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Köpfe

Köpfe

Titel: Köpfe
Autoren: Greg Bear
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gestorben; er hatte Selbstmord begangen, anstatt sich Pekings Herrschaft der Sieben zu ergeben. Ein genialer Mann, doch meiner Meinung nach eine echte Anomalität in menschlichem Denken. Dann kamen einige Physiker der Cramerschen Laborgruppe an der Universität von Washington darauf, daß sie mit Hilfe von Hsus Arbeit Probleme in der Quantenlogik lösen konnten. Die post-Boolesche und die Quantenlogik waren füreinander geschaffen. Im Jahre 2060 war der erste QL-Denker fertiggestellt, doch niemand rechnete damit, daß er ein Erfolg werden würde.
    Leider verstieß es damals gegen das Gesetz, einen aktivierten Denker ohne Gerichtsbeschluß einfach abzuschalten, doch niemand konnte sich mit einem solchen unterhalten. Sein Verständnis der menschlichen Sprache war nicht ausreichend, er konnte ihrer Logik nicht folgen. Es war ein gefangenes Gehirn, Mickey; genial, aber vollkommen fremdartig. Also stand er fünf Jahre lang im Denker-Entwicklungs-Zentrum der Universität von Stanford herum, bevor Roger Atkins – du weißt, wer Roger Atkins ist, oder?«
    »William«, sagte ich warnend.
    »Bevor Atkins die breite Basis für eine anwendbare Reallogik fand, den Heiligen Gral der Sprache und des Denkens… seinen JLB-Interpretanten – ›Jede Logik Begreif end‹. Das ermöglichte die Unterhaltung mit dem QL. Er starb ein Jahr später.« William seufzte. »Schwanengesang. Das hier also« – er tätschelte den Interpretanten, einen flachen grauen Kasten von etwas fünfzehn Quadratzentimetern Grundfläche und neun Zentimetern Höhe – »befähigt uns, mit dem hier zu sprechen.« Er tätschelte den QL.
    »Warum hat vor dir noch nie jemand einen QL als Operateur benutzt?« fragte ich.
    »Weil der QL selbst mit dem Interpretanten – dieser QL jedenfalls – ein echtes Ungeheuer im Umgang ist«, erklärte er. Er tippte auf den Anzeigeknopf, und eine regenbogenfarbige Reihe von Streifen und verbindenden Grafiken erschien über dem Denker. »Deshalb war er so billig. Er kennt keinerlei Prioritäten, jeder Sinn für Bedürfnisse oder Ziele geht ihm ab. Er denkt, aber er bietet keine Lösung. Quantenlogiker können ein zentrales Problem umreißen, bevor das Prinzip und die Fragen begriffen sind, und dann endet das Ganze, zumindest aus unserer Sicht, in totaler Verwirrung. Häufig liefert er die Lösung zu einem Problem, das noch gar nicht aufgetaucht ist. Er beherrscht buchstäblich alles, außer einer linearen, zeitfolgerichtigen, logischen Denkweise. Die Hälfte seiner Bemühungen sind für zielorientierte Wesen wie uns unbrauchbar, aber ich kann diese Bemühungen nicht verwerfen, weil irgendwo in ihnen die Lösung zu meinen Problemen enthalten ist, auch wenn ich das Problem noch gar nicht formuliert habe oder mir noch gar nicht bewußt bin, daß ich ein Problem habe. Eine post-Boolesche Intelligenz. Sie funktioniert in Zeit und Raum, mißachtet jedoch ihre Beschränkungen. Sie befindet sich vollkommen in Übereinstimmung mit der Logik des Planck-Wheeler-Kontinuums, und genau da liegt die Lösung zu meinem Problem.«
    »Wann findet also dein Test statt?«
    »In drei Wochen. Oder früher, wenn nicht weitere Unterbrechungen dazwischenkommen.«
    »Bin ich dazu eingeladen?«
    »Wie alle Zweifler bekommst du einen Ehrenplatz in der ersten Reihe«, sagte er. »Sag mir Bescheid, wenn Rho eintrifft. Sag ihr, daß ich es geschafft habe!«

MEIN BÜRO LAG AM RANDE eines nördlichen Geheges, in einer abgeschiedenen zylindrischen Kammer, die früher ein Flüssigwassertank gewesen war. Es war viel größer, als ich es gebraucht hätte, genaugenommen fast wie eine Höhle, und mein Bett, der Schreibtisch, Schränke zur Aufbewahrung von Tafeldokumenten und anderes Mobiliar nahmen lediglich einen kleinen Bereich von etwa fünf Quadratmetern in der Nähe der Tür ein. Ich trat ein, setzte mich auf einen ausladenden Luftpolstersessel, rief die Tripel-Börse auf – die Wechselkurse innerhalb der Wirtschaftsphäre der drei Großen Planeten, also Erde, Mond und Mars – und begann mit meiner täglichen Durchsicht der Papiere des Sandoval-Konzerns. Üblicherweise konnte ich die jährlichen Betriebskosten der Eisgrube anhand solcher Informationen ermessen.
    Rhos Shuttle landete eine Stunde später auf der Landebahn Vier. Ich war gerade in die grafische Darstellung der Investment-Entwicklungen des Konzerns versunken, als sie mich auf der zweiten Leitung ansummte. William nahm bei sich nicht ab.
    »Micko, du kannst mir gratulieren! Ich habe etwas ganz
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