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Kölner Kulissen

Kölner Kulissen

Titel: Kölner Kulissen
Autoren: Sascha Pranschke
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Ruhe untersuchen!«
    Wieder zieht er die Gummihandschuhe straff. Das Geräusch verursacht Hanna jedes Mal eine Gänsehaut. Sie will einen Schritt zurücktreten, um sich im Raum umzusehen. Ihre Schuhsohle klebt am Boden fest. Sie sieht nach unten und bemerkt, dass sie in einer roten Lache steht.
    »Verdammt, warum sagt denn keiner was? Seht ihr nicht, dass ich in seinem Blut stehe?« Sie macht einen schnellen Schritt zur Seite.
    Die dunkle klebrige Pfütze reicht vom Sofa bis zum Glastisch. Auch auf dem Sofabezug sind Spritzer. Wegen des dunkelbraunen Wildleders hat Hanna sie bisher nicht bemerkt.
    Piontek geht in die Knie. Mit der Spitze seines weiß behandschuhten Zeigefingers tippt er in die Lache neben Hannas Füßen.
    »Das ist kein Blut«, sagt Piontek. Er schließt die Augen, führt den Zeigefinger unter seine Nase und schnuppert konzentriert daran. »Spätburgunder? Cabernet Sauvignon? Ich will mich da nicht festlegen.«
    Hanna verzieht das Gesicht.
    Neben dem Toten streckt Weyrauch die Hand aus, um es Piontek gleichzutun. Aber Piontek beeilt sich, Weyrauchs Arm zur Seite zu schlagen.
    »Nicht, Lothar! Das da ist tatsächlich Blut!«
    Hanna deutet auf die beiden Weingläser auf dem Tisch. »Haben die Kollegen schon Fingerabdrücke davon genommen?«
    Piontek nickt.
    »Wo ist die Flasche?«
    »Wenn ich das wüsste, könnte ich euch auch sagen, ob es Burgunder oder Cabernet ist.«
    »Willst du sagen, die Weinflasche ist nirgends zu finden?«, fragt Weyrauch. »Dann wäre die Frage nach der Tatwaffe doch wohl geklärt.«
    Piontek macht ein Gesicht, als stünde jemand auf seinem Fuß. »Du weißt, ich lege mich nicht gern fest, bevor …«
    »Ja, schon klar, bevor du die Leute nicht auf dem Tisch hattest.«
    »Lass gut sein, Lothar«, sagt Hanna. In den vergangenen Jahren hat sie Pionteks Gründlichkeit schätzen gelernt. Auch wenn seine Weigerung, Vermutungen zu äußern, an den Nerven zerrt. »Wer ist die Frau auf dem Balkon?«
    »Die macht hier sauber. Hat ihn um kurz vor acht gefunden.«
    Hanna geht um das Sofa herum auf die Balkontür zu. Dabei achtet sie genau darauf, wohin sie ihre Füße setzt. Sie schiebt den weißen Vorhang beiseite und öffnet die Glastür ein Stück weiter. Die Frau auf dem Balkon dreht sich zu ihr um. Sie ist jung, Anfang zwanzig. Mit einem hastigen Blick aus dunklen Augen tastet sie Hanna ab. Die Zigarette wirft sie über das Balkongitter.
    »Ich bin Hauptkommissarin Hanna Sydow.« Sie streckt der Frau ihre Hand hin, die diese nur zögernd ergreift. Ihr Händedruck ist fest, die Hand eiskalt. »Sie haben Herrn Cramer gefunden?«
    Die andere nickt. Sie zieht ihre Hand zurück, kaum dass Hanna sie gedrückt hat. Der Wind bläst schwarze Strähnen in ihr Gesicht.
    »Wie ist Ihr Name?«
    Die Frau zögert. »Bitte«, sagt sie nach einigen Sekunden, »ich putze hier nur.« Sie spricht mit slawischem Akzent.
    »Das glaube ich Ihnen ja. Ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen stellen.«
    »Ich kann keine Probleme gebrauchen. Zuerst wollte ich einfach abhauen.« Sie zieht eine neue Zigarette hervor und bietet die Schachtel auch Hanna an.
    Die überlegt einen Moment, bevor sie den Kopf schüttelt. »Aber dann haben Sie die Polizei gerufen und sind geblieben.«
    Die Dunkelhaarige nickt und versucht, die Zigarette anzuzünden. Immer wieder bläst der Wind die Flamme aus.
    Hanna legt ihre Hände um Feuerzeug und Zigarette. »Das haben Sie gut gemacht, Frau …«
    »Tihic.« Sie zieht kräftig an der Zigarette und bläst Rauch aus. »Jovanka Tihic. Tote lässt man nicht allein liegen.«
    Hanna zieht die Stirn kraus. »Woher kommen Sie, Frau Tihic?«
    Die junge Frau wendet sich ab und sieht in den Garten hinunter. »Bosnien«, sagt sie.
    Wovor hast du Angst?, denkt Hanna. »Wann genau haben Sie Herrn Cramers Leiche entdeckt?«
    »Ungefähr zehn vor acht.«
    »Wie sind Sie ins Haus gekommen?
    »Im Blumenkasten liegt ein Schlüssel.«
    Das hört Hanna nicht zum ersten Mal. Die Unvorsichtigkeit der Menschen steigt proportional zu ihrem Vermögen.
    »Kommen Sie immer so früh zum Putzen?«
    »Ihm wäre es auch lieber gewesen, ich wäre später gekommen. Aber ich hab noch andere Jobs. Ich muss dann auch bald los.«
    »Ein paar Minuten müssen Sie schon noch aufbringen, Frau Tihic. War heute irgendetwas anders als sonst? Außer, dass Cramer tot neben dem Sofa lag?«
    Die Putzfrau zieht lange an ihrer Zigarette. »Nein, eigentlich nicht. Es standen Gläser auf dem Tisch, die hab ich zuerst gesehen. Ich hab
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