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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman
Autoren: Katja Doubek
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Eine Anzeige hätte ihn und seine Helfer unweigerlich ins Gefängnis gebracht. Schweigend verließ er das Kontor.
    Anne übertrug Jubilo seinen Posten und wandte sich an die Arbeiter.
    »Ich er warte, dass ihr ab heute ehrlich und anständig arbeitet. Wenn einer von euch damit ein Problem hat, kann er sein Bündel packen und gehen. Ich werde davon absehen, das zu bestrafen, was bisher passiert ist, aber wenn Mr. Jubilo oder ich einen von euch bei etwas Unrechtem erwischen, seid ihr dran. Habt ihr das verstanden?« Die Arbeiter sahen verlegen auf den Boden, bis einer von ihnen das Wort ergriff.
    »Madam, Mr. Jubilo, Sie können sich auf uns verlassen.«
     
    Wenn Handelsschiffe im Charlestoner Hafen anlegten und ihre Ladung löschten, war Anne immer unter den Ersten, die die Fracht inspizierten. Keine Auktion, bei der ihre roten Locken nicht aus der vordersten Reihe weithin über den Platz sichtbar leuchteten, kein Preis,
den sie nicht drückte, kein Verkauf, bei dem sie nicht ansehnliche Gewinne erwirtschaftete.
    Das Lagerhaus war voll bis unter die Decke, die Waren ansprechend präsentiert, der Boden blitzblank gescheuert. Anne hatte Lord und Lady, die beiden muntersten Katzen aus Lucys Wurf, mit in die Halle gebracht. Neben ihrem Schreibtisch stand ein flacher Korb, von Kisu extra zu diesem Zweck geflochten. Hier dösten Lord und Lady, wenn sie ihre Pflicht erfüllt und Ratten und Mäuse das Fürchten gelehrt hatten.
    So jung er war, entpuppte sich Jubilo als erstklassiger Vorarbeiter. Er forderte seinen Leuten ein Höchstmaß an Leistung ab, achtete aber gewissenhaft darauf, dass sie am Mittag eine Pause erhielten, während der sie in Ruhe essen, trinken und sich ausruhen konnten. Die Arbeiter dankten es ihm mit uneingeschränkter Loyalität.
     
    Vor dem Lagerhaus standen drei Fuhrkarren, die abgeladen werden mussten. Anne hatte auf einer Auktion gelackte Möbel aus China, gold- und silberdurchwirkte indische Webwaren und Hängematten aus Peru erworben. Sie saß an ihrem Schreibtisch und notierte die Anzahl der einzelnen Posten sowie den Platz, den Jubilo in den Regalen dafür vorgesehen hatte. Anne arbeitete so konzentriert, dass sie den Fremden nicht bemerkte, der mit den Arbeitern die Halle betrat.
    Der Mann trug einen Überrock aus Brokat und eine farblich abgestimmte Seidenweste. Seine Strümpfe leuchteten in makellosem Weiß, die Hose war maßgeschneidert. Den Schnallen auf seinen Schuhen sah man auf den ersten Blick an, dass sie ein Vermögen gekostet hatten. Die Locken seiner kostbaren Echthaarperücke lagen perfekt auf den Schultern, und der Dreispitz, den er in der Hand hielt, war nach der neuesten Pariser Mode geformt. Jubilo trat auf ihn zu.
    »Darf ich Ihnen behilflich sein, Sir? Haben Sie einen Wunsch?« Der vornehme Herr lächelte ihn freundlich an, legte den Finger auf die Lippen und zog Jubilo in eine Ecke, sodass er für Anne nicht zu sehen war.
    »Ich habe die junge Dame mit dem betörend roten Haar am Hafen bei der Auktion gesehen und bin ihr gefolgt.« Er hielt Jubilo ein Achterstück unter die Nase.

    »Ich möchte ihre Bekanntschaft machen, aber ich will sie nicht stören. Wenn es möglich ist, würde ich mich ein wenig umschauen und mich dann vorstellen.« Jubilo sah sein Gegenüber prüfend an, dann nahm er das Achterstück und steckte es in die Hosentasche. Die Manieren, die gepflegte Erscheinung, kein Zweifel, der Mann hegte keine unlauteren Absichten.

-54-
    A nne war so in ihre Bilanzen vertieft, dass sie zunächst nicht gewahr wurde, als der fremde Mann sich näherte. Knapp einen Meter hinter ihrem Stuhl hielt er inne und beobachtete sie. Anne tauchte die Feder in das Tintenfass und schrieb. Ein ungewohnter Duft ließ sie aufmerken. Es roch nach Lavendel und geplättetem Leinen. Sie drehte sich um und sah dem Besucher in die Augen. Als sie erkannte, wer hinter ihr stand, durchströmte sie eine Hitzewelle. In ihren Schläfen pochte das Blut. Sie sprang auf und warf dabei ihren Stuhl um.
    »Verzeihen Sie, Madame, ich wollte Sie nicht erschrecken.« Der Besucher bückte sich und stellte den Stuhl wieder an seinen Platz. Anne schluckte.
    »Wer hat Sie hereingelassen? Was tun Sie hier?«, stotterte sie und verbarg ihre Rechte hinter ihrem Rücken, um mit dem Daumen den Rubin ihres Ringes nach innen zu drehen. Der Mann verneigte sich höflich und lächelte.
    »Ihr Vorarbeiter war so freundlich, mir einen Rundgang durch Ihr beeindruckendes Lagerhaus zu gestatten. Ich bin auf der Suche nach
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