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Königsallee: Roman (German Edition)

Königsallee: Roman (German Edition)

Titel: Königsallee: Roman (German Edition)
Autoren: Hans Pleschinski
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Er war am Gemeindeleben in den USA interessiert, sie kannte sich darin aus: «Über den Staat Steuern für den Glauben, undenkbar.»
    Durch eine Berührung des Ellenbogens lenkte Thomas Mann Klaus Heuser in Richtung Garten. Sie gingen mit geneigtem Kopf, stumm. Thomas Mann nahm geschnürte Kappenschuhe wahr, die nicht zum Smoking paßten, doch wie sie ihm 1927 aufgefallen waren; daneben glänzte der schwarze Lack der seinigen. Vor ihnen teilte sich die Menge, ein Herr wischte sich rasch Bierschaum von den Lippen, eine Dame blickte verzückt. Erika Mann löste sich vom Pastor, ihr Bruder vom hohen Tischchen. Die Geschwister folgten dem Paar.
    «Ich danke Ihnen für den Gruß nach Asien.»
    «Sie hatten mir sehr aufmerksam von Ihrer Passage durch das Rote Meer geschrieben. Das Dahinschippern durch die Glut, die Kamele auf der ägyptischen Seite.»
    «Tagsüber konnte man sich nicht an Deck aufhalten. Man zerschmolz. Der Erste Offizier der Heidelberg verpaßte mir für den Landgang einen Tropenhelm.»
    «So, so, ein neuer Lawrence von Arabien.»
    «Nicht doch. Ich schluchzte jede Nacht vor Heimweh und wollte doch weit fort.»
    «Ich hatte mich gerade das erste Mal in der Schweiz eingerichtet. Wahrlich auch kein Lustwandeln.»
    «Ihre Karte rührte mich tief. Sie schrieben, daß aller Spuk bald vorbei sein möge.»
    Thomas Mann seufzte tief. «Er begann erst.»
    «Post aus Europa, und dann von Ihnen. Ich habe die Karte überall bei den Holländern herumgezeigt, verzeihen Sie.»
    Thomas Mann winkte ab. «Ich wollte selbst einmal nach Neuseeland auswandern. Ja, staune nur. Aber, herrje, unsereiner allein, zwischen Schafen, ein ungebundener Mensch. Doch wo wohnen und wie, mit deutscher Zunge zwischen Kolonisten aus Londoner Vorstädten, unvorstellbar, der erlaubte Anflug einer Narretei. Personen, Schriftsteller im Klippenwind, die nach Walen Ausschau halten, sind andere als ich. Ich muß doch unser Haus in Ordnung halten. Es ist groß, es ist ehrwürdig, Unholde und Dämonen wollen es immerfort verwüsten. So war auf heikler Wacht zu bleiben.»
    Klaus Heuser nickte ein wenig furchtsam. «Das haben Sie gemeistert. Ein Film läuft jetzt nach Ihrem Buch.»
    «Er hat mich leidlich amüsiert. Prinz Klaus Heinrich ist meines Erachtens zu bieder besetzt. Die Darstellerin Leuwerik galoppiert indes als Imma Spoelmann recht könnerisch. Vielleicht wird’s dermaleinst mit dem Krull etwas pfiffiger. Und der Eros, der die Liebe lenken will – ob man es gutheißt oder nicht –, muß doch der Anlaß allen Treibens sein, schon gar bei den Larven auf der Leinwand. Wo nur unempfängliches Volk sich plackt, dort ist der Tod bereits zu Haus.»
    Sie hatten den Rand der Terrasse erreicht. Hinter ihnen wurde ungestörter gezapft, vor ihnen breitete sich bis zum Brunnen der dunkle Garten aus.
    «Dann brach der Kontakt ab.» Klaus Heuser war sich unsicher, ob er seinerseits die obersten Stufen zum Parkweg hinabsteigen sollte. Thomas Mann sog die Nachtluft ein. «Tat er das?»
    Ob die Frackschulter zufällig und kaum spürbar den Smokingstoff berührte oder Klaus’ Ärmel das Dichtergewand, war unklar.
    «Ich soll Ihnen …»
    Thomas Mann blickte fragend zur Seite. «Ich will ganz offen sein, ein Buch Ihres Sohnes zur Wertschätzung ans Herz legen.»
    Das «Ach» war nicht zu deuten.
    «Sagen Sie’s ihm nicht weiter. Er hat sogar einige Stellen angestrichen, die ich als besonders gelungen vorlesen soll. Und ich glaube, sein Buch ist sehr gut. Wollen Sie ihn nicht segnen, ich meine, mehr fördern?» Thomas Mann wirkte maßvoll verblüfft.
    «Golo will auch gar nicht Dichter werden, sondern historischer Erzähler.»
    «Das beruhigt.» Heuser legte dem Vater Vom Geist Amerikas in die Hände. «Und dann wäre da noch etwas», murmelte er beklommen.
    «Nur zu. Du darfst.»
    Klaus war von der wiedererwachten Vertraulichkeit bewegt. «Wir sind von einem Professor überfallen worden.»
    «Eine nette Geschichte», befand Thomas Mann, «eine neue Weise der Gelehrten?»
    «Er ist ihr Patenonkel, will sagen, der Ihrer Tochter Elisabeth.»
    «Bertram?»
    «Er ist hier. Er war, sagt er, Ihr Freund und Ratgeber.» Der Dichter blieb eine Reaktion schuldig. «Er hat 1933 Bücher verbrannt und Gedichte für den Sieg der arischen Rasse geschrieben.»
    «Grauenhaftes Gedröhn, wie sollte es anders geraten bei einem akademischen Chauvinisten.»
    «Nun bereut er, glaube ich, und ersehnt sich Versöhnung.»
    «Ein ehedem gescheiter Kopf.»
    «Sie erkennen ihn sofort
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