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Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Titel: Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)
Autoren: Stefan Keller
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Verschlag und wickelte sich fröstelnd in den Schlafsack. »Wie geht es Jörg?
Haben uns eine Weile nicht mehr gesehen.«
    »Den Umständen entsprechend, würde
ich sagen.«
    »Das macht einen kaputt da draußen«,
antwortete Schuster und blickte wie abwesend in die Dunkelheit. Er wirkte auf eine
seltsame Art unbeteiligt. Marius überlegte, was er als Nächstes sagen sollte. Es
war ihm unmöglich, Schuster und seine Reaktionen einzuschätzen. Doch der Soldat
nahm ihm die Entscheidung ab. »Du bist wegen Anja hier, nicht wahr?« Schuster blickte
Marius fragend an und nachdem der Detektiv genickt hatte, wandte sich Schuster wieder
der Dunkelheit zu. »Dachte ich mir schon.«
    Gemeinsam schauten die beiden Männer
in das tiefe Schwarz des Waldes. Marius war die nächtlichen Lichter einer Großstadt
gewohnt. Ihm war nicht klar gewesen, wie dunkel es in einem Wald werden konnte.
    Langsam verstand er Schuster. Er
sprach mit jemandem, der sich eigentlich schon tot gesehen hatte. »Du wolltest dich
mit in die Luft sprengen.«
    »Einmal noch mit ihr tanzen und
dann – wumm!«
    »Was ist schief gelaufen?«
    »Es war zu voll, irgendwann habe
ich den Rucksack verloren und jemand hat mich abgedrängt. Dann explodierte alles
um mich herum …« Einen Moment schaute der Soldat ratlos ins Dunkel. »… aber ich
war immer noch da …«
    »Woher wusstest du, dass Anja einen
Neuen hat?«
    Dieses Mal blickt er Marius an.
Vorwurfsvoll. »Sie hat es mir nicht einmal gesagt. Ihre Freundin, die Marie, die
hat es mir geschrieben.«
    »Marie Lundmann?« Ein zuckendes,
abgehacktes Nicken. Marius dachte an das Mädchen mit dem Rock über den Jeans. Ihm
ging ein Gedanke durch den Kopf. »Marie Lundmann, das war deine Ex-Freundin, nicht
wahr?«
    »Ja, ein gutes Mädchen. Sie hat
mir alles gesagt.« Marius schloss einen Moment die Augen und ließ die Nachricht
sacken.
    »Du solltest dich stellen«, sagte
der Detektiv unvermittelt.
    Schuster schüttelte energisch den
Kopf. »Ich kann nicht.«
    »Willst du etwa den Rest deiner
Tage im Wald auf einem Hochsitz verbringen?«
    Der Soldat zuckte mit den Achseln.
»Irgendwer wird sich schon um mich kümmern. Einen Kameraden lässt man nicht im Stich.«
    »Hoffst du auf Bronckhorst? Glaubst
du, er kann dir helfen und dich aus der Sache herausholen?«
    »Er wird alles Nötige in die Wege
leiten. Ich vertraue ihm. So wie er sich auf mich immer verlassen kann.«
    »Bronckhorst wird dir nicht helfen
können. Du kannst dir nur selber helfen.«
    »Du verstehst uns nicht. Wir hängen
da draußen voneinander ab. Da lässt man keinen im Stich.«
    »Wie Anja dich im Stich gelassen
hat?«
    Schuster erhob sich abrupt und erstaunlich
schnell, wie Marius fand. »Du solltest jetzt gehen«, sagte der Soldat und blickte
zu Marius herab. Das erste Mal, seitdem Schuster den Hochsitz betreten hatte, spürte
Marius wieder die Angst in sich hochsteigen. Der Mond kämpfte sich langsam durch
eine Wolkenlücke hindurch und der Detektiv sah, wie Schuster eine Waffe aus einer
Tasche in seinem Rucksack zog. Sie blitzte kurz im Mondlicht auf.
    Dann fiel der erste Schuss und durchschlug
die Holzwand, als wäre sie aus Papier. Der zweite traf Schuster in die Brust. Er
drehte sich um die eigene Achse und sackte in sich zusammen, Marius unter sich begrabend.
Er röchelte, lebte also noch. Blut strömte auf Marius’ Jacke. Der Detektiv duckte
sich. Panik stieg in ihm auf. Er zwang sich klar zu denken. Doch noch vor seinem
Kopf traf sein Fuß eine Entscheidung. Mit dem Stiefel trat er kräftig gegen das
Holz auf der Seite, die dem Schützen abgewandt war. Mit ein paar Schritten könnten
sie den Wald am anderen Ende der Wiese erreichen und wären in Sicherheit. Wie die
Rehe.
    »Was hast du vor?«, hörte er Schusters
schwache Stimme neben seinem Ohr.
    »Wir müssen hier raus. Hier kriegt
der Schütze uns früher oder später.« Der dritte Schuss fiel und durchschlug die
Wand direkt neben Marius’ Ohr. Die nächste Kugel traf Schuster wieder in die Brust.
    »Aber die Mi …« Dann verstummte
der Mann, der sieben Menschen in die Luft gejagt hatte. Drei weitere Schüsse wurden
kurz hintereinander abgefeuert. Ein Automatikgewehr, dachte Marius. Die Holzsplitter
flogen ihm um die Ohren. Er fühlte den Puls des Soldaten. Nichts. Mit all seiner
Kraft wuchtete Marius den Toten gegen die Holzwand. Dreimal knatterte es erneut
aus dem Dunkel heraus und Marius spürte, wie der Leichnam neben ihm dreimal zuckte,
als die Schüsse ihn trafen.
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