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König für einen Sommer: Roman (German Edition)

König für einen Sommer: Roman (German Edition)

Titel: König für einen Sommer: Roman (German Edition)
Autoren: Jochen Till
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klingelte. Jemand näherte sich von innen.
    »Wer ist da?«, hörte ich Chris rufen.
    »Ich bin's, David.«
    »Verschwinde!«
    »Lass mich bitte rein, Chris! Wir müssen reden.«
    »Es gibt nichts mehr zu reden. Es ist vorbei. Hau ab und lass mich in Ruhe!«
    Ich hörte, wie sie sich von der Tür entfernte, und begann mit Händen und Füßen dagegenzutrommeln.
    »Bitte lass mich rein, Chris! Ich weiß, ich hab Mist gebaut, und es tut mir Leid, verdammt Leid. Aber du kannst doch nicht die letzten vier Jahre einfach so abhaken.«
    Die Tür öffnete sich.
    »Tja, David, dumm gelaufen. Ich hab dir schon immer gesagt, du sollst weniger saufen, aber du wolltest ja nicht auf mich hören. Ich wusste, dass so was passieren würde. Es tut mir ja so Leid für dich, aber so ist das Leben.«
    Wolf stand vor mir in der Tür, breitbeinig, die Arme über der Brust verschränkt und mit einem Grinsen, das den gesamten Türrahmen auszufüllen schien. Ich beschloss nicht näher auf sein dummes Geschwätz einzugehen. Er war nicht wichtig, nur Chris war wichtig.
    »Lass mich vorbei!«, sagte ich. »Ich will nur mit Chris reden.«
    Ich versuchte mich an ihm vorbeizuschieben, aber er versperrte mir den Weg.
    »Sie will aber nicht mit dir reden. Also sieh zu, dass du Land gewinnst!«
    »Hör zu, Wolf, ich will keinen Ärger mit dir. Ich will nur in aller Ruhe mit Chris reden. Also lass mich jetzt bitte zu ihr!«
    »Mann, raffst du's nicht, oder was? Sie will dich nicht sehen! Es ist aus! Lass uns in Ruhe.«
    Ich hasse Gewalt. Und das ist jetzt kein leerer Spruch wie »Ich hasse Gewalt, aber als Boxprofi bleibt mir keine andere Wahl«. Ich habe in meinem ganzen Leben erst einmal jemandem ins Gesicht geschlagen und werde es voraussichtlich nie wieder tun. Aber als Wolf dieses kleine Wörtchen »uns« gebrauchte, konnte ich nicht anders, als ihn mit einem kurzen, schnellen Schlag in den Magen zu Boden zu schicken. Bevor er überhaupt reagieren konnte, lag er bereits zusammengekrümmt im Flur. Natürlich kam Chris sofort angerannt, um sich um ihn zu kümmern.
    »Warum hast du ihn geschlagen?«, schrie sie mich an. »Drehst du jetzt völlig durch? Er hat dir doch nichts getan. Ich dachte, ihr seid Freunde.«
    »Freunde?«, schrie ich zurück. »Nichts getan? Ich wollte nur mit dir reden und er sagt, ich soll euch in Ruhe lassen? Seit wann seid ihr zwei denn euch? Was zum Teufel hat dieses Arschloch denn mit unserer Beziehung zu tun? Ich muss mir doch wohl nicht von dem da sagen lassen, dass es zwischen uns aus ist!«
    »Das habe ich dir ja wohl schon vorher gesagt oder hörst du schlecht? Es ist aus, Schluss, vorbei, zu Ende, Vergangenheit, finito! Hast du's jetzt gehört oder soll ich's dir schriftlich geben?«
    »Ich will doch nur in Ruhe mit dir darüber reden. Wenigstens das bist du mir schuldig.«
    Sie fing an laut zu lachen.
    »Ich dir etwas schuldig? Wofür? Dafür, dass du mich gestern hast dastehen lassen wie den letzten Dreck? Oder dafür, dass Pia größere Titten hat als ich? Oder wofür sonst? Ich dir etwas schuldig? Was bildest du dir eigentlich ein?«
    »Ich bin dein Freund und ... und ich liebe dich.«
    »Ach, David! Du glaubst wohl immer noch, dass du mir nur zu sagen brauchst, dass du mich liebst, und ich falle dir glücklich in die Arme. Wach endlich auf, das funktioniert schon lange nicht mehr. Ich bin nicht mehr 15. Liebe ist mehr als nur drei Worte. Werd endlich erwachsen, David! Und jetzt geh bitte.«
    Sie half Wolf beim Aufstehen und beide verschwanden in der Wohnung, ohne mich weiter zu beachten.
    WIEDER ZU Hause setzte ich mich ins Wohnzimmer und fing an zu trinken. Ich schüttete alles in mich rein, was ich an Alkoholika im Haus hatte, inklusive einer Flasche Tequila, dem Trugschluss verfallen, dass dadurch irgendetwas besser werden würde. Nichts wird besser mit Alkohol, noch nicht mal mit Tequila. Das hatte ich schon vor Jahren gelernt, aber anscheinend nie begriffen. Ich dachte an Chris, meine Chris, meine über alles geliebte Chris, und ein gottverdammter Zufall ließ gerade in diesem Augenblick »One more time« von The Cure aus meiner Anlage erklingen. Robert Smith. Niemand singt trauriger. Direkt ins Herz.
    I'd love to touch the sky tonight, I'd love to touch the sky ... Chris hat es möglich gemacht. So take me in your arms and lift me like a child ... In ihren Armen konnte ich fliegen. And hold me up so high and never let me go ... Ich dachte, das würde immer so bleiben. Take me, take me in your arms tonight
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