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Königin der Piraten

Königin der Piraten

Titel: Königin der Piraten
Autoren: Danelle Harmon
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es jetzt noch für einen Unterschied? Heute würde sie heiraten. Sie hätte ihrer Familie schon vor Monaten schreiben sollen, damals, als sie erfahren hatte, dass ihre Eltern sie gar nicht im Stich gelassen hatten. Nun war es zu spät.
    Tu es, Maeve.
    Selbst als ihr Herz sich wie in den vergangenen sieben langen Jahren hinter seinem Schutzwall verkriechen wollte, wusste sie, dass es kein Zurück gab. Schließlich hatte sie in den letzten drei Wochen miterlebt, wie sehr die Falconers ihr liebevolles Familienleben genossen. Es war an der Zeit, ihre Dämonen hinter sich zu lassen und der Wahrheit ins Gesicht zu sehen.
    »Ich liebe dich, Gray«, flüsterte sie dem Prachtkerl auf dem Gemälde zu, und das tat sie wirklich. Denn wenn ihr Admiral sie nicht so vieles über Verletzlichkeit, ein offenes Herz, Liebe, Mut und Vertrauen gelehrt hätte, wäre sie heute nie zu dem imstande, was sie nun tun würde.
    Als Maeve mit hoch erhobenem Kopf die Tür zum Arbeitszimmer aufstieß, sah sie, dass das Sonnenlicht wie ein Fingerzeig Gottes auf nichts anderes im Raum fiel als auf den geschnitzten Eichenholzschreibtisch vor dem Fenster. Sie schloss die Tür hinter sich, durchquerte das Zimmer, zog sich den Schreibtischstuhl heran und setzte sich.
    Stille lastete auf dem Raum.
    Maeve betrachtete die Schreibfedern auf dem Tisch. Das Tintenfass. Das leere Schreibpapier, das nur auf die Ergüsse ihres Herzens zu warten schien.
    Schieb es nicht länger vor dir her.
    Sie griff zu einer Feder und strich über den weichen Schaft. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Langsam zog sie einen Bogen Papier zu sich heran.
    Drüben in der Diele schlug die Uhr zur vollen Stunde und erinnerte sie daran, dass die Zeit verrann. Unwillkürlich musste sie an ihren geliebten Großvater Ephraim und seinen Uhrentick denken. Worauf wartest du noch, Maeve? Tu es. Erneut griff sie mit zitternder Hand zur Feder, biss sich auf die Lippen und begann zu schreiben ...
     
    Liebe Mama, lieber Papa,
     
    während ich diese Zeilen schreibe, geht gerade die Sonne auf. Ich bin in England, und ich glaube, ihr solltet wissen, dass ich heute heirate ...
     
    Sie hielt inne und las ihre Worte noch einmal durch. Sie klangen kalt und unpersönlich. Aufschluchzend ballte Maeve den Briefbogen zu einer Kugel zusammen, die sie auf den Boden schleuderte, und versuchte es noch einmal.
     
    Liebe Mama, lieber Papa,
     
    ich bin es, eure Tochter Maeve. Ich weiß, dass ihr glaubt, ich wäre tot, aber ...
     
    Nein. Das war ja noch schlimmer. Frustriert zerknüllte Maeve den Brief, sprang auf und eilte zur Tür, wo sie schwer atmend stehen blieb und gegen die Tränen ankämpfte. Während sie zuschaute, wie das orangerote Sonnenlicht stärker, heller, weißer, wärmer wurde, legte sie die Hand an die Tür und dachte an das Porträt, das draußen hing. Sie konnte aus dem Arbeitszimmer flüchten, und niemand außer ihr würde je etwas davon erfahren - oder sie konnte bleiben und sich ihren schlimmsten Ängsten stellen. Sie blickte zurück zum Schreibtisch, zu der Feder auf dem Stapel Schreibpapier, dem zurückgeschobenen Stuhl, der darauf wartete, dass sie wieder Platz nahm und eine Entscheidung fällte.
    Sie ballte die Hände zu Fäusten und ging langsam zurück zum Schreibtisch, setzte sich und begann unter Tränen erneut zu schreiben.
     
    Liebe Mama, lieber Papa,
     
    ich weiß nicht, wie ich einen Brief beginnen soll, schon gar nicht diesen Brief. Es ist fürchterlich schwer, sich bei Menschen zu entschuldigen, wenn man sieben Jahre lang das Schlimmste über sie gedacht hat. Vor allem wenn diese Menschen zur eigenen Familie gehören. Trotzdem zwinge ich mich dazu, und wenn dieser Brief nie bei euch ankommt, habe ich doch wenigstens einmal einen Anfang gemacht...
     
    Maeve biss sich auf die Lippen, die ganz rot wurden, während die Feder immer schneller über das Papier flog und ihre Gedanken darauf festhielten ...
     
    Eine Verkettung höchst ungewöhnlicher Umstände in meinem Leben hat dazu geführt, dass ich euch endlich schreibe; nicht zuletzt dass Glück, dass ich einen wundervollen Mann kennen gelernt habe, der mir gezeigt hat, was es heißt, zu lieben, zu vertrauen und bereit zu sein, etwas zu riskieren. Ohne ihn würde ich immer noch schmollend und verbittert in der Karibik sitzen, wo in den letzten sieben Jahren mein Zuhause war. Doch während der ganzen Zeit, in der ich meine Wunden geleckt habe, habt ihr beide auch die euren geleckt - das ist mir heute klar. Oh, Papa, oh,
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