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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht
Autoren: Bernhard Hennen
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trennte die Türkammer vom Hauptraum. Hartmann klopfte sich den Schnee von den Kleidern und achtete darauf, nicht in den Fettnapf zu treten, der dicht bei der Schwelle stand. Entlang der Wände waren bis zur niedrigen Decke hinauf Holzscheite gestapelt. Der Geruch des abgelagerten Holzes mischte sich mit dem Rauch, der durch den Vorhang drang. Er hörte Stimmenraunen im Hauptraum.
    Hartmann tastete nach dem Schabeisen und kratzte sich den festgebackenen Schnee von den Stiefeln. Er war ein wenig unruhig. Was hatte der Pförtner gemeint … Was erwartete ihn hier? Als er sich aufrichtete, stieß er mit der Laute gegen einen der Holzstapel. Ein dissonanter Ton drang durch das Lederfutter. Hartmann lächelte. Von solchem Geschwätz würde er sich nicht ins Bockshorn jagen lassen! Entschlossen zog er den Vorhang zur Seite und trat in den Hauptraum.
    Eine junge Frau in einem grünen Kleid mit perlenbesticktem Gürtel kam ihm entgegen. »Willkommen auf Burg Waldeck, Fremder.« Wie zufällig ließ sie bei der Begrüßung ihren Umhang aus verfilztem Wolfsfell halb von den Schultern gleiten.
    »Ich danke für die Gnade, in einer solchen Nacht ein Dach über dem Kopf haben zu dürfen.« Hartmann deutete eine Verbeugung an und musterte die Frau dabei aus den Augenwinkeln. Sie war nicht im landläufigen Sinne hübsch, doch hatte sie etwas an sich, das einem Mann auf den ersten Blick die Glut zwischen die Schenkel trieb. Sie trug das lange rote Haar offen. Ihre Augen waren grün und
von buschigen Brauen überschattet. Die kleine Nase zierten halb verblasste Sommersprossen, und ihr Mund … Der junge Ritter räusperte sich nervös. »Ich danke dem Schicksal, das mich in das Haus einer solch gnädigen Herrin geführt hat.« Er setzte sein charmantestes Lächeln auf. »In Euren Augen lebt selbst in der kältesten Winternacht die Erinnerung an das wunderbare Grün der Frühlingswiesen weiter.«
    Sie erwiderte sein Lächeln. »Ihr sprecht wie ein Dichter, doch ich bin keine Herrin. Ich bin lediglich die Kebse des Herrn von Waldeck, und jeder hier im Saale redet schlecht von mir, weil ich meinen Mann verlassen habe, als der Herr mir befahl, hierherzukommen, um für ihn die Beine breit zu machen.« Sie warf einen verächtlichen Blick zu den übrigen Bediensteten, die an der langen Tafel des Saals saßen und mit unverhohlener Neugier zu Hartmann herüberstarrten.
    »Und Euer Herr?«, fragte der Ritter verwirrt.
    »Er ist oben in seiner Turmkammer.« Sie deutete auf eine niedrige Tür nicht weit vom Ende der Tafel. »Die meiste Zeit schließt er sich dort oben ein, und wir alle sind ihm dankbar dafür. Er … Aber Ihr müsst ja völlig durchgefroren sein. Kommt zum Feuer! Nehmt im Stuhl des Herrn Platz. Er hat befohlen, Euch gut zu behandeln.«
    Der Ritter nickte verlegen. Er hatte gehofft, sie hätte ihn um seinetwillen so freundlich aufgenommen.
    »Man wird heute Abend vom Besten auftragen, was dieses Gut zu bieten hat, aber erhofft Euch nicht zu viel, Herr …«
    Hartmann ließ sich zu dem hohen Lehnstuhl vor dem Kamin führen. Sein Blick wanderte durch den Saal, der von einem langen Tisch, flankiert von Holzbänken, beherrscht wurde. Zwei Frauen kneteten Teig, eine dritte rupfte ein
Huhn. Neben ihr hockte ein Mann und setzte beschädigtes Zaumzeug instand. Ein anderer war mit einer Holzarbeit beschäftigt. Niemand außer der Rothaarigen hatte das Wort an ihn gerichtet, als er eingetreten war. Die Diener wagten nicht einmal, zu ihm aufzublicken. So kühl war er schon lange nicht mehr empfangen worden.
    Der große Kamin am Ende der Halle zog schlecht. Ein Teil des Rauchs trieb in den Saal und sammelte sich unter den schwarzen Deckenbalken. Entlang der Wände reihten sich die Schlafstellen der Bediensteten. Sie sahen ein wenig aus wie Beichtstühle, nur dass sie nicht mit prächtigen Schnitzereien geschmückt waren. Dünne Holzwände trennten sie voneinander, und an den Vorderseiten hingen schwere Vorhänge herab.
    Die Hitze des Feuers schmolz das Eis in Hartmanns Haar. Wasser tropfte auf sein Gesicht. Die junge Frau war neben ihm niedergekniet, rieb seine Schuhe mit Fett ein und streifte dann die Lederbänder um seine Wickelgamaschen aus Schafsfell ab. Hartmann war ein wenig verlegen. Seine Waden waren dürr wie Ziegenbeine, und wenn er erst einmal seinen schweren Umhang ablegte, dann würde man auch sehen, dass er nicht halb so stattlich war, wie er auf den ersten Blick wirken mochte. Er zögerte es ein wenig hinaus. Nestelte an der
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