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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht
Autoren: Bernhard Hennen
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Hatte er nicht von seinem Golde Getreide in Ägypten gekauft und unter den Bedürftigen verschenken lassen, als Hungersnot herrschte? Hatte er nicht in schlechten Zeiten die Last der Abgaben gesenkt und das gierige Rom ferngehalten? Und hatten sie es ihm gedankt? Nein! Einen König wie ihn hatten sie nicht verdient.

    Ein neuerlicher Krampf peinigte ihn. Verfluchter Schmerz! Nur Opium vermochte ihn zu lindern. Aber das wagte er nicht zu nehmen! Er musste bei klarem Verstand bleiben. Wieder überkamen ihn Zorn und Bitternis. Seine Güte hatten sie ihm mit Missgunst und Aufständen vergolten, die Judäer, Galiläer und Samariter. Nun sollten sie zu spüren bekommen, was es hieß, einen ungnädigen König zu haben.
    »Dumnorix!«
    »Ja, Herr!« Der Kommandant seiner gallischen Leibwache trat vor sein Lager. »Ich wünsche, dass aus jedem Dorf, nein, aus jeder Sippe in Judäa jemand verhaftet wird. Männer, Frauen, Kinder, wer immer euch als Erstes begegnet, wenn ihr ein Haus betretet, den nehmt ihr mit. Schafft sie alle hierher nach Jericho in das Hippodrom, und postiert auf den Besucherrängen Bogenschützen, auf dass keiner davonläuft.«
    Der Offizier nickte knapp und verließ dann eiligen Schrittes die Terrasse. Gute Gallier! Sie dienten allein dem Gold. Bei ihnen konnte er sich ganz sicher sein, dass seine Befehle ausgeführt wurden.
    Der König musterte die Gesichter seiner Frauen und Kinder, die um ihn herumstanden. Eine große Familie hatte er … Groß genug, um jederzeit auf einige von ihnen verzichten zu können. Sie wussten das! Alle wichen sie seinem Blick aus. Ihnen war klar, was diese Verhaftungen für seine Nachfolger bedeuten mochten. Es könnte einen neuen Aufstand geben. Vielleicht schritt auch der verdammte Augustus ein und nahm dies Unrecht zum Anlass, das Königreich endgültig unter römische Herrschaft zu stellen. Aber was scherte ihn das, wenn er im Grab lag. Sollten doch die Römer herrschen! Dann würden die Völker Israels ihm
schon sehr bald nachtrauern. Die Römer würden ihnen keinen Tempel bauen. Und das bisschen Blut, das er vergossen hatte … Wenn sie die Römer so reizten wie ihn, dann würden wahre Ströme von Blut fließen.
    »Bitte, Bruder«, flüsterte Salome. »Sei gnädig. Ruf die Gallier zurück. Beende deine Herrschaft mit einem Unrecht, und all dein Ruhm wird verblassen!«
    Sie hat mehr Mut als meine verdammten Söhne. Ob sie wohl die Herrschaft an sich reißen würde? Hatte sie vielleicht falsches Zeugnis über Antipater abgelegt, damit sein ältester Sohn aus dem Weg war? »Noch bin ich der Herrscher!«, fuhr er sie an.
    Wieder ertönte weit entfernt im Garten helles Gelächter. Seine Gallier sollten diese Weiber greifen und ihnen die Zungen herausreißen! Kein Respekt! Er rang mit dem Tod, und ganz Judäa frohlockte! Aber ihr Lachen würde ihnen noch vergehen. Er war der König! Und es lag in seiner Macht, sein Volk lachen oder weinen zu lassen! Und das sollten sie spüren! »An dem Tag, an dem ich sterbe, soll in jedem Haus in diesem Land geweint werden, so wie es sich gehört, wenn ein König stirbt! Deshalb sollen noch in der Stunde meines Todes alle hingerichtet werden, die ins Hippodrom geschafft wurden!« Er klatschte in die Hände. »Und nun macht euch davon, oder ich lasse auch euch in das Hippodrom schicken und vererbe mein Königreich dem Augustus! Hinweg mit euch allen!«
    Endlich allein, genoss er den Anblick des Gartens. Überall blühten nun Blumen. Alles wuchs und gedieh. Nur er würde vergehen … Doch wenigstens sein Name würde bleiben. Niemals würde man Herodes, den König von Judäa, vergessen!

    Dies alles geschah – genau genommen – vier Jahre, bevor der Stern über Bethlehem leuchtete … Herodes war vor allem der Mörder seiner eigenen Kinder. Die Bluttat, die ihm das Matthäus-Evangelium andichtete, hat er nicht begangen. Doch sind nicht jene ketzerische Narren, welche die Jahre an den Fingern abzählen und dann die Köpfe schütteln? Was zählt schon Genauigkeit, wenn es gilt, eine Geschichte zu erzählen, die den Lauf der Welt verändern soll. Wird die Wahrheit nur konsequent unterdrückt, so werden sich Lügen zur Wahrheit erheben. So dachte auch ein anderer Fürst zwölfhundert Jahre später …

XANTEN AM NIEDERRHEIN, DER ZWEITE JANUAR 1189
    »… und als zur Mitternacht kam angeritten, der Teufel aus dem glüh’nden Höllenreich, da hat man sie vom Galgen abgeschnitten und warf die Schurken in den Mühlenteich.«
    Mit einem dramatischen
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