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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee
Autoren: Horst Eckert
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Fete extra auf den Feiertag gelegt.«
    »Hör zu, Renate wird es verstehen.«
    Er wusste, dass es Katja nicht um den Geburtstag ihrer Mutter ging. Sie selbst fühlte sich vernachlässigt. Zu oft kam er abends erst spät nach Hause. Auch seinen Urlaub hatte er schon ein paarmal verschieben müssen.
    Wenn er wenigstens mit Erfolgen glänzen könnte. Dann wäre sie stolz und würde nicht meckern. Ein Durchbruch gegen den Koksbaron wäre mein Karrierebeschleuniger, dachte Reuter. Kripochef Engel hielt große Stücke auf ihn. Zumindest hatte der Leitende Kriminaldirektor das behauptet, als er Reuter ins KK 22 versetzt hatte. Kurz zuvor war ein Prozess gegen Böhr unter spektakulären Umständen geplatzt: Beweismittel waren aus dem Büro des aktenführenden Kollegen verschwunden. Zu diesem Zeitpunkt hatte Reuter noch dem Inneren Dienst angehört, einer Gruppe von Beamten, die dem Führungsstab des Kripochefs angegliedert war und sich um schwarze Schafe in den Reihen der Polizei kümmerte.
    Reuters Job war es gewesen, den Skandal aufzuklären. Doch der mutmaßlich bestochene Aktenführer hatte sich als harter Brocken erwiesen. Norbert Scholz, ein alter Hase im KK 22. Ein ausgekochter Kriminalhauptkommissar von Ende vierzig, dessen Einstellung zum Dienst von Zynismus geprägt war. Reuter hatte Scholz zwei Telefonate mit Böhr nachweisen können. Gespräche ohne großen Inhalt: Der eine rief an, der andere legte sofort auf – eine Art stille Verständigung, vermutete Reuter.
    In den Augen der Staatsanwaltschaft hatte es nicht für eine Anklage gereicht, die strafrechtlichen Ermittlungen waren bald eingestellt worden. Das interne Disziplinarverfahren ruhte jedoch nur – vielleicht würde sich der mutmaßliche Maulwurf eine Blöße geben, sobald er sich sicher fühlte.
    Für die Dauer des internen Verfahrens war Scholz einer Dienststelle zugeteilt worden, in der er weniger Schaden anrichten konnte. Gehaltskürzung, Beförderungsstopp – mehr war ohne Zustimmung des Personalrats nicht drin gewesen.
    Unterdessen hatte Böhr seinen Freispruch ausgekostet und sich feiern lassen. Scharte Prominenz aus Politik und Showgeschäft um sich. Spielte das verfolgte Unschuldslamm. Drehte der Polizei eine Nase. Die Puppen tanzten weiter im Pleasure Dome.
    Kripochef Engel hatte Reuter auf Scholz’ bisherigen Posten gesetzt und ihm die Ermittlungen gegen den Koksbaron übertragen: Höchste Zeit, frischen Wind ins KK 22 zu bringen.
    Doch es gab Widerstand, mit dem Reuter nicht gerechnet hatte. Die Staatsanwaltschaft bremste, wo es nur ging. Kostenmanagement lautete die Devise – der Staat musste angeblich sparen.
    Noch in den Neunzigerjahren war die Bekämpfung der organisierten Kriminalität großgeschrieben worden, jedenfalls in der Öffentlichkeit. Naturgemäß waren die Ermittlungen langwierig und komplex – und damit nicht billig zu haben. Inzwischen gaben die Staatsanwälte jedoch nur noch grünes Licht, wenn der Erfolg vorab garantiert schien. Und der Landesregierung war es ohnehin am liebsten, wenn organisiertes Verbrechen erst gar nicht in der Statistik auftauchte – als sei ausgerechnet Nordrhein-Westfalen frei davon.
    Seit Monaten waren auf Böhr nur noch zwei Beamte angesetzt: Reuter und sein Kollege Michael Koch. Im Inneren Dienst hatte Reuter gegen Kollegen größere Geschütze auffahren können als heute gegen Gangsterbanden.
    »Kannst du dein Treffen nicht verschieben?«, maulte Katja.
    »Wie stellst du dir das vor? Soll ich meinem Informanten sagen, nein, es geht heute nicht, die Mutter meiner Lebensgefährtin feiert sechzigsten Geburtstag?«
    »Zum Beispiel.«
    Reuter schüttelte den Kopf. Der V-Mann war sein wichtigster Zuträger. Vor zwei Monaten war es mit seiner Hilfe gelungen, einen Kurier abzufangen. Dreißig Kilogramm Kokain waren in die Asservatenkammer gewandert, aber der Fahrer hatte aus Angst um sein Leben jede Kooperation verweigert – das gleiche Phänomen wie bei den Kunsträubern aus der Ukraine.
    Reuter löffelte Eigelb, etwas davon tropfte auf die Jeans. Er spuckte auf sein Taschentuch und rieb. Sein Handy klingelte. Er fand es unter der Zeitung. »Jan Reuter.«
    »Es klappt mit dem Hotel«, meldete Kollege Koch.
    »Wer ist dran?«, fragte Katja dazwischen.
    »Michael«, gab Reuter zurück. »Dienstlich.«
    Katja verdrehte die Augen.
    Reuter verließ den Esstisch und stieg die Treppe hoch. »Wieso das Hotel? Der Inder im Carsch-Haus tut es doch auch.«
    »Robby ist nervös geworden. Er verlangt einen
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