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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition)
Autoren: Mark Lawrence
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einer solchen Übermacht bist du fertiggeworden, als wir dich in Rutton fanden, nicht wahr?« Für einen Moment lächelte er, als er diese Worte hörte. »Wie würdest du siegen, Roter Kent?« Ich nannte ihn Roter, um ihn an den Tag zu erinnern, an dem er zitternd dagestanden hatte, sein Wolfsgrinsen weiß im Rot des Blutes anderer Männer.
    Er biss sich auf die Lippe und starrte an mir vorbei ins Leere. »Sie sind dicht zusammengedrängt, Jorg. In den Tälern. Dicht an dicht. Ein Mann gegen viele. Er muss schnell sein, angreifen, immer in Bewegung. Jeder Mann ist ein Schild dem nächsten gegenüber.« Er schüttelte den Kopf und sah mich wieder. »Aber ein Heer kann sich nicht wie ein Mann bewegen.«
    Da hatte der Rote Kent nicht ganz unrecht. Coddin hatte die Soldaten gut ausgebildet, insbesondere die Waldwache meines Vaters, aber im Kampf geht der Zusammenhalt immer verloren. Befehle werden nicht empfangen, überhört oder nicht beachtet, und früher oder später wird alles zu einem blutigen Gemetzel, in dem jeder allein zurechtkommen muss, und dann macht sich eine Überzahl schnell bemerkbar.
    »Hoheit?« Es war die Frau von der königlichen Garderobe, und sie kam mit einer Art Mantel.
    »Mabel!« Ich breitete die Arme aus und schenkte ihr mein gefährliches Lächeln.
    »Ich bin Maud, Sire.«
    Die alte Schachtel hatte durchaus Biss, das musste ich zugeben. »Also gut, Maud«, sagte ich. »Und ich soll darin heiraten?«
    »Wenn es Euch genehm ist, Sire.« Sie machte sogar einen Knicks.
    Ich nahm den Mantel von ihr entgegen. Schwer. »Katzen?«, fragte ich. »Offenbar mussten ziemlich viele ihr Leben dafür lassen.«
    »Zobel.« Maud schürzte die Lippen. »Zobel und Goldfaden. »Graf …« Sie verschluckte das nächste Wort.
    »Graf Renar hat darin geheiratet, stimmt’s?«, fragte ich. »Nun, wenn der Mantel für den Mistkerl gut genug war, sollte er auch für mich gut genug sein. Wenigstens sieht er warm aus.« Onkel Renar stand in meiner Schuld, wegen der Dornen, wegen einer verlorenen Mutter und eines verlorenen Bruders. Ich hatte sein Leben genommen, seine Burg und seine Krone, aber er schuldete mir noch mehr. Ein Pelzmantel konnte die offene Rechnung nicht begleichen.
    »Ihr solltet Euch besser beeilen, Hoheit«, sagte Coddin. Sein Blick huschte umher, noch immer auf der Suche nach Meuchelmördern. »Wir müssen die Verteidigungen kontrollieren, den Nachschub für die Bogenschützen planen und außerdem über Kapitulationsbedingungen nachdenken.« Er hatte den Mumm, mir bei den letzten Worten in die Augen zu sehen.
    Ich gab Maud den Mantel zurück und ließ ihn mir von ihr überstreifen, während die Patrouille zusah. Eine Antwort bekam Coddin nicht von mir. Er war blass. Ich hatte ihn immer gemocht, von dem Moment an, als er mich zu verhaften versuchte, bis über den Moment hinaus, in dem er eine Kapitulation vorzuschlagen wagte. Ein tapferer Mann, vernünftig, fähig und ehrlich. Der bessere Mann. »Bringen wir dies hinter uns«, sagte ich und wandte mich der Kapelle zu.
    »Ist dies nötig, diese Heirat?«, fragte Coddin hartnäckig und wurde damit der Rolle gerecht, die ich ihm gegeben hatte. Sprecht zu mir, hatte ich ihn aufgefordert. Denkt nie, dass ich mich nicht irren kann. »Als Eure Frau könnte es schlimm für
sie werden.« Rike kicherte bei diesen Worten. »Als Euer Gast würde man sie zur Pferdeküste bringen und Lösegeld für sie verlangen.«
    Vernünftig und ehrlich. Eigenschaften, die mir fehlen. »Es ist notwendig.«
    Eine Wendeltreppe brachte uns zur Kapelle, vorbei an Tafelrittern in Plattenpanzern. Unter meinem, auf dem Brustharnisch, sind noch Graf Renars Zeichen zu sehen, als hätte ich hier nur vier Monate regiert und nicht vier Jahre. Die Adligen, die zu arm, zu dumm oder zu loyal waren, um geflohen zu sein, warteten vermutlich drinnen. Draußen auf dem Hof standen die Bauern. Ich konnte sie riechen.
    Vor der Tür blieb ich stehen und hob einen Finger, woraufhin die Hände des Ritters am Riegel verharrten. »Bedingungen?«
    Erneut sah ich das Kind, unter den gekreuzten Standarten an der Wand. Der Knabe war mit mir gewachsen. Vor Jahren hatte er sich mir als Baby gezeigt und mich mit toten Augen angesehen. Jetzt schien er etwa vier zu sein. Ich klopfte mir mit den Fingern an die Stirn, wie ein Trommelwirbel.
    »Bedingungen?«, wiederholte ich. Nur zweimal hatte ich das Wort ausgesprochen, aber es klang bereits seltsam und verlor an Bedeutung, wie es mit Worten passiert, die man immer
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