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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht
Autoren: Bernhard Hennen
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Namen Barbarossa gegeben hatten. Bis zum Frühling wollte der Herrscher die tapfersten seiner Ritter um sich scharen und zu einem großen Kriegszug ins Heilige Land aufbrechen. Nichts Geringeres war sein Ziel, als Jerusalem wieder aus der Hand der Heiden zu befreien. Eine Tat, die ihn unbestritten zum ersten Herrscher der Christenheit machen würde!
    Zuletzt hatte Hartmann gemeinsam mit dem Gesinde gesungen, bis die Knechte und Mägde sich schließlich zu ihren Schlafnischen zurückzogen. Die Kinder, die schon lange vor dem Kamin eingeschlafen waren, hatten leise gemurrt, als ihre Eltern sie aufhoben und aus ihren Träumen von Jungfern und edlen Recken rissen, um sie mit sich in die nach Stroh und Sommer duftende Dunkelheit zu nehmen.
    Gudrun nickte Hartmann zu. Sie war die Letzte, die ging. In ihren Augen spiegelte sich blanke Furcht. Der Ritter hatte das vage Gefühl, dass sie sich auf ein geheimes Zeichen des Alten hin zurückzog. Nur Ingerimm saß ihm noch gegenüber. Von dem Augenblick an, in dem er das Kudrun-Lied angestimmt hatte, war dem Hausherrn kein Wort mehr über die Lippen gekommen.

    »Ihr versteht es, Herzen zu fangen, Ritter«, sagte der Hausherr in die düstere Stille hinein. Wie ein Lob klangen seine Worte nicht.
    Hartmann rutschte unruhig auf dem Stuhl zurück und starrte Ingerimm an. Nicht einmal die Farbe seiner Augen konnte man hinter der Ledermaske erkennen! Sollte er den Fehdehandschuh aufnehmen, den der Alte ihm hingeworfen hatte? Oder war es klüger, so zu tun, als habe er die kaum verhohlene Anspielung nicht verstanden? »Es freut mich, dass Euch meine bescheidene Kunst gefallen hat«, entgegnete er schließlich.
    »Habe ich gesagt, dass sie mir gefallen hat? Kein Richter auf Gottes Erde würde mich verurteilen, wenn ich Euch von meinen Knechten packen ließe, um Euch eigenhändig den Kopf von den Schultern zu hacken.« Ingerimm sprach so gelassen, als unterhielte er sich mit Hartmann über die langweilige Predigt eines Pfaffen. »Meint Ihr, ich hätte nicht gemerkt, wie Ihr meiner Kebse den Hof macht? Ich mag ein Krüppel sein, doch bin ich weder blind noch taub!«
    »Herr, Ihr irrt Euch, ich …«, stotterte Hartmann hilflos.
    »Glaubt Ihr, ich sei ein Narr, der nicht mehr weiß, was er redet?« Ingerimm richtete sich halb in seinem Stuhl auf, doch seine Stimme klang immer noch ganz ruhig.
    »Ich bin doch nur ein Pilger. Wenn ich Euch beleidigt haben sollte, Herr, dann tut …«
    »Ein Pilger!« Der Maskierte hatte sich nun vollends aufgerichtet und brach in schallendes Gelächter aus. »Gesindel von Eurem Schlag kenne ich! Haltet mich nicht für dumm! Ich wette, jemand hat Euch erzählt, dass hier auf dem Rittergut ein Unhold haust, und weil es auf Eurem
Weg lag, wolltet Ihr die Gelegenheit beim Schopfe packen und Euch dieses Ungeheuer einmal näher ansehen.« Er schnaubte wie ein zorniger Stier und beugte sich vor, so als wolle er Hartmann geradewegs in die Augen starren. Sein Atem stank nach Zwiebeln und säuerlichem Wein.
    Hartmann schluckte. Konnte der Kerl etwa in seinen Gedanken lesen?
    »Dabei seid Ihr es, der Gottes Heiligkeit lästern wird …« Überraschend ließ sich der Burgherr in seinen Stuhl zurücksinken. »Ihr seid doch auf dem Weg zum Dreikönigsfest in Cöln, oder?«
    Hartmann nickte verwirrt.
    »Dann seid Ihr auf dem besten Wege, Eure unsterbliche Seele zu besudeln und den Dienern des Antichristen zu huldigen.«
    Der Alte war verrückt, daran konnte kein Zweifel bestehen. »Wie meint Ihr das, Herr?« Für einen Augenblick glaubte Hartmann, Ingerimms Augen hinter der Maske spöttisch funkeln zu sehen.
    »Wollt Ihr das wirklich wissen, Ritter? Es gibt Weise, die behaupten, am glücklichsten sei der, dem Gott die Gnade schenkt, in seliger Unwissenheit zu leben. Ohne Zweifel gehört Ihr zu diesen Günstlingen des Herrn! Nach Cöln pilgern …« Der Alte lachte bitter. »Und dort das Kreuz nehmen! Ihr erinnert mich an einen jungen Ritter. Auch er war sich seines Glaubens so sicher.«
    Hartmann richtete sich auf. »Auch wenn Ihr augenscheinlich nicht in guter Verfassung seid, Herr, kann ich nicht dulden, dass Ihr meine Ehre weiterhin mit solchen Reden beschmutzt. Ich werde Euer Haus verlassen und …«
    »Und draußen erfrieren. Setzt Euch! Ihr wart es, der mit
meiner Kebse getändelt und damit gegen das Gastrecht verstoßen hat. Und dafür werdet Ihr nun büßen.«
    Hartmann spannte sich, bereit, zum Schwert zu greifen. Sein Gegenüber blieb jedoch unbeeindruckt.
    »Ihr
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