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König für einen Sommer: Roman (German Edition)

König für einen Sommer: Roman (German Edition)

Titel: König für einen Sommer: Roman (German Edition)
Autoren: Jochen Till
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konnte ich nicht genau festmachen, was besonders sixtiesmäßig war; jedenfalls sah sie verkleidet aus. Die Mädels trugen größtenteils Jeans und bodyähnliche Oberteile, was eher an einen Madonna-Look-alike-Wettbewerb erinnerte. Die Jungs (zumindest einige) hatten es immerhin geschafft, sich bunte Hemden von ihren Vätern auszuleihen, doch so richtig passen wollte keins. Trug man Hawaiihemden in den Sechzigern? Anscheinend. Der dicke DJ war mittlerweile bei Ace of Base angekommen und ich fragte mich, wo diese musikalische Zeitreise noch hinführen sollte.
    Wir waren bereits beim vierten Bier, als ich Beckmann, Frank und Theo hereinkommen sah. Andi hatte sie auch gesehen, denn er brüllte, so laut er konnte: »Beckmann, alter Sack! Hier sind wir! Wurde auch höchste Zeit, dass hier 'n bisschen Stimmung in die Bude kommt! Bier gibt's dahinten am Tresen.«
    Die Leute, besonders die Gastgeberin, starrten leicht irritiert in unsere Richtung. Anscheinend waren sie mit Andis Meinung die Stimmung betreffend nicht ganz einverstanden. Beckmann und die anderen setzten sich zu uns.
    »Hey, Jungs! Was geht?«, sagte Beckmann. »Is ja nicht gerade viel los hier, oder? Wer is denn der Idiot an der Musik? Legt der schon die ganze Zeit so scheiße auf?«
    »So und schlimmer«, sagte ich. »Wende doch mal deinen berühmten Charme bei dieser Sabine an. Vielleicht lässt sich da ja was machen.«
    »Susanne«, berichtigte mich Beckmann. »Das krieg ich schon hin. Aber lass mich erst mal in Ruhe ein Bierchen trinken, bevor ich mich ihrem Gelaber aussetze. Sonst schon jemand von uns da?«
    »Keine Seele«, antwortete Andi. »Die Mädels stehen wahrscheinlich noch vorm Kleiderschrank und werden sich nachher totärgern, wenn sie sehen, was hier so sixtiesmäßig abläuft.«
    »Gibt's hier eigentlich keine gescheiten Weiber?«, fragte Theo. Es war immer und überall das Einzige, was Theo interessierte.
    »Nicht, wenn du nicht auf Madonna stehst«, sagte ich. »Aber bei deinen Ansprüchen wird sich selbst hier noch eine für dich finden lassen.« Ich mochte Theo nicht besonders. Er war mir gedanklich zu hosenlastig.
    Inzwischen hatte sich diese Susanne zu uns an den Tisch, sprich auf Beckmanns Schoß gesetzt und plapperte ihm ins Ohr. Beckmann hatte wohl das Musikproblem angesprochen, denn Susanne winkte den dicken DJ an unseren Tisch. Nachdem er noch die Super-Extended-Pipifax-Dance-Version von Vanilla Ices »Ice Ice Baby« auf den Plattenteller gequält hatte, kam er angerollt. Seinem breiten und arglosen Grinsen zufolge rechnete er wohl mit einem dicken Lob für die sensationelle Auswahl seiner erlesenen Platten, die er dank seiner professionellen Erfahrung so geschickt aneinander reihte, dass man das Gefühl hatte, in der besten Disco der Stadt zu sein.
    »Was gibt's?«, fragte er unschuldig und wischte sich den Schweiß mit seinem Ärmel von der Stirn.
    Beckmann grinste mich verheißungsvoll an.
    »Hi!«, sagte Beckmann und streckte ihm die Hand entgegen. »Ralph mein Name. Beckmann für meine Freunde.«
    »Hi!«, grüßte der Dicke zurück und schüttelte Beckmanns Hand. »Klaus. Oder DJ Def.«
    »DJ Depp?«, fragte Beckmann und ich spuckte fast meinen letzten Schluck Bier wieder aus.
    »Def«, korrigierte der Dicke.
    »Ach so, Def!«, spielte Beckmann. »Sorry, hatte dich nicht richtig verstanden. DJ Def. Cooler Name. Sag mal, was nimmst du denn eigentlich für so'n Abend wie heute kohlemäßig?«
    »Ja«, stieg ich mit ein, »würde mich auch mal interessieren. Kann man davon leben?«
    »Ach, wisst ihr«, begann er, sichtlich erfreut über unser ehrliches Interesse an seiner Tätigkeit. »Es kommt drauf an. Die Miete für die Anlage kostet allein'n Hunni und dann ist's noch die Frage, ob's 'ne Privatfete is oder was Größeres.«
    »Ach, die Anlage gehört gar nicht dir?«, fragte ich gekonnt naiv.
    »Nee, nur der Plattenspieler.«
    »Ja, und was nimmst du denn jetzt zum Beispiel an so einem Abend wie heute?«, bohrte Beckmann.
    »Na ja, bei Partys dieser Größenordnung und wenn ich den Veranstalter privat kenne, mach ich's für 'nen Fünfziger.«
    »Ach komm, doch so billig?«, sagte Beckmann in einem Ton größten Erstaunens, der es mir sehr schwer machte, nicht laut loszuprusten. Andi tauchte lachend unter den Tisch ab.
    »Da kann Susanne ja echt froh sein, dass sie jemanden wie dich kennt!« Beckmann klopfte ihm auf die Schulter.
    DJ Depp raffte absolut nicht, wie wir ihn vorführten, denn er wurde richtig verlegen, inklusive
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