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Köpfe

Köpfe

Titel: Köpfe
Autoren: Greg Bear
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Finanzdirektorium gegenüber verantwortlich, doch natürlich stellte William sehr schnell seine eigene Hackordnung auf. Ich war damals zwanzig Jahre alt, William zweiunddreißig.
    Die Höhlung war mit Schaumstein ausgesprüht, um die atembare Atmosphäre abzugrenzen und zu versiegeln. Ich beaufsichtigte die Generalreinigung, die Überholung der bereits vorhandenen Gehege und Gassen und die Investition in ein verhältnismäßig spartanisch ausgestattetes Labor.
    Große Kühlmaschinen, die seit dem Ende der Eisförderung in der Station eingelagert waren, wurden in die Höhle transportiert, so daß dadurch viel mehr Kühlkapazität zur Verfügung stand, als William für seine Arbeit eigentlich benötigte.
    Vibration erzeugt Wärme. Die Generatoren, die das Labor der Eisgrube mit Energie versorgten, waren auf der Oberfläche installiert, damit ihr Lärm und ihr Beben von den Kühlmaschinen und Williams Laborausrüstung getrennt waren. Die übrige Vibration wurde durch die Aufhängung in einem raffinierten Geflecht aus Stahlfedern und Magnetschwebefeldern gedämpft.
    Die Wärmeradiatoren der Eisgrube waren ebenfalls in der Nähe der Oberfläche aufgestellt, sechs Meter tief in den Schatten offener Gräben eingelassen, wo sie nie die Sonne sahen, sondern die Vorderseiten der alles absorbierenden Schwärze des Raums zuwandten.
    Drei Jahre waren seit der Umwandlung vergangen. Immer wieder hatte William die Erreichung seines Ziels verfehlt. Er forderte immer ausgefallenere und teurere Gerätschaften an, und meistens wurden sie ihm nicht genehmigt. Er hatte sich in die Abgeschiedenheit zurückgezogen, ein Opfer immer stärkerer Stimmungsschwankungen.
    Ich traf William im Hauptliftschacht am Anfang der Gasse, die zur Eisgrube führte. Normalerweise begegneten wir uns nur im Vorübergehen, wenn er pfeifend durch die kalten Gesteinsgassen zwischen seinem Wohngehege und dem Labor unterwegs war. Er hatte einen Kasten mit Denker-Unterlagen und zwei Spulen Kupferrohrleitung bei sich und machte einen vergleichsweise fröhlichen Eindruck.
    William war ein knorriger Stock von einem Mann, zwei Meter groß, mit tiefliegenden schwarzen Augen, einem langen, schmalen Kinn, schmalen Lippen, Augenbrauen und Haaren so dunkel wie der Raum und mit einem tiefen Schatten um die Kieferpartie. Er war selten still oder ruhig, außer bei der Arbeit; er konnte äußerst grob und schroff sein. Wenn er in einer Versammlung oder einer Diskussion über das lunare Com-Netz richtig loslegte, gebärdete er sich manchmal streitsüchtig bis zur Selbstzerstörung, und doch wurde er von den Menschen, die am engsten mit ihm zu tun hatten, geliebt und geachtet. Einige der Sandoval-Ingenieure hielten William für ein Genie im Umgang mit Werkzeugen und Maschinen, und bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen mir vergönnt war zu beobachten, wie seine Musikerhände das gesamte Instrumentarium inspirierten und überzeugten und verführten und wie durch eine willentliche Übereinkunft aller Teile der Materie etwas konstruierten, konnte ich dieser Einschätzung nur beipflichten; doch es war weniger Liebe, die ich für ihn empfand, als vielmehr Hochachtung.
    Auf die für sie typische Art war Rho verrückt nach ihm; aber schließlich war sie ebenso verbohrt wie William. Es war ein Wunder, daß sich ihre Vektoren ergänzten. Wir gingen nebeneinander her. »Rho ist von der Erde zurück. Sie befindet sich auf dem Flug von Port Yin nach hier«, sagte ich.
    »Hab’ ihre Nachricht erhalten«, sagte William und stieß sich mit Schwung ab, um die Gesteinsdecke drei Meter über uns zu berühren. Sein Handschuh holte einige träge Brocken Schaumstein herunter. »Ich muß die Robotniks veranlassen, neu zu sprühen.« Er bediente sich einer nonchalanten Sprechweise, die verriet, daß er nicht wirklich die Absicht hatte, dem Gedanken die Tat folgen zu lassen. »Ich hab’ jetzt endlich den QL in Gang gebracht, Micko. Die Interpretation ergibt einen Sinn. Meine Probleme sind gelöst.«
    »Das behauptest du jedesmal, bevor irgendein neuer Effekt dich wieder aus der Bahn wirft.« Wir waren bei einer großen, runden weißen Keramiktür angelangt, die den Eingang zur Eisgrube verschloß, und hielten vor einer weißen Linie an, die William vor drei Jahren an dieser Stelle dick aufgemalt hatte. Die Linie durfte nur auf seine Aufforderung hin überquert werden.
    Die Luke öffnete sich. Warme Luft strömte in den Gang; die Eisgrube war immer wärmer als ihre Umgebung, da sie mit sehr vielen
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