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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman
Autoren: Katja Doubek
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und nur wenig Zeit für ihn hatte. Die größten Schwierigkeiten machte ihm allerdings die Tatsache, dass er sich als Cormacs Sohn zurückgesetzt fühlte und nur schwer ertrug, dass er umgeben von Sklaven leben musste. Ähnlich ging es Grandma Del.
    Die alte Nana hatte es so eingerichtete, das Delilah die Hütte direkt neben der ihren bewohnte. Anne hatte für eine komfortable Einrichtung gesorgt und ein paar Hühner und zwei Ziegen gekauft. Trotzdem vermisste Grandma Del ihr Grundstück auf Pinos. Nana verstand ihre neue Nachbarin. Sie freundete sich mit Delilah an, fragte sie hin und wieder um Rat und hörte wissbegierig zu, wenn Grandma Del ihr erzählte, wie sie Krankheiten behandelte und was bei Geburten unbedingt zu beachten war. Bald waren die beiden alten Frauen unzertrennlich. Delilah begann ihren Status als weise Frau, deren Rat geschätzt wurde, zu genießen.
     
    Anne verbrachte die ersten Monate damit, ihr Elternhaus zu renovieren. Mit Kabelos Hilfe wurden die Wände der Zimmer neu gekalkt. Alte Möbel wanderten in die Hütten der Sklaven. Mottenzerfressene Teppiche wurden gestopft oder gegen neue ausgetauscht. Anne bezog das Zimmer, in dem ihre Mutter gelebt hatte, aus ihren eigenen Räumen wurden Kinderzimmer mit hellen Vorhängen. William Cormac betrachtete die Veränderungen mit Skepsis.
    »Dass ihr Frauen immer alles umkrempeln müsst. Ich verstehe das
nicht. Vorher hatte alles seinen festen Platz, und wenn ich jetzt am Abend nach Hause komme, finde ich nichts mehr. Dass du mir mein Arbeitszimmer nicht anrührst, hörst du!« Er drohte scherzhaft mit dem Finger.
    Mimber war begeistert von Annes Elan. Anne hatte ihr erlaubt, ihre Kammer nach ihrem Geschmack einzurichten, und auch für Tilly ein neues Bett und ein feines Waschgeschirr aus rosenverziertem Porzellan gekauft. In der Küche ersetzte sie den alten Spülstein durch ein neues Becken, besorgte ein neues Schürbesteck für den Ofen, tauschte die angeschlagenen Teller gegen ein feines Service und wechselte die zerlöcherten Servietten, die ihre Mutter einst mit Hohlsäumen versehen hatte, gegen neue Mundtücher aus Damast.
    »Miss Anne, wenn Sie so weitermachen, werden wir uns bald vor lauter Vornehmheit kaum noch trauen, uns im Haus zu bewegen.« Mimber strahlte, als Anne eines Tages mit drei Dutzend geschliffener Gläser vom Hafen zurückkehrte. Die anfänglichen Bedenken der Mulattin waren längst zerstreut. Anne behandelte sie mit Respekt und achtete peinlich darauf, sich nicht in Mimbers Aufgabenbereiche einzumischen.
    Grandma Del beaufsichtigte jeden Nachmittag gemeinsam mit Kisu die Kinder. Mike und Mary krabbelten inzwischen. Der kleine Jack war am glücklichsten, wenn er mit Kabelos Söhnen herumtoben durfte.
    Anne hatte sich fest vorgenommen, ihre Rolle als Hausfrau und Mutter anzunehmen und das Beste daraus zu machen. Sie jätete Unkraut, bis die weiß gekieste Einfahrt strahlte. Sie pflanzte Blumen rund um das Haus, und als Katze Lucy ihren Wurf mit vier Jungen präsentierte, polsterte sie ein altes Körbchen aus und richtete Lucy zu Jacks Entzücken ein Wochenbett in einer schattigen Ecke der Veranda ein.
    Je weiter die Arbeiten am Haus sich dem Ende näherten, umso deutlicher spürte sie das altbekannte Brennen. Nicht dass sie sich nach dem Leben auf See sehnte. Die Zeit, die sie auf dem Meer verbracht hatte, war zu einer abenteuerlichen Erinnerung verblasst. Die Gefahren waren zu groß. Anne nahm die Verantwortung für die Kinder so ernst, dass ein Ausbruch niemals in Frage gekommen wäre. Sich den
ganzen Tag um das Haus herum zu bewegen, war allerdings auch nicht nach ihrem Geschmack.
    Der kleinste Vorwand war ihr gut genug, um mit dem Zweispänner in die Stadt oder zum Hafen zu fahren. Dort erledigte sie ihre Einkäufe und nahm einige Male sogar die Einladung alter Bekannter oder Freundinnen aus der Schulzeit an. Die Begegnungen waren ernüchternd. Aus den wenigen Mädchen, mit denen sie Kontakt gehabt hatte, waren Matronen geworden, die je nach Geldbeutel kleinere oder größere Häuser führten und ihr Personal überwachten.
    Annes Rückkehr und die Tatsache, dass sie einundzwanzig jährig mit drei Kindern, aber ohne Mann, wieder zu ihrem Vater gekommen war, war Stadtgespräch. In den Teesalons der feinen Gesellschaft spekulierten die Damen über das Leben, das die Tochter des angesehenen William Cormac in der Vergangenheit geführt hatte. Anne verspürte kein Bedürfnis, die Neugier ihrer Gastgeberinnen zu befriedigen, und
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