Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee
Autoren: Horst Eckert
Vom Netzwerk:
ansteht. Ich stimme dafür. Wer ist dagegen?«
    Der typisch krollsche Frontalangriff.
    Alle blickten Ballscheidt an.
    »Er mag ja ein ehemaliger Weltmeister sein«, stotterte der Dicke. »Aber er kassiert ein Wahnsinnsgehalt und hat bislang nur Nieten angeheuert. Die Verteidigung ist ein Hühnerhaufen und der Sturm …«
    »Ballscheidt, was hast du gegen mich?«, donnerte Kroll.
    »Natürlich nichts! Aber …«
    »Der Geschäftsführer muss sich den Beschlüssen des Aufsichtsrats fügen. Oder willst du etwa die Satzung infrage stellen, Ballscheidt?«
    »Natürlich nicht, aber …«
    »Dann stelle ich fest: ohne Gegenstimme angenommen.«
    Simone warf einen Seitenblick auf Lohmar. Kein Ring an seiner Rechten. Wenn der Typ nicht verheiratet war, hatte sie nichts gegen ihn in der Hand, überlegte Simone – kein Untreuevorwurf. Kein Dossier.
    In diesem Moment drang ein Scheppern von der Straße herauf. Rufe, die lauter wurden. Kroll runzelte die Stirn. Simone stand auf, um für ihn aus dem Fenster zu spähen.
    Auf dem Rathausvorplatz bauten junge Leute einen Infostand auf. Einige verteilten Flugblätter. Eine Frau sammelte Unterschriften. Daneben ein Typ mit Megafon.
    Transparente: G EKKO -B EACH DARF NICHT STERBEN !
    »Demonstranten«, meldete Simone.
    Kroll erhob sich. Auch die übrigen Sitzungsteilnehmer traten an die Fenster. Ein Raunen ging durch die Gruppe.
    Gekko-Beach war der angesagteste InTreff der Stadt. Der Inhaber hatte tonnenweise Sand von der Ostsee herangekarrt. Ein neues Wahrzeichen der Stadt. Allerdings eins, das Kroll im Weg war.
    Seit Langem plante er das Hafen-Congress-Centrum: zwei Hochhäuser mit Edelbüros und einem Hotel der Klasse Fünf-Sterne-Plus. Natürlich fanden notorische Nörgler ein Haar in der Suppe. Sogar die Zeitungen käuten die Oppositionspropaganda wieder.
    »Bezahlte Randalierer!«, wütete Kroll, tippte auf seinem Handy herum, bekam eine Verbindung und brüllte so laut, dass jeder im Saal mithören konnte. Er hatte den Beigeordneten Miehe an der Strippe, den Dezernenten für Wirtschaft und Ordnung. »Sorgen Sie dafür, dass diese Randalierer sofort verschwinden! – Was heißt hier Feiertag? Gefällt Ihnen Ihr Job nicht mehr?«
    Das sitzt, dachte Simone. Kroll war ein Naturtalent – Simone bezweifelte, jemals diese Klasse zu erreichen.
    Dann spürte sie, wie Lohmar seine Hand auf ihre Schulter legte. Der große, drahtige Mann mit dem weißen Haarschopf lächelte, als ginge ihn die ganze Aufregung nichts an.
    »Wir kennen uns, nicht wahr, Frau Beck?«, sagte er leise und zwinkerte.
3.
    Um Viertel vor zwölf verließ Reuter die Autobahn im Kreuz Moers.
    Seine Gedanken schalteten von Katja zu Robby.
    Er war gespannt, was die Vertrauensperson heute zu erzählen hatte. Robby Marthau: vierundzwanzig Jahre alt, eine Tunichtgut-Existenz zwischen Muckibude, Solarium und Disko. Umgänglich und mit einem sonnigen Gemüt gesegnet.
    Was den Türsteher auszeichnete, war sein Drang, sich wichtigzumachen. Marthau wollte gefallen, aber darin bestand auch ein Risiko: Manchmal behauptete er Dinge, die er nicht wissen konnte – Reuter hoffte, dass der Junge kein doppeltes Spiel trieb. Ob Robby selbst noch immer dealte, wollte Reuter lieber nicht wissen. Informanten mussten sauber sein, zumindest offiziell.
    Das Hotel lag an der Landstraße, kurz vor der Moerser Stadtgrenze. Reuter war pünktlich. An der Rezeption fragte er nach dem Schlüssel.
    Die Frau hinter dem Tresen erkannte ihn und wies in Richtung der Aufzüge. »Ihr Kollege ist schon oben.«
    Als Reuter die Tür zu Zimmer 312 öffnete, roch er Zigarettenqualm. Kollege Koch lehnte am offenen Fenster und rauchte.
    »Spinnst du, Michael?«
    »Mach die Tür zu, dann zieht es nach draußen.«
    »Willst du etwa die Bude bezahlen?«
    Koch schnipste die Kippe ins Freie und schloss das Fenster. Der Deal mit der Geschäftsführung des Hotels lautete, dass die Polizei bei Bedarf ein Zimmer umsonst bekam. Aber höchstens bis vierzehn Uhr und unter der Bedingung, dass es anschließend nicht gereinigt werden musste. Die meisten Räume waren Nichtraucherzimmer. Die Behörde war auf eine Gratisunterkunft angewiesen. Kostenmanagement.
    Koch fragte: »Hab ich dir schon erzählt, was die Ehe und ein Hurrikan gemeinsam haben?«
    »Ja, hast du.« Keine Lust auf schale Scherze.
    Reuter schaltete den Fernseher ein und zappte durch die Programme. Im Dritten eine Sportsendung. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister wurde als Aufsichtsratschef der Fortuna interviewt.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher