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Köpfe

Köpfe

Titel: Köpfe
Autoren: Greg Bear
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nicht weißt, wo der Knopf zum Anschalten ist… Viel Zeit vergeht, keine Augenlider heben sich im Licht eines neuen Tages.«
    Rho legte die Handfläche auf den Bewachungssensor der Luke. William ließ sich viel Zeit, um ihnen zu öffnen. »Ich bin Optimistin«, sagte sie. »Das war ich immer schon.«
    »Rho, du kommst in einem ungünstigen Moment, ich bin sehr beschäftigt«, sagte William über die Sprechanlage.
    »Herrje, William, ich bin deine Frau, und ich war drei Monate lang weg.« Sie war keineswegs aus der Fassung gebracht, ihr Tonfall war von einer eher spielerischen Gekränktheit. Die Luke öffnete sich, und wieder einmal stieg mir der Geruch der Kälte im Übergang zur Wärme in die Nase.
    »Die Köpfe sind uralt«, sagte ich und trat nach ihr über die Schwelle. »Sie müssen erst wieder in Übung kommen, alles mögliche müssen sie erst wieder. Wahrscheinlich sind sie in fortgeschrittenem Alter, unflexibel… Aber das sind wohl kaum die größten Hindernisse, wenn man bedenkt, daß sie zur Zeit noch tot sind.«
    Sie tat diese Bemerkung mit einem Achselzucken ab und schritt energisch über die Stahlbrücke. Sie hatte mir mal erzählt, daß William zu Zeiten, in denen er besonders angespannt und frustriert war, mit Vergnügen auf der Brücke der Liebe frönte. Ich machte mir so meine Gedanken über den Rhythmus. »Wo sind die Angestellten?« fragte sie.
    »William hat mich angewiesen, sie wegzuschicken. Wir brauchen sie nicht mehr, seit der QL die Bedienung übernommen hat.« Wir hatten während der vergangenen drei Jahre mit einem Team junger Techniker gearbeitet, die aus verschiedenen anderen Familien um Procellarum herum ausgewählt worden waren. William hatte mich zwei Tage nach der Installation des QL wissen lassen, daß diese zehn Kollegen nicht mehr benötigt würden. Er war knallhart in dieser Angelegenheit und scherte sich nicht um die Tatsache, daß ich es war, der sich mit ihnen wegen der Abfindung einigen mußte.
    Seine Logik war überwältigend; der QL brauchte keine zusätzliche menschliche Unterstützung, und wir konnten die MB-Gelder für andere Anschaffungen verwenden. Obwohl mir eine innere Stimme sagte, daß das die guten Sitten im Umgang mit anderen Familien verletzte, konnte ich allein gegen William nichts ausrichten; ich hatte die Kündigungen ausgesprochen und versucht, die Hauptwucht des Zorns abzufangen oder abzuleiten.
    Rho zuckte zusammen, als sie sich zwischen den Doppeltori der Pumpen hindurchschlängelte, entweder in der Erinnerung an die Leistungsfähigkeit ihres Gatten oder durch die Auswirkung der Pumpen auf ihren Körper. Sie warf einen mitleidigen Blick zu mir zurück. »Armer Micko.«
    William öffnete die Tür, breitete die Arme auf eine gebieterische Art aus und umschlang Rho.
    Ich liebe meine Schwester. Ich weiß nicht, ob es eine abartige Eifersucht war oder die ehrliche Besorgnis um ihr Wohlergehen, das mich jedesmal zu einem Gefühl des Unbehagens veranlaßte, wenn ich zusah, wie William sie umarmte.
    »Ich habe etwas für uns«, sagte Rho und blickte mit energiegeladener, uneingeschränkt gleichberechtigter Bewunderung zu ihm auf.
    »Ach«, sagte William, dessen Augen bereits einen wachsamen Ausdruck angenommen hatten. »Was denn?«

ICH LAG IM BETT, UNFÄHIG, das lautlose Saugen der Pumpen aus meinen Gedanken zu verbannen, meinen Körper davon zu reinigen. Nach einer ruhelosen Zeit glitt ich allmählich in meinen üblichen lunaren Schlummer; in meinem halbwachen Zustand vermischten sich der Anblick von William, der Rho umschlang, und das Gefühl, daß die Pumpen mich umschlangen; ich dachte an Williams Reaktion auf Rhos Neuigkeit, lächelte ein wenig, schlief ein.
    William war nicht angetan gewesen. Ein unerwünschtes Aufdrängen; ja, es war Kühlkapazität frei; ja, seine Robotniks hatten Zeit, um in der Eisgrube eine Sicherheitsvorrichtung für die Köpfe zu bauen, doch er konnte jetzt keine Extra-Belastung gebrauchen, auch keine Ablenkung, denn er war seinem Ziel so unheimlich nah.
    Rho hatte ihn mit einer Mischung aus unschuldiger Überredungskunst und beharrlicher Entschlossenheit bearbeitet, die für meine Schwester typisch war. Für mich war Rho immer schon gleichzusetzen mit den urgewaltigen Erschütterern der Geschichte; Leute, die mit ihrer irrationalen Sturheit den Lauf menschlicher Ströme verändern, ob zum Guten oder Schlechten konnten vielleicht nicht einmal zukünftige Generationen entscheiden.

    William hatte natürlich klein beigegeben.
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