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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman
Autoren: Katja Doubek
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gemacht.«
    Bis zum verabredeten Sonntag kam de Vevre jeden Tag mit frischen Blumen in das Handelshaus. Anne ertappte sich dabei, dass sie sich
auf seine Besuche freute und unruhig wurde, wenn er sich verspätete. Seine wortgewandte Art, sie mit kleinen Anekdoten zu amüsieren, die Komplimente, die durch seinen melodischen, französischen Akzent noch charmanter klangen, seine tiefbraunen Augen. Anne gab es nicht einmal vor sich selbst zu, aber sie hatte sich verliebt.
    Am Sonntagmorgen stand Anne früh auf und ging in die Küche, um ihr Waschgeschirr mit warmem Wasser zu füllen.
    Sie wusch Hals und Gesicht und sah in den Spiegel. Ihre Haare glänzten, die Augen leuchteten. Drei Kleider zog sie nacheinander an, bis sie sich endlich für Mieder und Rock aus grünblau changierender Seide entschied. Kritisch betrachtet, war das Kleid zu vornehm für eine Tageseinladung, aber Anne gefiel sich darin.
    Zur verabredeten Zeit hielt ihr Zweispänner am Hafen. De Vevre war persönlich mit dem Beiboot gekommen, um sie abzuholen. Während zwei Matrosen zum Schiff ruderten, reichte er Anne ein Glas gekühlten Champagner. Anne spürte die Wirkung sofort. Beschwingt kletterte sie die Jakobsleiter hinauf.
    »Sie sind schneller als die meisten meiner Männer und um einiges eleganter.« De Vevre reichte ihr seinen Arm.
    Der Tisch in der Kajüte war festlich gedeckt. Teller und Besteck glänzten golden auf weißem Damast. Verschiedene Weine schimmerten in bauchigen Karaffen.
    »Ich trinke nicht viel«, wehrte Anne ab, als de Vevre ihr ein zweites, frisch gefülltes Champagnerglas reichte. Er küsste ihre Hand.
    »Doch, Madam, heute werden Sie trinken, denn heute ist ein ganz besonderer Tag, und ich habe eine Überraschung für Sie.«
    Sieben Gänge ließ er aufdecken, ein Gericht köstlicher als das andere. Anne konnte sich nicht erinnern, jemals so erlesene Speisen genossen zu haben.
    »Wenn ich so viel essen würde, wie es mir schmeckt, würde ich hier in der Kajüte vor Ihren Augen platzen!« Sie lachte und nahm eine zweite Portion vom Dessert. Ihre Augen strahlten, die Wangen glühten, Champagner, Weißwein, Rotwein, Port, sie hatte alles getrunken, was de Vevre ihr eingeschenkt hatte. Kichernd legte sie ihre Serviette neben den Teller und strich sich eine Locke aus dem Gesicht.
    »Wo hat Ihr Koch sein Handwerk gelernt? Mein Kompliment, Mr.
de Vevre, ich habe noch nie so gut und wahrscheinlich auch noch nie so viel gegessen. Jetzt hoffe ich nur, dass die angekündigte Überraschung nicht essbar ist, denn dann müsste ich passen.«
    »Madame, mein Koch hat sein Handwerk genau wie ich in Frankreich gelernt. Und wie Sie wissen, sagt man uns Franzosen nach, dass wir etwas vom Essen und von der Liebe verstehen.« De Vevre hatte sich erhoben und stand so dicht vor Anne, dass er sehen konnte, wie das Blut in ihrer Halsschlagader pochte. Anne versank im samtenen Polster ihres Sessels.
    »Monsieur, Sie vergessen sich«, versuchte sie die pikante Anspielung auf Französisch zu entschärfen. De Vevre schüttelte den Kopf.
    »Keineswegs, Anne, ich war noch nie so klar bei Verstand wie in diesem Augenblick. Ich weiß, wer du bist, ich wusste es vom ersten Tag an, als ich deine zarten Hände sah. Das waren keine Männerhände. Seit du mein Schiff gekapert hast, verfolge ich deine Spur. Einige Male war ich ganz nah an dir dran, doch dann bist du mir wieder entwischt, und es dauerte Monate, bis ich dich wieder gefunden hatte. In jeden Hafen dieser Erde wäre ich gefahren, um dich zu finden, und jetzt habe ich dich gefunden und werde dich nie mehr gehen lassen.«
    Anne war mit einem Schlag nüchtern.
    »Mr. de Vevre, ich werde für alles aufkommen. Ich zahle jede Summe, begleiche jeden Schaden, der Ihnen damals entstanden ist. Aber ich bitte Sie, bei allem, was Ihnen heilig ist, zerstören Sie nicht das Leben, das ich mir gerade aufgebaut habe.« De Vevre sah sie spöttisch von oben herab an.
    »Und warum sollte ich dich schonen? Kannst du mir einen Grund sagen? Du und deine Leute, ihr habt mein Schiff geplündert, habt meine Matrosen bedroht. Du hast mir den Ring meiner Mutter gestohlen, obwohl ich dich gebeten habe, mir dieses Erinnerungsstück zu lassen.« Anne war so verzweifelt, dass sie den amüsierten Unterton in de Vevres Stimme nicht bemerkte. Sie sah auf ihre rechte Hand, wo sonst der Rubin prangte.
    »Ihren Ring kann ich noch heute zurückgeben«, flüsterte sie und fügte kaum hörbar hinzu: »Schonen Sie mich für meine Kinder,
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