Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kohärenz 03 - Time*Out

Titel: Kohärenz 03 - Time*Out
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
hat es Tage gedauert, ehe er richtig wach geworden ist.« Er hob den Arm, versuchte, auf die Armbanduhr zu sehen, aber es war zu dunkel, als dass er die Zeiger erkennen konnte. »Wie spät ist es?«, fragte er.
    »Halb drei vorbei«, sagte Patrick, der am Steuer saß. »Noch gut zwanzig Meilen, dann erreichen wir Arizona.«
    »Schlaf weiter, Junge«, riet Matthew. »Dauert noch, bis wir zu Hause sind.«
    Christopher ließ sich zurück auf die Matratze sinken. Zu Hause. Wie das klang. Was für ein schönes Wort das war. Dann schlief er wieder ein.

4

    Serenity erwachte wieder mit dem Gefühl, zu ersticken. Sie fuhr auf, hielt die Hand an das Belüftungsgitter ...
    Nein, alles okay. Es strömte Luft herein. Die Belüftungsanlage funktionierte. Natürlich. In Hide-Out war alles neu, alles vom Feinsten.
    Aber sie war es einfach seit ihrer Kindheit gewöhnt, bei offenem Fenster zu schlafen, von Vogelgezwitscher oder Straßenlärm geweckt zu werden. Das gab es hier unter der Erde alles nicht.
    Was half es? Sie würde sich dran gewöhnen müssen. Sie wälzte sich aus dem Bett, sammelte ihre Klamotten ein und machte sich auf den Weg ins Bad.
    Am Eingang zum Waschraum der Frauen stolperte sie, wie fast jeden Morgen, über einen Felsbrocken, der dort aus dem roh abgeschliffenen Boden ragte. Dass man den nicht entfernt hatte! Überhaupt gab es nirgendwo so etwas wie eine gerade Wand. Sie lebten in behauenem Felsen oder in mit Beton zugekleistertem Geröll. Jede Menge Holzbalken, die die Decken stützten. Überall Stromkabel, die zu Leuchtstoffröhren führten, die Tag und Nacht leuchteten. Strom gab es genug; tief unterhalb von Hide-Out floss ein starker unterirdischer Fluss, der einen Generator antrieb. Vor rund hundert Jahren hatte man hier Silber abgebaut, es aber wieder aufgegeben, weil das Gestein ringsum zwar Silber enthielt, jedoch so fein verteilt, dass sich der Abbau nicht lohnte. Heute wirkte das Metall abschirmend und verhinderte, dass sie von Spionagesatelliten aufgespürt werden konnten.
    »Guten Morgen, Serenity«, sagte eine der Frauen, die zur Stammbesatzung gehörte. »Na, gut geschlafen?«
    »Ging so«, erwiderte Serenity unleidig und stellte ihren Waschbeutel auf den Rand eines der Waschbecken. Sie hatte den Namen der Frau vergessen. Josephine oder so ähnlich.
    »Man braucht eine Weile, bis man sich daran gewöhnt«, sagte die Frau mit den zu kurzen Zöpfen geflochtenen Haaren. Sie massierte sich in aller Seelenruhe das Gesicht mit irgendeiner Paste. »Ging mir auch so. Das ist das Silber im Boden. Das spürt man.«
    »Verstehe.« Serenity hatte keine Lust auf ein tiefer gehendes Gespräch. Nicht unmittelbar nach dem Aufstehen. Und nicht über so ein Thema. Die Hide-Out-Leute hatten eine Vorliebe für ziemlich schräge Diskussionsthemen.
    »Magst du auch?« Die Frau schob ihr den tönernen Tiegel hin. »Ein selbst gemachtes Peeling. Total natürlich.«
    »Danke. Lieber nicht.« Serenity musterte ihr eigenes sommersprossiges Gesicht im Spiegel. Ein Peeling? So empfindlich, wie ihre Haut war, wäre das gewesen, als behandle sie sich mit einem Stück Schleifpapier.
    »Weißt du, ob Christopher und die anderen schon zurück sind?«, fragte sie.
    Die Frau – Jacqueline, jetzt fiel es Serenity wieder ein – hob die Schultern. »Ich bin auch gerade erst aufgestanden.«
    Serenity seufzte, nahm ihren Kamm und bearbeitete ihr vom Schlaf zerzaustes Haar, das sich wie üblich tapfer gegen alle Versuche wehrte, in eine zivilisierte Gestalt gebracht zu werden. Schrecklich. Morgens sah sie immer aus wie frisch aus dem Urwald gezerrt. Und später nicht viel besser.
    Aber irgendwie machte ihr das in letzter Zeit weniger aus als früher. Vielleicht, weil sie nicht mehr an der Schule war und es keine Rolle mehr spielte, ob sie von den Jungs aus ihrer Klasse wahrgenommen wurde?
    Nein. Seit sie den Verdacht hatte, dass es jemanden gab, der mehr an ihr sah als ihre äußere Erscheinung.
    Eine Katzenwäsche später schlüpfte Serenity rasch in ihre Kleider und eilte anschließend hinab in die »Halle«, wie die große Höhle direkt hinter dem stählernen Zufahrtstor genannt wurde. Es war eine riesige, natürlich entstandene Kaverne. Vor Jahrmillionen, hatte ihr jemand erklärt, habe derselbe Fluss, der jetzt tief unter ihnen floss, sie aus dem Gestein gewaschen. Ein Erdrutsch weiter nördlich hatte bewirkt, dass sich das Gewässer unter die Erde verlagert hatte. Und viel, viel später hatte man hier Silber gefunden, woraufhin
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher