, da sie gleich für Zeugenaussagen zur Verfügung stehen müssen. Der Polizist und einige Kunden bemühen sich um den schwer verletzten Sicherheitsmann, versu chen Erste Hilfe zu leisten, während andere sich um die alte Frau kümmern. Einer der Angestellten hat aus einem Büro einen Erste-Hilfe-Koffer geholt.
    Fast alle vermeiden auf den erschossenen Bankräuber zu blicken. Einige Bankleute telefonieren hektisch, auch Kunden haben ihre Handys gezückt. Wahrscheinlich verständigen sie ihre Angehörigen. Zuerst wollte Kokoschansky auch mithelfen, die Verletzten notdürftig zu versorgen. Doch er sah sofort, dass hier einige dabei sind, die davon wesentlich mehr verstehen als er. Er verdrückt sich lieber in eine Ecke und beobachtet den Polizis ten, der ebenfalls mit seinem Handy telefoniert. Kokoschansky geht ein paar Schritte in Richtung der Leiche, sieht das Einschussloch über der Nasenwurzel. Ein wahrer Meisterschuss. Noch dazu unter diesen Bedingungen und dem Stress. Entweder ist der Polizist Angehöriger einer Spezial­einheit oder er hat auch privat mit Waffen zu tun, beispielsweise als Sport­schütze in seiner Freizeit. Er hat im entscheidenden Moment eingegriffen, aus der Sicht Kokoschans­kys das einzig Richtige getan und wahrscheinlich dadurch einige Leben gerettet. Ein paar der Kunden und Angestellten haben sich bei dem Polizisten bereits bedankt, der alles sehr gelassen hinnimmt. Zu gelassen für Kokoschansky. Ein einfacher Streifenpolizist, aber auch ein Kriminalbeamter reagiert anders nach einem Schusswaffengebrauch. Der T yp ist absolut ruhig als wäre das Erschießen eines Menschen eine völlig normale Sache wie Zähneputzen. Kokoschanskys Riecher sagt ihm, ir gend­ etwas ist faul. Oder hört er wieder einmal das Gras wachsen? Meist treffe n seine Vermutungen ins Schwarze.
    Die Ermittlungen in der Bank verlaufen routinemäßig. Kein Cent wurde geraubt, der Täter ist erschossen worden. Die Befragungen ergeben nichts Neues. Mit den Einsatzkräften trafen auch einige Kriseninterven­tionsteams ein. Sie sorgen für die psychologische Betreuung der zum Teil geschockten Leute. Ein Bankangestellter übergibt einem Kriminalbeamten die Videos der Überwachungskameras.
    Endlich bedeckt ein Bankangestellter die Leiche mit einer Rettungsdecke, nachdem ihm die Maskierung abgenommen wurde und er ausgiebig von den Kriminaltechnikern fotografiert worden war. Dabei wurden auch seine Taschen geleert. Natürlich dreht sich das Hauptinteresse um den Polizisten, der den finalen Todesschuss abgefeuert hatte. Er wird beiseite genommen und von den Kollegen eingehend befragt. Kokoschansky beobachtet dieses Szenario und es bestärkt ihn in seiner Vermutung, dass mit diesem Polizisten etwas nicht stimmen kann. Er ist einfach zu ruhig, zu cool. Keinerlei Anzeichen eines Postshooting-Traumas, das oft bei Polizisten und Kriminalbeamten eintritt, wenn sie gezwungen werden im Dienst zur Waffe zu greifen, sei es für die eigene Verteidigung oder um andere Menschen zu retten. Trotz intensiven Lauschens kann Koko nicht in Erfahrung bringen, wo dieser Meisterschütze seinen Dienst versieht. Nach einer kurzen Befrag ung muss er nochmals seine Liegeposition zeigen, dabei behält er seine Mutmaßungen bezüglich des Schützens vorerst lieber für sich. Schusstechni ker vermessen inzwischen akribisch die Schussrichtungen und berechnen die Winkel aus denen gefeuert worden war. Verschiedene Positionen werden mit farbigen Markierungen gekennzeichnet und Fotos angefertigt. Die junge Bankangestellte, die alte Frau und der Security-Mann sind längst auf dem Weg in verschiedene Krankenhäuser. Zwei
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